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Doerksen, Helmut

geb. am 26. August 1937 in Asunción/Paraguay, gest. am 12. April 2010 nach mehrjähriger schwerer Krankheit in Muttenz/Schweiz.

Die Eltern Peter G. Doerksen and Tina Wohlgemuth waren Ende der 1920er Jahre aus Russland nach Paraguay geflüchtet, wo sie 1935 heirateten. 1939 liess sich die junge Familie in der Kolonie Fernheim im Chaco nieder, zehn Jahre später erfolgte der Umzug nach Kanada, vorerst nach Steinbach in Manitoba, sodann 1953 nach Abbotsford (B.C.). Die Taufe im Jahr 1956 in der Clearbrook Mennonite Brethren Church war für Helmut Doerksen Ausdruck seiner bewussten Entscheidung für ein Leben in der Nachfolge Jesu.

Den High School Abschluss am Mennonite Education Institute in Abbotsford erlangte er 1958, danach erfolgte die Weiterbildung an der Universität zum Lehrer. Nach dem Examen 1961 arbeitete er zwei Jahre in diesem Beruf.

Am 21. Juni 1963 verheiratete er sich mit Lydia Toews. Dieser Ehe entstammen drei Kinder: Paul (geb. 1967), Carol (1969–1990) und Richard (1970–1998). Der vorzeitige Verlust der beiden jüngsten Kinder durch Krankheit und Unfall gehört dabei zu den schmerzhaftesten und prägenden Widerfahrnissen im Leben des Paares.

Von 1964 bis 1966 studierte Doerksen am Mennonite Brethren Bible College in Winnipeg (Kanada) Theologie. Nach dem Studienabschluss begann das junge Paar einen Freiwilligendienst mit dem →Mennonite Central Committee (MCC). Dieser Einsatz bestand in einer Lehrtätigkeit am Theologischen Seminar (vormals Europäische Mennonitische Bibelschule) auf dem →Bienenberg bei Liestal in der Schweiz. Aus dem ursprünglich auf zwei Jahre geplanten Einsatz wurde letztlich eine bis zu seiner Pensionierung (2002) dauernde Lebensaufgabe. Parallel zu seiner Arbeit auf dem Bienenberg engagierte er sich auch in der Mennonitengemeinde →Schänzli in Muttenz, davon viele Jahre als Prediger und Ältester.

Theologische Weiterbildung war Doerksen zeitlebens wichtig, so besuchte er regelmäßig Kurse an der Universität Basel (1968–1976). Im Rahmen von zwei Sabbaticals in den USA (1980/81 in Elkhart, 1991/92 in Pasadena) vertiefte er seine Kompetenzen besonders im Bereich seelsorgerlich-therapeutischer Themen sowie der Frage „Gewalt in Familien“. Ein anfangs der 1990er Jahre aufgenommenes Dissertationsprojekt zu dieser Thematik konnte nicht mehr abgeschlossen werden.

Von 1983 bis 1998 fungierte Helmut Doerksen als umsichtiger Vorsitzender der Werkleitung. Dabei waren ihm die persönliche Kontaktpflege zu den Mitarbeitenden und den Trägerkreisgemeinden sowie eine gute finanzielle Haushalterschaft zentrale Anliegen. Wichtige Akzente der langjährigen Tätigkeit als Lehrer und Seelsorger war seine Fähigkeit zum Zuhören und Begleiten, zum Beraten und Ermutigen von Menschen in schwierigen Lebenslagen. Weitere Schwerpunkte lagen im gemeindepraktischen, sozial-diakonischen und friedenskirchlichen Bereich. Bemerkenswert waren dabei seine sorgfältigen Auslegungen biblischer Texte, die er als Grundlage und Ausgangspunkt für seine Aussagen nahm. Über seine formale Tätigkeit auf dem Bienenberg hinaus nahm Helmut Doerksen auch viele Lehr- und Verkündigungs-Dienste im Rahmen der Trägerkreiskirchen in Europa wahr.

Wichtig sind seine Reisen und Kontakte mit täuferischen Gemeinden in osteuropäischen Ländern (DDR, Polen, CSSR, Ungarn, Rumänien, UdSSR, Jugoslawien), die Doerksen vor allem in den 1960er und 1970er Jahren im Rahmen seines MCC-Engagements unternommen hat. Es war ihm ein zentrales Anliegen, die Internationalität der Gemeinde Jesu zu betonen und der Kontaktpflege und geschwisterlichen Ermutigung im Rahmen dieses weltweiten Leibes Christi einen wichtigen Stellenwert gegen allen Rückzug ins National-Provinzielle einzuräumen.

Mit seinem Eintreten für eine ganzheitliche Spiritualität, welche eine tiefgehende persönliche Gottesbegegnung mit einer radikalen →Nachfolge Jesu in täuferischer Tradition verbindet, ist Doerksen für viele zu einem Lehrer und Mentor geworden, der Wesentliches angeregt und nachhaltig bewegt hat.

Schriften

Miteinander am Tisch des Herrn feiern, in: Daniel Geiser (Hg.), Das Leben wagen – die Zukunft gewinnen. Beiträge aus der mennonitischen Gegenwart, Weisenheim 1986, 104–113. - Enseignements et Expériences. Leçons de l'histoire [ensemble avec Bernard Ott], in: Bernard Ott u. a. (Hg.), Le Saint Esprit. Point de vue biblique, théologique et pratique à propos de l'action du Saint-Esprit dans la vie de l'Assemblée (= Les Cahiers de Christ Seul, N° 3/1997), Montbéliard 1997, 31–50. - Frédéric Marchal, Carole Kanj, Helmut Doerksen (Hg.), P.A.C.S. et homosexualité. Ce qu'affirme la Bible, ce que dit la loi, comment aider ? (= Les Cahiers de Christ Seul, N° 1–2/2001), Montbéliard 2001. - „Wir haben diesen Schatz in irdenen Gefässen“, Predigt über 2. Korinther 4,1–7, in: Hanspeter Jecker (Hg.), Jesus folgen in einer pluralistischen Welt. Impulse aus der Arbeit John Howard Yoders, Weisenheim 2001, 153–156.

Nachrufe

Helmut Doerksen 1937–2010, in: Perspektive 6, 2010, 9 f., sowie gekürzt in: Die Brücke 4, 2010, 38 f. (Hanspeter Jecker).

Hanspeter Jecker

 
www.mennlex.de - MennLex V :: art/doerksen_helmut.txt · Zuletzt geändert: 2020/05/11 15:08 von bw     Nach oben
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