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Freyberg, Helena von

geb. ca. 1491 in Münichau (Tirol), Österreich, gest. ca. 1545 in Augsburg, Deutschland; Adlige, Anführerin der Täufer.

Freifrau Helena von Freyberg war das einzige Kind der Eheleute Gilg von Münichau und Magdalena von Hammerspach, die beide dem niederen Adel im österreichischen Tirol angehörten. Wie in solchen Kreisen üblich, wird sie ihre schulische Ausbildung von einem Hauslehrer erhalten haben. Als ihre Mutter 1506 starb, war die Tochter bereits mit dem Freiherrn Onophrius von Freyberg verheiratet, der schweizerischer und bayrischer Herkunft war und auf der Burg zu Hohenaschau bei Aschau im Chiemgau lebte. Sie hatten vier Söhne, Pankraz (geb. 1508), Christoph Georg, Wilhelm und Hanns Sigmund. Pankraz wurde später ein Anführer der Protestanten in Bayern und ab 1553 als Hofmarschall Herzog Albrechts V. von Bayern der zweitstärkste Mann in der Regierung.

Unbekannt ist, in welchem Maße Helena von Freyberg von der Reformation beeinflusst gewesen sein könnte oder ob Martin Luther, wie in einem Gerücht behauptet, Hohenaschau 1518 besucht habe. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass Helena von Freyberg die lutherische Bewegung in Bayern öffentlich unterstützte, so wie es die Adlige Argula von Grumbach in Ingolstadt getan habe. Als Argula von Grumbach ihre Protest- und Flugschriften 1523 zu schreiben begann, erbte Helena von Freyberg den Familiensitz in Münichau und zog sich bald dorthin zurück. Nach einem Bericht vom 7. März 1528 wurden Helena von Freyberg und ihre Bediensteten getauft und schlossen sich dem Täufertum an. Das ist der erste Hinweis auf die Adlige in den österreichischen Hofberichten (Täuferakten).

Das Täufertum entstand in Tirol um 1527 nach dem Aufstand der Bauern. Anders als in den Schweizer Territorien gab es hier keinen tonangebenden Stadtreformator, sondern nur eine Anzahl ländlicher Prediger. Helena unterstützte zwei solcher täuferischen Prediger: Paul Rassler und Hans Rat. Sie machte Münichau zu einem Zentrum täuferischer Versammlungen und zu einer Täufergemeinde, der sie vorstand. Möglicherweise hatte sogar Pilgram →Marpeck, der zum Freundeskreis Helenas gehörte, an solchen Versammlungen teilgenommen. Helena besuchte auch Täufer, die in Gefängnissen einsaßen, und soll Glaubensgeschwistern mit elf Gulden ausgeholfen haben, eine Summe, die den Lohn für mehrere Monate von Zimmerleuten oder Mauern zu jener Zeit ausmachte.

Im Dezember 1529 gelangten die obrigkeitlichen Behörden in Tirol während der Verhöre von zwei Täufern an Informationen, die sie brauchten, um die Verhaftung Helena von Freybergs anordnen zu können. Daraufhin floh sie und fand Unterschlupf in Konstanz, wo sie sich zwei Jahre lang aufhalten konnte. Nachdem sie aus Konstanz wegen ihrer fortdauernden Aktivitäten für die Täufer ausgewiesen worden war, wurde ihr gestattet, nach Tirol zurückzukehren. Allerdings stellten ihr die Behörden die Bedingung, ihrem täuferischen Glauben abzusagen, zumal sie, wie im Januar 1534 festgestellt wurde, der eigentliche Grund dafür gewesen sei, dass sich so viele Leute der täuferischen Bewegung in der Gegend um Kitzbühel angeschlossen hätten. Nach zahlreichen Verhandlungen widerrief sie, doch nicht öffentlich, sondern in privatem Rahmen beim Statthalter zu Innsbruck. Danach verließ sie Tirol für immer und verbrachte den Rest ihres Lebens im Exil in →Augsburg, wo zwei ihrer Söhne sie finanziell unterstützten.

Obwohl Augsburgs toleranter Umgang mit den Täufern bekannt war, befand sich Helena von Freyberg unter jenen Täufern, die nach der Machtübernahme →Münsters durch die Täufer 1534 verhaftet und ausgewiesen worden waren. Die Worte, die sie an den Augsburger Rat am 11. April 1535 richtete, wurden überliefert und zeugen von ihrem ungebrochenem Engagement für das Täufertum. Ein Bekenntnis ganz anderer Art lässt Helenas Kraft und Durchhaltevermögen erkennen. Während der letzten Lebensjahre schrieb sie ein Schuldbekenntnis in eigener Handschrift nieder, in dem sie sich an die Gemeinde in Augsburg wandte, besonders aber an Pilgram Marpeck und Valtin (Valentin) Werner. Dieses Schuldbekenntnis ist im →Kunstbuch überliefert, in dem Schriften von Mitgliedern des Kreises um Marpeck zusammengestellt worden waren. Dieses Bekenntnis ist ein bewegender, zu Herzen gehender, tiefer Ausdruck des Glaubens und der Buße, in dem sie unter anderem auch die Gelassenheit in der Nachfolge Christi besonders erwähnte. Helenas Hinweise darauf, dass sie den obrigkeitlichen Behörden („Hunden“) nachgegeben und ihrem Glauben abgeschworen habe, deuten auf den Widerruf in Tirol hin, mit dem sie Schuld auf sich geladen habe und für die sie von der Gemeinde zur Rechenschaft gezogen worden sei.

Helena setzte ihre leitende Tätigkeit fort und lebte weiterhin in Augsburg. Dort unterrichtete sie zukünftige Täuferführer wie Hans Jacob Schneider und vermittelte zwischen Pilgram Marpeck und Kaspar von →Schwenckfeld in den Auseinandersetzungen um Marpecks Vermahnung. Helena starb eines natürlichen Todes in Augsburg, höchstwahrscheinlich im Jahr 1545, in der Mitte ihrer fünfziger Lebensjahre. Sie hatte die Täufer mehr als fünfzehn Jahre lang betreut und angeführt.

Quellen

Grete Mecenseffy (Hg.), Quellen zur Geschichte der Täufer, Bd. XIII, Österreich, Teil 2, Gütersloh 1972. - Grete Mecenseffy und Matthias Schmelzer (Hg.), Quellen zur Geschichte der Täufer, Bd. XIV, Österreich, Teil 3, Gütersloh 1983. - Heinold Fast und Gottfried Seebaß (Hg.), Briefe und Schriften oberdeutscher Täufer 1527 – 1555. Das >Kunstbuch< des Jörg Probst Rotenfelder gen. Maler (Burgerbibliothek Bern, Cod. 464), bearbeitet von Heinold Fast und Martin Rothkegel, Quellen zur Geschichte der Täufer, Bd. XVII, Gütersloh 2007, 512–517 (Schuldbekenntnis).

Literatur

Friedrich Roth, Augsburg Reformationsgeschichte 1531–1537 bzw. 1540, Bd. II, München 1904, 426–437. - Linda Huebert Hecht, An Extraordinary Lay Leader: The Life and Work of Helene von Freyberg. Sixteenth Century Noblewoman and Anabaptist from Tirol. In: Mennonite Quarterly Review LXVI, 3, l992, 312–341. - Linda A. Huebert Hecht, Helena von Münichau, in: Profiles of Anabaptist Women Sixteenth-Century Reforming Pioneers, Kitchner, Ont., 1996, 124–139. - Linda A. Huebert Hecht, Women in Early Austrian Anabaptism. Their Days, Their Stories. Kitchener, Ont., 2009, 62–70, 247–252. - Walter Klaassen und William Klassen, Marpeck. A Life of Dissent and Conformity, Scottdale, Pa., 2008, 246–259.

Linda A. Huebert Hecht

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