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Bern (Evangelische Mennoniten-Gemeinde)

1. Gründung und Entwicklung der Gemeinde

Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen zahlreiche Täuferfamilien aus dem Jura und dem Emmental aus Berufs- oder Ausbildungsgründen in die Stadt Bern oder deren nähere Umgebung. Um den Zugezogenen eine neue kirchliche Heimat zu bieten, sorgten Gemeindeälteste aus dem Jura und dem Emmental ab April 1959 für regelmäßige Treffen in der Zeughausgasse 39, die im Zentrum Berns liegt. Bald konnte ein gemischter Chor gebildet und die Gemeinde selbst am 2. September 1963 von 39 eingeschriebenen Mitgliedern unter dem Namen „Altevangelische Taufgesinnten Gemeinde (Mennoniten) Bern“ gegründet werden. Als die Konferenz der Alttäufer 1983 ihren Namen in →Konferenz der Mennoniten der Schweiz (Alttäufer) änderte, wurde auch der Name der Berner Gemeinde in „Evangelische Mennoniten-Gemeinde (Alttäufer) Bern“ abgeändert.

Die Gemeinde wuchs langsam, aber stetig bis auf 166 Mitglieder im Jahr 1982 an. In dieser Zeit kamen junge Mitglieder anderer Gemeinden aus Ausbildungsgründen nach Bern und fanden Anschluss in der Jugendgruppe oder im Chor, sie halfen in der Sonntagsschule mit und besuchten die Gottesdienste. Sie waren eine große Bereicherung für das Gemeindeleben.

Das Heimweh nach der Stammgemeinde mit ihren Traditionen und der Wunsch nach Unabhängigkeit und Freiheit standen oft in hartem Widerspruch zueinander. Dies führte zu großen Herausforderungen und teilweise auch zu Konflikten. Im Zuge dieser Schwierigkeiten entschieden sich einige Gemeindemitglieder für den Wechsel zu einer anderen Gemeinde oder Kirche, andere wählten ein Leben ohne Gemeinde. Dadurch verkleinerte sich die Gemeinde, seit einigen Jahren hat sie sich auf eine Größe von etwa 125 Personen eingependelt.

2. Versammlungsorte

Die Mennoniten-Gemeinde Bern zeichnet sich durch ihre „Nicht-Sesshaftigkeit“ aus. Sie besitzt bis jetzt keine eigenen Räumlichkeiten, sie war in ihrer Geschichte immer Mieterin. Zuerst während mehr als zwei Jahrzehnten im Evangelischen Vereinshaus (Zeughausgasse 39), ab Januar 1986 in der Methodistenkapelle Wesley im Breitenrainquartier. Da der Kauf der Kapelle die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde überstieg, wurde 1998 ein weiterer Umzug notwendig. Die Gemeinde fand im Blaukreuzhaus Ostermundigen ein neues Zuhause bis Januar 2013. Dann kam auch diese Liegenschaft zum Verkauf und die Gemeinde stand vor der Frage, wo sie ihre Priorität setzen sollte, auf den Erwerb einer Liegenschaft oder auf die Anstellung einer Person für die Gemeindearbeit. Die Gemeinde entschied sich für die Pflege der Gemeindearbeit.

Eine neue Unterkunft fand die Gemeinde im Gemeindehaus Burgfeld, das zur Reformierten Kirchgemeinde Nydegg, einer historischen Kirche in der Altstadt Berns, gehört. Die Kirchgemeinde Nydegg brachte ihre Freude über den Einzug der täuferischen Gemeinde mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Wir freuen uns sehr, dass Ihr bei uns einzieht! Wir freuen uns auf eine sympathische Nachbarschaft und auf eine gute Zusammenarbeit." Erfreut ist auch die Mennonitengemeinde, dass es nach Jahrhunderten der Verfolgung und nach verschiedenen Zeichen der Versöhnung in den letzten Jahrzehnten nun zu einem solchen Zusammenrücken mit der Reformierten Kirche kommen konnte. Gelegentlich werden auch einige Gottesdienste miteinander gefeiert.

Die Liegenschaft Burgfeld wurde Ende 2017 an die Stadt Bern verkauft und zu einem Schulhaus umgebaut. Anfang 2018 zog die Gemeinde in ein anderes Gemeindehaus der Nydeggkirche an der Schosshaldenstrasse 43 in Bern. Das Haus wurde im Januar 2019 zum neuen Quartierzentrum «Träffer», in welchem die Mennoniten-Gemeinde eine der Hauptmieterinnen ist.

3. Dienste

Zu Beginn der Versammlungen in Bern wurden viele Dienste von Hans Rüfenacht, Prediger der Alttäufergemeinde Emmental, im Auftrag der Konferenz der Mennoniten der Schweiz wahrgenommen. Im Jahre 1964 wurde Paul Baumann von der Konferenz zum Prediger der Gemeinden Bern, Brügg und La Chaux-d'Abel gewählt.

Nach Paul Baumann als Prediger in der Startphase der Gemeinde gab es immer Zeiten mit angestellten Predigern (Jean-Michel Ummel, Ernst Gerber, Hansulrich Gerber, Korni Siemens) sowie Zeiten, in welchen alle Arbeiten ehrenamtlich im Sinne des „allgemeinen Priestertums“ ausgeführt wurden. Solche Phasen brachten aber die engagierten Gemeindeglieder auch oft an ihre Grenzen. Der Berufsalltag nimmt heute die Personen viel mehr in Anspruch als früher, oftmals sind beide, Mann und Frau, im Berufsleben stark gefordert, so dass weniger Zeit und Kraft für die Gemeinde bleibt als noch vor Jahren. Darum wurde von Dezember 2012 bis September 2015 Johanna Spittler, lutherische Pfarrerin, teilzeitlich engagiert. Seit Oktober 2015 ist nun Dr. theol. Jürg Bräker zu 50% angestellt. Jürg Bräker ist ebenfalls Generalsekretär der Konferenz der Mennoniten der Schweiz (KMS) und in der Mennonitischen Weltkonferenz engagiert.

4. Gemeindeprogramm heute

Die Hauptveranstaltung der Gemeinde ist der sonntägliche Gottesdienst, zugleich findet Sonntagsschule und Kirchlicher Unterricht statt. Es gibt eine aktive Jugendgruppe. Gemeindeglieder treffen sich zu Besinnung und Gebet, ebenso die Gruppe 60-plus. Einmal im Jahr findet ein Gemeindewochenende auswärts statt. Die Gemeinde feiert regelmäßig zusammen mit der Reformierten Kirchgemeinde Nydegg Gottesdienst und beteiligt sich aktiv am ökumenischen Leben in Bern. Außerdem engagiert sie sich im Haus der Religionen und in der Nacht der Religionen.

5. Theologische Orientierung, Beziehungen zu Mennoniten weltweit

Die Gemeinde orientiert sich bewusst an der Theologie der →Täufer und pflegt den Kontakt zum Theologischen Seminar →Bienenberg bei Basel. Die unterschiedlichen Personen, die sich an der Verkündigung in der Gemeinde beteiligen, bringen unweigerlich auch eine Vielfalt in der Auslegung der Heiligen Schrift mit sich, was in erster Linie als eine Bereicherung erfahren wird.

Die Gemeinde arbeitet aktiv in der Konferenz der Mennoniten der Schweiz (KMS) mit und pflegt Beziehungen zu deren Gemeinden. Sie engagiert sich auch in Projekten der Nothilfegruppe der Schweizerischen Mennonitischen Mission (SMM). Etliche Personen aus der Gemeinde waren in der Vorbereitung und Durchführung der Mennonitischen Europäischen Regionalkonferenz in Sumiswald stark engagiert (MERK 2012). Darüber hinaus werden die Kontakte zur →Mennonitischen Weltkonferenz (MWK) gepflegt, auch durch die jahrelange aktive Mitarbeit einiger Gemeindeglieder in deren Gremien. Prägend für die Gemeinde war die Entschuldigung des bernischen Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektors, Regierungsrat Christoph Neuhaus, der anlässlich der Nacht der Religionen 2017 die Täufer um Vergebung für erlittenes Unrecht bat.Im August 2018 wurde der Stationenweg zur Täufergeschichte in der Stadt Bern eröffnet, ein spannendes Projekt, das gemeinsam mit der reformierten Kirchgemeinde Münster entwickelt worden ist.

Literatur

Moisés Mayordomo und Elsbeth Zürcher, Das moderne Täufertum zwischen Pluralität, Gemeindeautonomie und Tradition am Beispiel der Mennonitengemeinde Bern, in: Mennonitica Helvetica 30, 2007, 265–288.

Anschrift der Gemeinde

Evangelische Mennoniten-Gemeinde (Alttäufer) Bern Schosshaldenstrasse 43, CH 3006 Bern www.mennoniten-bern.ch

Erwin Röthlisberger

 
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