Lichdi, Kurt

geb. am 11. Februar 1907 in Heilbronn, gest. am 1. Februar 2000 in Heilbronn, Deutschland; Konzertpianist, Kaufmann, Prediger und Ältester, Vorsitzender des →Verbandes der Deutschen Mennonitengemeinden.

Kurt Lichdi wurde als einziges Kind von Gustav Lichdi und Henriette Lichdi, geb. Hunnius, geboren und 1921 in der Mennonitengemeinde Heilbronn getauft. Nach dem Abitur, das er 1925 am Heilbronner Karlsgymnasium ablegte, studierte er an der Musikhochschule in Stuttgart Klavier und legte dort 1928 die Konzertreifeprüfung ab. Ein Klavier- und Musikstudium in Berlin schloss sich bis 1931 an. Darauf folgte die selbstständige Tätigkeit als Konzertpianist und Klavierlehrer sowie ab 1933 eine Lehrtätigkeit an einem privaten Konservatorium in Braunschweig. 1935 trat er in die NSDAP ein und wurde Mitglied der SA.

Nach Heirat und Familiengründung wechselte Kurt Lichdi den Beruf und war ab 1937 als Kaufmann im Vorstand des vom Vater gegründeten Lebensmittelfilialbetriebs „Gustav Lichdi AG“ in Heilbronn tätig. Ab 1939 wurde er als Soldat überwiegend in der Flugabwehr an der Kanalküste eingesetzt. 1944 kam er, nun als Offizier, in englische Gefangenschaft. Nach seiner Rückkehr nach Heilbronn im Jahr 1947 wurde er in einem Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer“ eingestuft. Als alleiniger Vorstand der Gustav Lichdi AG baute er energisch, tatkräftig und entschlussfreudig den Lebensmittelfilialbetrieb aus und entwickelte mit dem ersten Selbstbedienungsladen auch in die Zukunft weisende Verkaufsformen.

Kurt Lichdi war Mitglied im Rotary-Club Heilbronn und Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Heilbronn. Wegen seiner Verdienste um das „Württembergische Kammerorchester Heilbronn“, das er 1960 mitbegründet und in seiner Funktion als 1. Vorsitzender des Orchestervereins zwischen 1961 und 1978 gefördert hatte, wurde ihm anlässlich seines 70. Geburtstages 1977 das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Nachdem 1973 die Aktienmehrheit der Gustav Lichdi AG verkauft worden war, zog er sich in den Ruhestand zurück.

Seine Heimatgemeinde Heilbronn wählte ihn 1948 zum Prediger und 1958 zum Ältesten. In den Jahren 1962 bis 1974 war er Vorsitzender des →Verbandes der Deutschen Mennonitengemeinden, einem etwa 2000 Mitglieder umfassenden Zusammenschluss süddeutscher Mennonitengemeinden. Im selben Zeitraum war er auch Vorsitzender des aus allen Gemeinden des Verbandes bestehenden Trägervereins der mennonitischen Tagungsstätte auf dem Thomashof bei Karlsruhe (→Bibelheim der Mennoniten Thomashof e.V.). In seine Amtsperiode als Vorsitzender des Vereins fällt die Renovierung des Gemeindesaals der Tagungsstätte 1963 sowie die Einweihung des Erweiterungsbaus „Gartenheim“ 1967. 1962 nahm er als Delegierter des Verbandes an der →Mennonitischen Weltkonferenz in Kitchener/Kanada teil. Ab 1969 engagierte er sich als Mitglied der Herausgeberkommission der internationalen Gemeindeblattes Der Mennonit auch im publizistischen Bereich.

Während seiner Zeit als Vorsitzender des Verbandes genoss er eine große, allgemein anerkannte Autorität in geistlichen und organisatorischen Belangen. In seinen Predigten zeigte er sich als kritischer Zeitgenosse und aufmerksamer Beobachter des moralischen Verfalls einer gottfernen Gesellschaft, der er die Botschaft des christlichen Glaubens und einer in christlichen Prinzipien verwurzelten Moral entgegenhielt. Dem Problem der kleinen und Kleinstgemeinden des Verbandes versuchte er durch eine Aktivierung aller Gemeindeglieder und die Förderung der unterschiedlichen Begabungen innerhalb der Gemeinden im Sinne des Priestertums aller Gläubigen zu begegnen.

Nachruf

Rüdiger Fellmann, Nachruf, in: Die Brücke 3/2000, 30.

Ulrike Arnold

 
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