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Liebe, brüderliche (Agape)

1. Allgemein: Eros und Agape

Liebe ist ein Zentralbegriff der Heiligen Schrift und der christlichen Überlieferung. Sie wird unter unterschiedlichen Gesichtspunkten zum Ausdruck gebracht: als Liebe, mit der Gott dem Menschen begegnet, als Liebe zum Nächsten bzw. zum Feind, als Dienst an Notleidenden und als Lebensgrund für das Wachstum und die Einheit der christlichen Gemeinde (Eph. 4,15, Kol. 2, 2). Das biblische Verständnis der Liebe wird mit dem griechischen „Agape“ bezeichnet, davon unterschieden wird die geschlechtliche Liebe als „Eros“ (s. Andres Nygren), ein Begriff, der im Neuen Testament nicht zu finden ist. Im Eros sieht Karl Barth das „urgewaltige Begehren, Drängen, Treiben und Streben, in welchem ein geschöpfliches Wesen seine Selbstbehauptung, Selbstbefriedigung, Selbstverwirklichung, Selbsterfüllung in seinem Verhältnis zu einem anderen, nämlich darin sucht, sich diesem anzunähern, es für sich zu gewinnen, es zu nehmen, es sich möglichst eindeutig und endgültig zu eigen zu machen“ (K. Barth, Einführung in die Theologie, 215). Agape, sagt Barth, ist etwas anderes. „Liebe im Sinn von Agape ist (…) das totale Suchen eines anderen: ein solches (…), als deren Ursprung der Liebende niemals eine ihm eigene Nötigung, sondern eine ihm eben geschenkte, ihm selbst also ursprünglich fremde, eine ganz neue Freiheit für den Andern verstehen wird“ (S. 218). Agape wird von dem her gedacht, der in Not geraten und davon zu befreien ist. Urbild dieser Liebe ist die Zuwendung Gottes zum Menschen in Jesus Christus, in dem Gott den Menschen nicht als Herrscher, sondern als Diener begegnet, und der Mensch, der sich von Gott geliebt weiß, wird diese Liebe unter seine Mitmenschen tragen. Der schroffe Gegensatz zwischen Eros und Agape wird hier nur erwähnt, um das Besondere der Agape herauszustellen, der Gegensatz zwischen beiden kann jedoch nicht das letzte Wort sein, denn die Agape zerstört den Eros nicht, sondern ist auch in seinen Formen wirksam und führt zu vorbehaltlosem Annehmen des andern.

2. „Liebe“ im reformatorischen Aufbruch

Ist Liebe das unmittelbare Einvernehmen zwischen Gott und Mensch, dann wird verständlich, dass in der reformatorischen Deutung der Rechtfertigung des Menschen vor Gott aus Gnaden allein genau diese Liebe zum Zuge kommt. Rechtfertigung ist die liebende Hinwendung Gottes zum Menschen, die mehr ist als nur ein forensisches Urteil, nämlich zugleich auch die Veränderung der Existenz des Menschen, so dass er in die Lage versetzt wird, sich seinen Mitmenschen mit eben der Liebe zuzuwenden, die ihn von Grund auf verändert hat. Mit dieser göttlichen Liebe ist offensichtlich etwas in die Welt gekommen, das den Menschen damals abhandengekommen zu sein schien. So jedenfalls hat es Andreas →Karlstadt wahrgenommen, wenn er 1523 über diese Zeiten klagt, „in wellchen die lieb erkalt und erloschen, das die welt keyner müh spart, keynes scheltworts sich schemet, wider Gotis wort zu pellen“ (Karlstadts Schriften, 3). Martin →Luther wurde sicherlich von denjenigen missverstanden, die ihm vorwarfen, er habe den Glauben zu stark betont und darüber die „guten Werke“ vernachlässigt, so dass es ihm nicht gelungen sei, die Moral in der Christenheit zu heben. Über einen solchen Vorwurf klagte Luther bereits 1520 in seinem Sermon von den guten Werken und beteuerte, dass er „doch gerne wolte/recht gutte werck des glaubens leren“ (WA 6, 205). In einer kleinen Abendmahlsschrift warf Luther den Bruderschaften vor, das Liebesgebot Jesu missverstanden zu haben. Im Abendmahl werde die „eygen nutzige liebe seyns selbs“ ausgerottet und die „gemeyn nutzige liebe aller menschen“ eingeübt (Ein Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leichnams Christi, WA 2, 754). Dennoch war die Wirkung seiner Rechtfertigungsbotschaft in den Augen einiger Sympathisanten offensichtlich wenig effizient. Auf jeden Fall haben nicht nur Karlstadt, Thomas →Müntzer, andere Flugschriftenautoren und einige Spiritualisten, sondern auch die aufständischen Bauern und die Täufer in diesem angeblichen Defizit einen Anlass gesehen, Luthers Lehre „in ein besser weßen“ zu führen (Müntzer, Schriften, 240). So schrieben Karlstadt Von den zwei höchsten Geboten der Liebe Gottes und des Nächsten (1524) und Utz Rychner Eine schöne Unterweisung, daß wir in Christo alle Brüder und Schwestern sind (1524). Thomas Müntzer hatte in Allstedt und bald darauf auch in Mühlhausen den „Bund Gottes“ gegründet, der dem biblischen Brüderlichkeitsprinzip nachgestaltet war. Das Prinzip des Klerus war „Herrschaft“, das Prinzip der Laien war „brüderliche Liebe“. Luther hatte darauf bestanden, die Nächstenliebe als eine hilfsbereite Tat eines jeden Christen zu verstehen, um Not da spontan abzuwenden, wo immer sie nach Abhilfe verlangte. Er hat sich jedoch geweigert, die Nächstenliebe einzusetzen, um mit ihrer Hilfe eine neue Gesellschaftsordnung aufzubauen. Gerade diesen Weg aber haben seine Kritiker auf die eine oder andere Weise beschritten, so dass brüderliche Liebe zum Grundimpuls einer beginnenden →Gemeindereformation wurde.

3. „Brüderliche Liebe“ als Parole und Gemeinschaftsprinzip im Bauernkrieg 1525

Die wirklichkeitsgestaltende Bedeutung der „brüderlichen Liebe“ zeigte sich besonders eindrucksvoll im sich formierenden Aufstand des „gemeinen Mannes“ um 1525 (→Bauernkrieg). So fällt das Vokabular, das in Verbindung mit dem Begriff der „brüderlichen Liebe“ steht, besonders ins Auge: „brüderlicher Beistand“, „brüderliches, christliches fürnehmen“, „christliche Versammlung der evangelischen Brüder“ und „brüderliche Liebhabung“. Außerdem wurden adlige Herren als „Brüder“ angeredet, was den Bauern als Provokation ausgelegt wurde, was andererseits aber signalisiert, dass der „brüderlichen Liebe“ zugetraut wurde, die Schranken der Ständegesellschaft zu durchbrechen und eine egalitäre Gesellschaft aufzubauen. Wer sich dem nicht fügte, wurde mit dem „weltlichen Bann“ belegt und ausgegrenzt (Artikelbrief der Schwarzwälder Bauern, 1525). Sowohl der Klerus als auch der Adel wurden degradiert und aufgefordert, sich in den „Leib Christi“ integrieren zu lassen, wie die Bauern ihn in ihren Gemeinschaften, Vereinigungen und Gemeinden darzustellen versuchten: „Hie ist weder knecht noch herr, wir seind allzümal eyner in Christo“ (Eph. 4), so wird in der Flugschrift von der Versammlung gemayner Pawerschafft (1525) ein biblisches Wort aufgegriffen und zur Rechtfertigung des begonnenen Kampfes herangezogen: „damit jr alle ain ayniger leib werden vnder dem haupt Jhesu Christo, so würt Christus vnnd warer got gewisslich ewer heerführer sein“ (H. Buszello, Der deutsche Bauernkrieg, 189). In dieser Bauernkriegsschrift fließen Brüderlichkeitsvorstellungen aus dem Geist des spätmittelalterlichen Kommunalismus („bruoderliches leven“), reformatorisches Priestertum aller Gläubigen und Hoffnung auf das Reich Gottes ineinander, das sich bereits in ihrer „Welt der Brüderlichkeit und Nächstenliebe“ (P. Blickle, Die Revolution von 1525, 23) ankündigte. So wurde „brüderliche Liebe“ im Kontext einer revolutionären Situation zur Sprache gebracht und entfaltete ihre Wirkung.

4. „Zeichen brüderlicher lieby“ im Täufertum

Im „Zeichen der Liebe“ waren auch die →Täufer auf den Plan getreten. So nannten sie gelegentlich die →Taufe, deren Praxis als Glaubenstaufe ihnen ihren Namen eintrug (TQ Schweiz, Bd. 1, 41). So konnte Balthasar →Hubmaier auch das Abendmahl und den Bann („brüderliche Strafe“) verstehen (B. Hubmaier, Schriften, 346, 343). Unter den Täufern stieß der Gedanke der „brüderlichen Liebe“ auf besondere Resonanz und prägte das Bewusstsein, einer „Bruderschaft“ anzugehören, die sich von der bisherigen Gestalt christlicher Kirchen und Gemeinschaften unterschied und sich dem Modell der urchristlichen Gemeinde (Apg. 2) verpflichtet wusste. Die Täufer versammelten sich beispielsweise in Zollikon bei Zürich als „Brüder und Schwestern“, ließen sich gemeinsam aus der Heiligen Schrift vorlesen und belehrten einander, besonders erwähnt wurden die Stellen von der Liebe Gottes, von der Liebe zum Nächsten oder von der Taufe (TQ Schweiz, Bd. 1, 82 f.). Ähnlich hatten sich schon die Zürcher Prototäufer 1524 Thomas Müntzer gegenüber geäußert, als sie ihm erklärten, warum sie ihn „on titel und wie ein bruder“ anredeten: „Gottes sun Jesus Christus, der sich aller deren, die do selig werden söllind, einigen meister und houpt dar bütt und unß brüdere heißt sin durch das einig gemein wort allen brüderen und gleubigen, hand unß getriben und betzwungen früntschaft und bruderschaft ze machen“ (TQ Schweiz, Bd. 1, 13). Wird der klerikale Autoritätsanspruch zurückgewiesen und Christus zur einzigen Autorität, dann verschmelzen alle Menschen, die ihm nachfolgen, zu einer egalitären Gemeinschaft.

Die Taufe gliedert den Täufling in die brüderliche Gemeinschaft ein, das →Abendmahl zeigt an, „daß wir warlich ein brott und lib und ware brüder mitteinander werind und sin weltind“, wie Felix Mantz versicherte, und die brüderliche Liebe alle veranlasste, Hab und Gut miteinander zu teilen (TQ Schweiz, Bd. 1, 15). Der →Bann wurde eingesetzt, um die Gemeindeglieder in Liebe vor einem Abfall aus dem Leib Christi zu bewahren und die Liebesgemeinschaft im Abendmahl rein zu erhalten. Schließlich sollte Streit in der Bruderschaft friedlich beigelegt werden, wie es später in den Schleitheimer Artikeln (1527) hieß und wie Friedfertigkeit überhaupt schon im Kreis der Zürcher Prototäufer zu einem besonderen Kennzeichen dieser Gemeinschaft geworden war. Das Evangelium sollte nicht mit dem Schwert verbreitetet oder geschützt werden, Feinden sollte mit Nachsicht und Liebe begegnet werden, an Kriegen wollten die Brüder sich nicht beteiligen, „wann by inen ist daß töten gar abgetan“ (ebd., 17). „Die lieb in Christum reine/verschonet hie den feind“, heißt es in einem Lied von Felix Mantz (ebd., 221). Hier zeigt sich der Unterschied zwischen der Nächstenliebe, wie Luther sie verstand, und der brüderlichen Liebe, die von den Täufern angestrebt wurde. Luther konnte im Kriegsdienst beispielsweise einen Akt der Nächstenliebe sehen, nämlich die Schwachen vor feindlichem Vernichtungswillen zu bewahren. Unter diesen Umständen konnte das Töten zu einem Akt der Liebe werden. Die frühen Täufer ließen dagegen nur als Liebe gelten, was dem Handeln Jesu entsprach. So schrieb Hans →Denck beispielsweise: „Dann es ist die art der liebe, das sie nit will oder begert, jemandt schedlich zu sein“ (Hans Denck, Schriften, Bd., 2, 85). Diese Art der Liebe wies die Täufer auf das Kreuz Jesu hin und verlieh ihnen Mut, dem Martyrium nicht auszuweichen.

Diese Vielfalt der Aspekte brüderlicher Liebe zeigt, warum Denck seine Schrift Von der wahren Liebe (1527) eine „summ der leer Jesu Christi“ nannte und die „brüderliche Liebe“ als ein zentraler Gedanke der Täufer zu gelten hat. Doch nicht alle Aspekte dieses Gedankens werden unter den Täufern in ihren unterschiedlichen Bewegungen auf die gleiche Weise bedacht und in die Praxis umgesetzt. Grundsätzlich aber gilt, dass sie sich bemühten, der „brüderlichen Liebe“ einen hohen Stellenwert in ihrem Denken und ihrer religiösen Praxis einzuräumen. Abgesehen von biblischer Lektüre und theologischer Überlegung haben auch Erfahrungen gegenseitiger Hilfe in der angespannten, oft lebensbedrohenden Verfolgungssituation dazu beigetragen, den Stellenwert „brüderlicher Liebe“ unter den Täufern verschiedener Richtungen zu festigen. Sie fühlten sich zueinander hingezogen, bewirteten und beherbergten einander, gewährten auch einander Unterschlupf vor ihren Häschern, sie verhalfen einander zur Flucht und nahmen sich der Waisen und Witwen ihrer in der Verfolgung umgekommenen Glaubensgeschwister an. Sich für die Brüder, das schloss auch die Schwestern ein, unter Einsatz des Lebens zu verausgaben, war oberstes Gebot: „tod und leben, ja, alles, das er hat, leib und leben, für seine brüder zu geben, wie sich Christus für ihn dargeben hat“ – das forderte der spätere Märtyrer Hans Schlaffer von den Glaubensgenossen (Glaubenszeugnisse, 109). Die Erfahrung mit der „brüderlichen Liebe“ verstärkt den Eindruck, dass der theologische Akzent im Täufertum mehr auf der Praxis als auf der Lehre des Glaubens liegt. Dieser Akzent verschleiert jedoch nicht, dass die „brüderliche liebe“ Züge einer nonkonformistischen, gelegentlich sogar revolutionären Herkunft trägt. So war es gerade diese „Liebe“, die den Obrigkeiten gefährlich zu sein schien (TA, Bd. XI: Österreich I, 73 ff., 76 ff.).

Mit einer anderen Art der Liebe waren die Täufer in den Gesprächen mit den reformierten Prädikanten konfrontiert. Von ihnen wurde verlangt, Neuerungen an der „Regel der Liebe“ zu orientieren, d. h. die Schwachen, denen die reformatorischen Neuerungen ernste Gewissensnöte bereiteten, zu schonen und selbst in der Heiligen Schrift eventuell Gebotenes zurückzustellen oder auf spätere Zeiten zu verschieben: beispielsweise die Erwachsenentaufe, die Verweigerung des Eides oder des Wehrdienstes. Gegen eine solche Regel haben sich die Täufer entschieden zur Wehr gesetzt. Rücksicht auf die Schwachen war für sie kein Kriterium für Liebe, wie Jesus sie vorgelebt hat oder wie sie im Alten und Neuen Testament geboten wird (John H. Yoder, Täufertum und Reformation, 1968, 44−55). Liebe, wie sie von den Täufern verstanden wurde, war innovativ und bemüht, Reformen konsequent in Angriff zu nehmen − ohne Scheu vor grundsätzlichen Veränderungen. Die Devise Straßburger Täufer war: „es muss alles anders werden“.

5. Der diakonische Akzent als konfessionelles Erbe

Dieser Eindruck stellt sich auch ein, wenn dem Motiv „brüderlicher Liebe“ in der Entwicklung der täuferischen Gemeinden unter den →Hutterern in Mähren, den Täufern in der Schweiz, dem Elsass und der Pfalz, nachgegangen wird, auch den Mennoniten in den Niederlanden, Norddeutschland, Westpreußen und Russland, schließlich in Nord- und Südamerika. Selbst die aus der neueren Missionsarbeit hervorgegangen Gemeinden in Afrika und Asien, die unter schwierigen Lebensbedingungen entstanden, bestätigen diesen Eindruck. In ihrer feindlich gesonnenen Umwelt ist oft die schlichte, moralisch vorbildliche Frömmigkeit der Täufer und Mennoniten bemerkt worden. Auf den beschwerlichen Wanderungen von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent ist der Zusammenhalt unter den Mennoniten nicht zerrüttet worden, sondern gefestigt und gewachsen. Gemeinden hier haben mit ihren diakonischen Initiativen und Einrichtungen Gemeinden dort unter die Arme gegriffen, bei Flucht, Auswanderung und Neuansiedlung geholfen (→Hilfswerke) und sich in Not- und Krisengebieten auch für die Bevölkerung allgemein eingesetzt. Ein besonderes Beispiel ist die Hilfswerksarbeit des →Mennonite Central Committee in Nordamerika, das nach dem Zweiten Weltkrieg im „Namen Jesu Christi“ weltweit tätig wurde und in politischen und sozialen Krisenherden immer noch präsent ist. So ist die „brüderliche Liebe“ des täuferischen Aufbruchs, dass „das reich Gottes nicht stee in worten, sunder in der tat“ (Hans Schlaffer, Glaubenszeugnisse, 111), zu einem besonderen Akzent des konfessionellen Erbes in der „weltweiten Bruderschaft“ der Mennoniten geworden.

Nicht immer haben sich Täufer und Mennoniten eingestanden, wie schwierig es ist, die Liebesgemeinschaft so zu verwirklichen, dass sie zum Zeugnis der Liebe Gottes in der Welt wird. Allzu oft wurde sie auf diejenigen eingegrenzt, die durch Bekehrung und Taufe dazugehörten, obwohl die göttliche Liebe alle Grenzen sprengt. Auch führte der Auftrag, die Gemeinde „ohne Flecken und Runzel“ (Eph. 5, 27) zu erhalten, oft dazu, den Bann auf gesetzliche Weise auszuüben, ihn als ein Instrument der Strafe einzusetzen, die den Sünder ausgrenzt, und selten als eine Geste der Liebe, die dem Gestrauchelten hilft, sich wieder in die Gemeinschaft, in der Liebe herrscht, einzugliedern. Um dem hergebrachten Prinzip der →Wehrlosigkeit zu entsprechen und die Gewissen zu beruhigen, wurde die Befreiung vom Kriegsdienst nicht selten mit Kontributionszahlungen erkauft. Nicht immer wurde vermieden, in den Heilsegoismus und die Gesetzlichkeit zurückzufallen, aus der die reformatorische Botschaft von der schenkenden Liebe Gottes auch Täufer und Mennoniten befreit hatte. Als Zeugnis von der Liebe Gottes ist die Gemeinde tatsächlich mehr als ein bloßes Ideal menschlicher Vergemeinschaftung, sie kann aber nur eine Gestalt annehmen, die noch von den Bedingungen irdischer Existenz gezeichnet ist und daran leidet. Darüber hinwegsetzen kann sie sich nicht. Wohl ist sie eine liebende und versöhnte Gemeinschaft, aber doch nur eine Gemeinschaft, der Liebe und Versöhnung immer erst wieder aufs Neue verheißen ist.

Quellen (Auswahl)

Martin Luther, Werke (WA), Bd. 2, Weimar 1884. - Flugschriften der frühen Reformationsbewegung, hg. von Adolf Laube und Sigrid Looß, Bd. 1, Berlin 1983. - Karlstadts Schriften aus den Jahren 1523–1525, hg. von Erich Hertzsch, Halle/S. 1956. - Thomas Müntzer, Briefe und Schriften, hg. von Günther Franz, Gütersloh 1968. - Günther Franz (Hg.), Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges, Darmstadt 1963. - An die versammlung gemayner Pawerschafft, in: Horst Buszello, Der deutsche Bauernkrieg von 1525 als politische Bewegung, Berlin 1969, 152–192. - Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz, Bd. 1: Zürich, hg. von Leonhard v. Muralt und Walter Schmid, Zürich 1952. - Balthasar Hubmaier, Schriften, hg. von Gunnar Westin und Torsten Bergsten, Gütersloh 1962. - Hans Denck, Schriften, Bd. 2, hg. von Walter Fellmann, Gütersloh 1956. - Glaubenszeugnisse oberdeutscher Taufgesinnter, hg. von Lydia Müller, Leipzig 1938. - Weitere Quellensammlungen: Quellen zur Geschichte der Täufer, Gütersloh, und Documenta Anabaptistica Neerlandica, Leiden.

Literatur (Auswahl)

Karl Barth, Einführung in die evangelische Theologie, 2. Aufl., Zürich1962. - Elsa Bernhofer-Pippert, Täuferische Denkweisen und Lebensformen im Spiegel oberdeutscher Täuferverhöre, Münster 1967. - Peter Blickle, Die Revolution von 1525, München, 2. Aufl.,1981. - Ders., Gemeindereformation. Die Menschen des 16. Jahrhunderts auf dem Weg zum Heil, München 1985. - Otto Borst, Alltagsleben im Mittelalter, Frankfurt/M. 1983. - Hans-Joachim Diekmannshenke, Die Schlagwörter der Radikalen der Reformationszeit (1520–1536). Spuren utopischen Bewusstseins, Frankfurt/M. u. a. 1994. - Hans-Jürgen Goertz, Brüderlichkeit – Provokation, Maxime, Utopie. Ansätze einer fraternitären Gesellschaft in der Reformationszeit, in: Hans-Jürgen Goertz, Radikalität der Reformation. Aufsätze und Abhandlungen, Göttingen 2007, 216–237. - Ders., Karlstadt, Müntzer und die Reformation des „gemeinen Mannes“ 1521–1525, in: ders, Radikalität, 53–96. - Andres Nygren, Eros und Agape. Gestaltwandlungen der christlichen Liebe, 2. Aufl., Gütersloh 1957. - James M. Stayer The German Peasants´ War and Anabaptist Community of Goods, Montreal u. a. 1991. - Diskussion recht diffuser Ansätze einer Theologie der Liebe unter Mennoniten Nordamerikas in neuerer Zeit: John Friesen, Art. Love, in: Mennonite Encyclopedia V, 530–532. - John H. Yoder, Täufertum und Reformation im Gespräch. Dogmengeschichtliche Untersuchung der frühen Gespräche zwischen Schweizerischen Täufern und Reformatoren, Zürich 1968 (bes. 44–55 über die „Regel der Liebe“).

Hans-Jürgen Goertz

 
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