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Geiser, Samuel Henri

geb. am 24. Dezember 1884 auf dem Jeanguisboden in der Gemeinde Corgémont, Schweiz, gest. am 28. Mai 1973 in Biel, Schweiz; Landwirt, Ältester der Mennonitengemeinde Moron, Historiker.

Samuel Henri Geiser entstammte einer Täuferfamilie aus Langenthal im Oberaargau. Von 1891 bis 1899 besuchte er die Täuferschule auf dem Jeanguisboden. Das letzte Schuljahr absolvierte er an der französischsprachigen Schule von Fonet, wohin seine Eltern gezogen waren, genauer nach La Saigne. Geiser wurde wie sein Vater Landwirt. 1911 heiratete er Marianne Gyger de Montbautier, Le Fuet. Das Ehepaar hatte acht Kinder. Die Familie Geiser bewirtschaftete einen Hof in der Nähe von St. Ursanne in der Ajoie, danach einen Betrieb in Orange unweit von Tavannes, bevor sie 1932 einen eigenen Hof in Châtelat kaufen konnte. Das Ehepaar Geiser hörte 1946 mit der Landwirtschaft auf und liess sich in Brügg nahe Biel nieder.

Als junger Mann schon interessierte sich Geiser für die Geschichte seiner Vorfahren. Er erhielt seine religiöse Unterweisung in der mennonitischen Gemeinde Moron bei Bellelay. Dort ließ er sich 1901 taufen. Er wurde in der Kirche aktiv und 1915 zum Prediger auf Probe ernannt, 1929 zum Prediger und 1941 zum Ältesten. Er übernahm auch andere Aufgaben. Er wurde Sekretär der →Konferenz der Mennoniten der Schweiz (KMS) und Mitbegründer des Archivs der KMS auf dem Jeanguisboden. Von 1925 bis 1948 nahm er an mehreren mennonitischen Weltkonferenzen in Europa und in den USA teil. 1965 fuhr er sogar nach Israel. Für seine Forschungen zum Täufertum, auf die er sich autodidaktisch vorbereitet hatte, sammelte er historische Dokumente, die ohne sein Eingreifen vermutlich verloren gegangen wären. Er war auch musikalisch aktiv, spielte Orgel und komponierte Musikstücke.

1926 veröffentlichte Geiser ein Referat über den Liberalismus, das er anlässlich eines Treffens der KMS auf dem Sonnenberg gehalten hatte. Auf Ersuchen der KMS und mit der Hilfe zweier Kollegen und Freunde, David Lerch von Prés-de-Cortébert und Samuel Geiser aus Fontaines/Mont-Tramelan, verfasste er die Die Taufgesinnten Gemeinden (1931). Beeinflusst vom Märtyrer-Spiegel der Taufgesinnten (deutsche Ausgabe ab 1748) und der Ketzerhistorie (1729) Gottfried Arnolds zeichnete Geiser die Geschichte des Täufertums nach: von den «Urgemeinden zur Apostelzeit» bis zur Gegenwart. Dieser weite Bogen war für seine Auffassung von der Geschichte der Kirche und des Täufertums typisch. Für mehrere Bände des Mennonitischen Lexikons schrieb er zwischen 1937 und 1967 mehr als neunzig Artikel zu Persönlichkeiten, Orten, Gemeinden und Schriften. Auf musikalischem Gebiet befasste er sich mit den Psalmen des Alten Testaments. Die 1955 erschienene Ausgabe des Neuen Gemeinschafts-Liederbuchs verdankt ihm viel. Von 1955 bis 1960 schrieb er eine Geschichte des jüdischen Volkes von Abraham bis zur Schaffung des neuen Staates Israel 1948. Dieses Manuskript wurde jedoch nicht veröffentlicht. Geiser kopierte auch von Hand einige Dokumente wie das Protokoll der Berner Disputation von 1538. Auf seiner Suche von Hof zu Hof in der Hoffnung, auf alte Täuferdokumente zu stoßen, entdeckte er auch eine zu Beginn des 18. Jahrhunderts angefertigte Kopie einer Schrift von Clemens Adler aus dem Jahr 1529. Darüber berichtete er 1951 in Mennonite Quarterly Review.

1971 erschien eine überarbeitete und erweiterte Auflage seines Buches Die Taufgesinnten Gemeinden. Am 24. Dezember 1972, seinem Geburtstag, erhielt er von der Theologischen Fakultät der Universität Zürich den Ehrendoktor der Theologie verliehen. Damit wurde er für seine Forschungen zum Täufertum im weiten Rahmen der Kirchengeschichte und für seine zahlreichen Artikel im Mennonitischen Lexikon geehrt. Nach einem Unfall mit Oberschenkelhalsbruch und zwei folgenden Operationen starb er einige Monate danach.

Samuel Henri Geiser wurde oft als einziger mennonitischer Historiker der Schweiz zu seiner Zeit bezeichnet; er spielte eine wichtige Rolle für die Erhaltung und Überlieferung von Täuferdokumenten in den schweizerischen mennonitischen Gemeinden. Seine historischen Arbeiten haben zweifellos das Interesse an der Geschichte der Täufer gefördert und es ermöglicht, die Bedeutung und den Wert dieses Erbes aus dem eigenen Selbstverständnis heraus zu erfassen.

Schriften (Auswahl)

Die Taufgesinnten Gemeinden, Karlsruhe 1931. - Die Taufgesinnten Gemeinden im Rahmen der allgemeinen Kirchengeschichte, Courgenay 1971. - An Ancient Anabaptist Witness for Nonresistance, in: Mennonite Quarterly Review XXV, 1951, 66–69, 72. - Mehr als 90 Artikel in den Bänden II, III und IV des Mennonitischen Lexikons.

Der Nachlass S. Geisers befindet sich im Archiv der Konferenz der Mennoniten der Schweiz in Jeanguisboden ob Corgémont, Schweiz, und im Archiv des Schweizerischen Vereins für Täufergeschichte im Ausbildungs-/Tagungszentrum Bienenberg/Liestal, Schweiz.

Literatur

P. Baumann, Ein Täufer unserer Zeit: Dr. h. c. Samuel Henri Geiser (1884–1973), in: Leben und Glauben, 44, 3. November 1973, 13. - Paul Schowalter, Samuel Henri Geiser, in: Mennonitische Geschichtsblätter 25, 1973, 91–92. - Isaak Zürcher, Samuel Henri Geiser, in: Mennonite Encyclopedia, Bd. V, 1990, 325. - Hanspeter Jecker, Samuel Henri Geiser, in: Historisches Lexikon der Schweiz, Version vom 25. 08. 2005, http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D29014.php Michel, Ummel, Samuel Henri Geiser (1884–1973), historien et collectionneur de la première heure, in: Mennonitica Helvetica, 28/29, 2005/06, 7–46.

Michel Ummel

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