Regehr, Ernst

geb. am 15. Juli 1903 in Altmünsterberg, Westpreußen, gest. am 28. Februar 1970 in El Ombu, Uruguay; Ältester in Westpreußen und Uruguay.

Ernst Regehr versah seinen Dienst für Mennonitengemeinden in Westpreußen und Uruguay auf verschiedene Weise. Er wollte Missionar werden und bereitete sich darauf am Johanneum in Barmen vor. Schließlich aber kehrte er auf den Bauernhof zurück und wurde am 24. August 1930 als Prediger in der Gemeinde von Rosenort im Großen Werder eingesetzt. Am 11. März 1934 wurde er zum Ältesten dieser Gemeinde ordiniert. In den frühen dreißiger Jahren half er am Aufbau der organisierten Jugendarbeit und der Sonntagsschule mit. Er selbst betreute eine neu gegründete Jugendgruppe in seiner Gemeinde. In den frühen 1940er Jahren zählte die Gemeinde ungefähr 500 Mitglieder und fast 300 Kinder. Im Januar 1945 flohen die meisten Gemeindeglieder vor der heranrückenden russischen Armee, bis 1947 konnte Regehr nur noch 150 Mitglieder seiner früheren Gemeinde wieder auffinden, die in Flüchtlingslagern Dänemarks Unterkunft gefunden hatten. Von hier aus stellte das →Mennonite Central Committee (MCC) einen Transport von ungefähr 750 Flüchtlingen zusammen, die 1948 nach →Uruguay ausreisten. Ungefähr zwei Drittel dieser Flüchtlinge siedelten 1950 in der Gegend von El Ombu ungefähr 300 km von der Hauptstadt Montevideo entfernt. Am 10. März wurde die Danziger Mennonitengemeinde von El Ombu gegründet und wählte Ernst Regehr zu ihrem Ältesten. Diese Gemeinde wurde sogenannt, weil viele Gründungsmitglieder aus dem früheren Freistaat Danzig kamen. Gemeinsam mit Gemeindegliedern aus zwei anderen Kolonien und der Gemeinde in der Hauptstadt (Gustav →Reimer) fand sich die Danziger Gemeinde 1953 zur Konferenz der Mennonitengemeinden in Uruguay mit Regehr an ihrer Spitze zusammen.

Nach 1945 konzentrierte sich Regehrs Dienst darauf, die verstreute Herde zu besuchen und zu sammeln, zunächst in Dänemark und dann in Uruguay. Sein Name erscheint nicht auf den Verträgen, die von den uruguayischen Mennoniten geschlossen wurden. Seine Führungskraft konzentrierte sich vielmehr darauf, den Familien in außergewöhnlich schweren Zeiten Trost und Mut zuzusprechen. Er reiste unter schlechten Bedingungen umher, um die zerstreuten Mennoniten Uruguays aufzusuchen und verteilte selbstgefertigte Aufzeichnungen mit Bibeltexten und Gedichten, um die mutlos gewordenen Menschen damit wieder aufzurichten.

Nach seinem Besuch der →Mennonitischen Weltkonferenz 1967 in Amsterdam plante er, nach Westdeutschland zu seinem jüngeren Sohn Günter zu ziehen. Zur Vorbereitung darauf verkaufte er 1968 seinen Hof, trat als Ältester zurück und zog in die Delta-Siedlung, wo seine Tochter Marilse und sein ältester Sohn Ernst lebten. Die angeschlagene Gesundheit seiner Frau und später auch die eigene erlaubten ihm aber nicht mehr eine solche Veränderung.

Das Gemeindestatut seiner Kirche in El Ombu von 1953 hob die theologischen Themen stark hervor, die für ihn in allem Wandel konstant geblieben waren. Jesus Christus war der Eckstein des Gemeindelebens, wie es in 1. Kor. 3, 11 heißt. Diese Stelle war das Organisationsprinzip dieses Dokuments, wie es dieser Wahlspruch von Menno Simons auch war. Die Taufe der Erwachsenen auf das Bekenntnis des Glaubens hin, Nachfolge, Feier des Abendmahls, Kirchenzucht, die Trennung von Kirche und Staat, die Verweigerung des Eides: das waren allesamt wichtige Kennzeichen der Kirche. Der Militärdienst war ein Zankapfel in der Gemeinde und wurde der Entscheidung des Einzelnen überlassen. Kirchliche Ämter, darunter der Dienst der Laienprediger, wurden in der Tradition der westpreußischen Gemeinden organisiert. Als er die Gemeinden und Siedlungen der Mennoniten in Uruguay organisierte, bemerkte Regehr, dass einzelne Flüchtlinge in Kanada nach dem Krieg sicherlich schneller vorangekommen seien, aber dort hatte man sich mehr um den Familienverband als um die Gestalt der Gemeinde gekümmert. In El Ombu wurde ein Teil des monatlichen Einkommens eines jeden Gemeindegliedes, zunächst 25 % und dann für eine gewisse Zeit sogar 50 %, an die Lagerkasse abgeführt. Eine solche Maßnahme, eine Gemeinde aufzubauen und nicht nur Einzelnen und Familien behilflich zu sein, war für Regehr eine Frage geistlicher Ordnung, die auf biblische Forderungen ebenso wie auf historische Beispiele aus dem Täufertum vom 16. bis ins 20. Jahrhundert gegründet war.

Veröffentlichungen

Gemeinde Rosenort, in: Mennonitische Blätter 80, Nr. 7/8, 1933, 81 f. - Geschichts- und Predigertabelle der Mennonitengemeinde Rosenort, Elbing um 1936. - Gemeindestatut der Danziger Mennonitengemeinde in El Ombu (Uruguay), in: Mennonitischer Gemeindekalender 1953, 63–66 (mit Christian Hege, Art. Rosenort aus: Mennonitisches Lexikon 3, 544–546). - Meilensteine, in: Der Bote 35, Nr. 40 und 42, Oktober 1958, 4, 4 f.

Literatur

Ältester Ernst Regehr erkrankt, in: Bibel und Pflug 16, Nr. 27, September 1969, 1. - W. Dück, Ältester Ernst Regehr, in: Bibel und Pflug 17, Nr. 7, April 1970, 3. - Todesanzeige, in: Bibel und Pflug 17, Nr. 22, 16. November 1970, 3. - Klaus Dück, Nachruf für Ältesten Ernst Regehr (im Privatbesitz von Ernst Regehr Jr.).

Mark Jantzen

 
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