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Mecenseffy, Grete

geb. am 9. August 1898 in Wien, gest. am 11. September 1985 in Gallneukirchen, Österreich; Historikerin und Universitätsprofessorin für Kirchengeschichte in Wien.

Grete Edle von Mecenseffy war die Tochter des Hauptmanns im k.u.k. Generalstab, später Feld-Marschall-Leutnants Arthur von Mecenseffy und Hedwig von Mecenseffy, geb. Thausing. Der Großvater väterlicherseits war Emil von Mecenseffy, Direktor der Wiener „Albertina“, ein bekannter Dürerforscher und Kunstsammler. Grete Mecenseffy besuchte Schulen in Prag, Bozen und Wien und legte ihr Abitur 1917 als Externe am k.k. Akademischen Gymnasium in Wien ab. Es schloss sich ein Studium der Geschichte und Germanistik an, das sie 1921 mit der Promotion beendete, 1923 bestand sie die Lehramtsprüfung für Deutsch, Geschichte und Geographie.

Das Leben von Grete Mecenseffy teilt sich in zwei Abschnitte, die von ihrer persönlichen und wissenschaftlichen Ausrichtung her geschieden werden können. Einen Einschnitt bedeutete das Jahr 1946, als sie vom Wiener Stadtschulrat wegen ihrer angeblichen NS-Vergangenheit ihres Dienstes als Lehrerin enthoben und 1948 in den Ruhestand versetzt wurde. Bereits im Wintersemester 1947/48 hatte sie begonnen, evangelische Theologie zu studieren, und sich so auf der Grundlage ihres ersten Studiums der Geschichte und Germanistik die Möglichkeit geschaffen, sich mit der evangelischen und täuferischen Geschichte Österreichs zu beschäftigen.

Vor diesem Einschnitt war Grete Mecenseffy seit 1923 Lehrerin an verschiedenen höheren Mädchenschulen in Wien, und von 1945 bis 1947 arbeitete sie als Dolmetscherin bei der britischen Militärregierung. Ihr wissenschaftliches Interesse galt bis 1946 vor allem den österreichisch-englischen bzw. den österreichisch-spanischen Beziehungen. Ihre Dissertation von 1921 trug den Titel Die Beziehungen Englands zu Österreich-Ungarn von 1868 bis 1871. 1934 erschien eine Untersuchung zu Karls VI. spanische Bündnispolitik 1725–1729. Ein Beitrag zur österreichischen Außenpolitik des 18. Jahrhunderts.

Obwohl Grete Mecenseffy nicht Mitglied der NSDAP war und der Stadtschulrat 1946 ihre „fachlich beste Qualifikation“ bestätigte, wurde ihr doch die Übernahme in den neuen Dienst verweigert, so dass sie ihre Tätigkeit an der Schule aufgeben musste. Die Begründung der verantwortlichen Stellen lautete, sie habe während der NS-Zeit eine „einwandfreie österreichische Gesinnung“ vermissen lassen. Auch wurde ihr vorgeworfen, sie habe die NSDAP unterstützt, Propaganda für Hitler betrieben und großdeutsche Gedanken propagiert.

Nach ihrem Studium der evangelischen Theologie in Wien, Zürich und Basel, das sie 1951 in Wien mit der Promotion und einer Dissertation über Evangelisches Glaubensgut in Oberösterreich. Ein Beitrag zur Erschließung des religiösen Gehaltes der Reformation im Lande ob der Enns abschloss, gehörte ihr besonderes Interesse der Geschichte des Protestantismus und des Täufertums. Bereits 1952 habilitierte sie sich an der Universität Wien mit einer Studie über Zwei evangelische Städte und ihre Ratsbrüder. Freistadt und Steyr im 16. Jahrhundert. 1958 wurde Grete Mecenseffy tit. a. o. Professor, 1965 tit. o. Professor – als erste Frau, die in Österreich die Venia Legendi für das Fach der Kirchengeschichte erhielt. Ihre wissenschaftlichen Interessen spiegelten sich in den Arbeiten der folgenden Jahre wider. So erschienen Publikationen zur evangelischen Geschichte, zu den Täufern in den verschiedensten Regionen Österreichs und zur Geschichte der Herrnhuter Brüdergemeinde, aber auch zur Entwicklung des Faches „Evangelische Theologie“ an der Universität Wien, sowie zu Susanna Katharina von Klettenberg, der Johann Wolfgang von Goethe mit den „Bekenntnissen einer schönen Seele“ in Wilhelm Meisters Lehrjahre(n) ein Denkmal gesetzt hat.

Ihr monumentalstes Projekt stellt die Edition der österreichischen Täuferakten dar, das sie vom 1951 verstorbenen Kirchenhistoriker Paul →Dedic übernahm. 1952 forschte sie, ausgestattet mit einem Fulbright-Stipendium, am Mennonite College in Goshen, Ind., arbeitete sich in die Täuferliteratur ein und erstellte ein Konzept für die geplante Edition. Ein intensiver Austausch mit Robert →Friedmann begleitete ihre Arbeit. 1964 und 1972 erschienen die ersten beiden Bände der österreichischen Täuferakten in der Reihe Quellen zur Geschichte der Täufer. 1983, an Grete Mecenseffys 85. Geburtstag, wurde der dritte Band der Edition publiziert, der in Zusammenarbeit mit dem Brunecker Gymnasiallehrer Matthias Schmeltzer entstanden war und hauptsächlich die Tiroler Quellen bis 1564, dem Todesjahr Erzherzog Ferdinands II., erfasst hat.

Neben ihrer wissenschaftlichen Laufbahn verfolgte Grete Mecenseffy auch eine Karriere im kirchlichen Bereich. Sie war Mitglied der Synode H.B. (Helvetisches Bekenntnis) und der Generalsynode in Österreich. 1966 wurde sie zur „Pfarrvikarin“ in der Reformierten Stadtkirche in Wien ordiniert; zudem leitete sie von 1954 bis 1972 als Redakteurin das Reformierte Kirchenblatt und war Mitherausgeberin des Jahrbuches für die Geschichte des Protestantismus in Österreich. Die Studien Grete Mecenseffys haben die Türen für die Täuferforschung, die in Österreich ein nicht ganz so einfaches Kapitel historischer Forschung darstellt, ein beachtliches Stück weiter aufgestoßen, und nicht zuletzt liefern ihre Quellenstudien unverzichtbares Material für weitere Arbeiten.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Karls VI. spanische Bündnispolitik 1725–1729. Ein Beitrag zur österreichischen Außenpolitik des 18. Jahrhunderts, Innsbruck 1934. - Im Dienste dreier Habsburger. Leben und Wirken des Fürsten Johann Weikhard Auersperg (1615 – 1677), in: Archiv für österreichische Geschichte 114, 1938, 298–508. - Evangelisches Glaubensgut in Oberösterreich. Ein Beitrag zur Erschließung des religiösen Gehaltes der Reformation im Lande ob der Enns, phil. Diss., Univ. Wien, 1951. - Zwei evangelische Städte und ihre Ratsbürger. Freistadt und Steyr im 16. Jahrhundert, Habil. Univ. Wien 1952. - Geschichte des Protestantismus in Österreich, Graz u. a. 1956. - Evangelische Lehrer an der Universität Wien, Graz u. a. 1967.

Literatur

Alfred Raddatz und Kurt Lüthi (Hg.), Evangelischer Glaube und Geschichte. Grete Mecenseffy zum 85. Geburtstag, Wien 1984 (Bibliografie: 11–20). - Margret Friedrich, Mecenseffy, Grete, in: Wissenschaftlerinnen in und aus Österreich, Wien 2002, 500–506. - Heinold Fast, Grete Mecenseffy (1898–1985), in: Mennonitische Geschichtsblätter 1986/87, 234–236. - John S. Oyer, Grete Mecenseffy, 1898–1985, in: Mennonite Quarterly Review 60, 1986, 104. - Ders., Art. Mecenseffy, Grete, in: Mennonite Encyclopedia, Bd. V, 1990, 551.

Astrid von Schlachta

 
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