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Wall, Cornelius

geb. am 25. September 1893 in Blumenort, Molotschnaja, Russland, gest. am 17. November 1985 in Hillsboro, Kansas, USA; Lehrer, Prediger und Mitarbeiter im →Mennonite Central Committee.

Als fünftes von acht Kindern des Ehepaars Johann und Maria Hamm Wall besuchte Cornelius Wall die Dorfschule in Blumenort und die Zentralschule in Ohrloff (Molotschnaja), Südrussland. Im Oktober 1914 wurde er Krankenpfleger im russischen Roten Kreuz. Dort arbeitete er bis zum Abschluss seiner Ausbildung als Schullehrer 1917. Gleich nach seiner Heirat mit Agnes Dueck im März 1918 zog er auf die Krim, wo er ein Jahr in Tschongraw und ein zweites Jahr in Baschlitscha unterrichtete (1918–1920).

Die Terrorherrschaft und das Leiden in den mennonitischen Kolonien seit Oktober 1917 hatten eine anhaltende Wirkung auf C. Wall ausgeübt. Als er in Baschlitscha die Friedensstimme las, erfuhr er von der totalen Zerstörung seines Heimatortes Blumenort im Oktober 1919, auch dass sein Vater Johann Wall und sein Bruder Hans Wall getötet worden waren. Andere Familienmitglieder starben an Krankheit und litten an Nervenzusammenbrüchen. Er strebte ein theologisches Studium an und kehrte 1920 nach Tschongraw zurück, um dort eine Bibelschule zu besuchen. Doch er fand nur noch mehr Armut, Missernte, Krankheit, Gewalt, Bürgerkrieg und Tod vor. Die Zukunft sah sehr düster aus. Amerika erschien ihm als das „gelobte Land“.

Im Januar 1922 verließen Cornelius und Agnes Wall mit ihren zwei Kindern zusammen mit anderen mennonitischen Familien Tschongraw, um auf dem russischen Dampfschiff „Pestel“ nach Batum aufzubrechen. Auch noch andere Mennoniten stießen bald zu ihnen, so dass sie eine Gruppe von 250 Personen bildeten. 75 Menschen aus dieser Gruppe starben an Unterernährung, Malaria und Typhus, auch der Sohn Arthur Wall, der an Unterernährung im April 1922 in Batum starb. Gegen Jahresende 1922 erreichte die Familie Wall auf dem französischen Frachter „Barga“ New York und reiste mit dem Zug nach Hillsboro, Kansas, weiter, wo sie von den Verwandten Ewert und Rempel aus der Brudertal Mennonite Church empfangen wurden.

Um sich in der neuen Kultur zurechtzufinden, die englische Sprache zu lernen und sich für eine wirkungsvollen christlichen Dienst ausbilden zu lassen, nahm er im Herbst 1923 sein Vollzeitstudium am Tabor Collge in Hillsboro auf und erwarb 1928 als Primus seines Jahrgangs den Bachelor of Arts mit den Fächern Deutsch und Biologie.

Cornelius und Agnes Wall gaben sich zu Beginn ihrer Ehe das Versprechen, ihr Leben gemeinsam im Dienst für Gott und die Kirche zu führen, dort hinzugehen, wohin Gott sie führen wollte, auch an Orte, an die andere nur ungern gegangen wären. Cornelius Wall spürte, dass seine Begabung im Studium und in der Lehre des Wortes Gottes lag. Von 1927 bis 1930 arbeitete er als Leiter und Lehrer an der Zoar Academy, einer Anstalt für eine zweijährige Lehrerausbildung, die von der Zoar Krimmer Mennonite Brethren Church in Inman, Kansas, unterhalten wurde. Nach dreijähriger Lehrtätigkeit an dieser Akademie unterrichtete Wall von 1930 bis 1932 Deutsch, biblische Fächer und Psychologie am Hesston College, Kansas. Im Frühjahr 1932 wurde er als Prediger an die Henderson Brethren Country Church, Henderson, Nebraska, berufen. Während seines dreijährigen Dienstes dort half er auch, die Henderson, Nebraska Bibelschule zu organisieren. Im Sommer 1936 zog Cornelius Wall mit seiner Frau nach Mountain Lake, Minnesota, wo er neun Jahre lang als Leiter und Lehrer der Mountain Lake Bible School tätig war (1936 – 1946). Während der Sommermonate arbeitete er an seiner eigenen Ausbildung weiter: an der Winona Lake School mit dem Abschluss des Master artium 1943, am Northern Baptist Seminary in Chicago, Illinois, und am Princeton Theological Seminary mit den Abschlüssen als Bachelor of Theology und Master of Theology 1948.

Im Sommer 1948 fragte ihn Orie O. →Miller im Namen des →Mennonite Central Committee (MCC) ob er und seine Frau bereit seien, nach Europa zu gehen, um die mennonitischen Flüchtlinge geistlich zu betreuen. Sie verbrachten zwei Jahre damit, zwischen Gronau und Backnang und verschiedenen anderen Orten in Deutschland hin- und herzupendeln und „die Flüchtlinge im Glauben zu stärken und neue Hoffnung in ihnen entstehen zu lassen“. Wall knüpfte an deren eigene Erfahrungen und Tragödien auf der Flucht an und bat sie eindringlich, Gott und den Menschen, die ihnen geholfen hatten, trotz aller widrigen Umstände dankbar zu sein und sich mit dem Minimum, solange sie in Frieden ohne Angst leben konnten, zufriedenzugeben. An Wochenenden dienten die Walls auf Bibelkonferenzen, Jugendfreizeiten, mit Hausbesuchen und bei besonderen Anlässen.

Nach anderthalbjähriger Lehrtätigkeit am Mennonite Brethren Bibel College in Winnipeg, Manitoba, Kanada, (1950–1951) bat das MCC sie, wieder nach Deutschland zurückzukehren, um mit der mennonitischen Jugend in Deutschland zu arbeiten. Hier diente Cornelius Wall auf Jugendfreizeiten, die von den deutschen Mennonitengemeinden in und bei Hamburg, Hannover, Hildesheim, Düsseldorf, Leutesdorf, Neuwied, Mannheim, Frankfurt, Thomashof bei Karlsruhe usw. ausgerichtet wurden, auch in der deutschsprachigen Schweiz, Luxemburg und im Elsass. Er hielt ebenfalls Andachten in den Altersheimen Leutesdorf am Rhein und Enkenbach in der Nähe Kaiserslauterns. 1953 war Cornelius Wall an der Gründung der Europäischen Mennonitischen Bibelschule beteiligt, zunächst wurde sie in einem Haus in der Starenstraße in Basel, Schweiz, eingerichtet (1953), dann zog sie in ein Kinderheim nach Arisdorf bei Basel um (1956), und schließlich erwarb sie im Sommer 1957 den →Bienenberg bei Liestal in der Schweiz. Cornelius und Agnes Wall lebten an allen drei Orten mit den Studenten zusammen und wurden als Eltern bzw. als „Onkel und Tante Wall“ angenommen. Cornelius Wall war von 1953 bis 1958 Heimleiter und Lehrer auf dem Bienenberg.

Wall beschrieb sein Leben als ein „Zigeunerleben“. Er diente hier und arbeitete da; er verfügte über die bemerkenswerte Fähigkeit, sich auf viele neue Kulturen und Situationen einzustellen und sich doch kompromisslos den Glauben zu erhalten. Er verfügte über eine natürliche Lauterkeit, die ihm half, anderen Menschen auf ihrem Lebensniveau zu begegnen und ihnen Vertrauen und Hoffnung einzuflößen. Er wirkte auch schriftstellerisch, schrieb Artikel und Meditationen für die Flüchtlingszeitschrift Unser Blatt, ebenso für Der Mennonit und The Voice.

Im Januar 1959 kehrte Cornelius Wall an die Winnipeg Bible School zurück und blieb dort bis Ende des Frühjahrs 1962. Im Jahr darauf war er Seelsorger in sechs Krankenhäusern im Gebiet von Winnipeg. Nach einem kurzen Ruhestandsjahr in Hillsboro, Kansas, vertrat er vom April 1965 bis September 1966 eine Predigerstelle an der Central Mennonite Brethren Church in Winnipeg. Seine Jahre im endgültigen Ruhestand verbrachte er in Hillsboro, Kansas, wo seine Frau am 13. April 1973 starb. Er überlebte sie um acht Jahre.

Schriften (Auswahl)

Gemeinsam mit Agnes Wall, As we Remember, Hillsboro, Kansas, 1979. - Mary Wiens Wall (Hg.), As we Remember, 2. Teil, (Selbstverlag), Hillsboro, Kansas, 2005. - Archivalien: Center for Mennonite Brethren Studies, Tabor College, Hillsboro, Kansas; AR920 W187c : Wall, Cornelius 1893–1985.

Literatur

Christine Wiebe, Cornelius Wall, in: The Mennonite Central Committee Story, Bd. 4, hg. von Cornelius J. Dyck, Robert S. Kreider und John A. Lapp, Scottdale, Pa., 1981, 194 – 214. - Mary Wiens Wall, Oral Interview by Peggy Goertzen, vom 20. Dezember 1999. - Ben Wiens, Oral Interview by Peggy Goertzen, vom 10. Juni 2010. - Nachruf in: Christian Leader, vom 10. Dezember 1985.

Peggy Goertzen

 
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