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Drittes Reich

Mennoniten und der Nationalsozialismus

1. Herausforderung durch den Nationalsozialismus

Die nationalsozialistische Partei, die 1933 mit Adolf Hitler auf parlamentarische Weise an die Macht im deutschen Staat gelangte, hat nicht nur staatliche und gesellschaftliche Institutionen, Verbände, Vereine, Presse, Wissenschaft und Kunst mit erheblichem politischen Druck „gleichzuschalten“ versucht, sondern auch die evangelischen Landeskirchen und die Römisch-katholische Kirche, ebenso die Freikirchen und religiösen Gemeinschaften. Die tief durchfurchte und zerklüftete konfessionelle Landschaft war dem nationalsozialistischen Regime, das einer Ideologie rassischer Überlegenheit des deutschen Volkes in seiner Geschlossenheit verpflichtet war, ein Dorn im Auge. So gab die nationalsozialistische Propaganda die Losung aus, zumindest im Protestantismus die Gründung einer Deutschen Reichskirche anzustreben. Andererseits war der politischen Führung eine zersplitterte kirchliche Landschaft durchaus recht, denn so ließ sich der öffentliche Anspruch der Kirchen, sollten sie geschlossen auftreten, schwächen. Für die Mennoniten war das eine schwer durchschaubare, prekäre Situation. Einerseits öffnete sich ihnen die Chance, den Makel einer „Winkelsekte“ endlich los und nach jahrhundertelanger Sonderexistenz am Rande der Gesellschaft voll anerkannte Glieder der Volksgemeinschaft zu werden; andererseits fühlten sie sich davon bedroht, ihre konfessionelle Identität zu verlieren und sich in die Religiosität der Deutschen Christen schicken zu müssen. So erklärt sich die anfänglich geradezu euphorische Zustimmung zur Politik Adolf Hitlers und die mehrheitlich reservierte bzw. kritische Haltung gegenüber den Deutschen Christen. Offensichtlich meinten die Mennoniten, jetzt wieder finden zu können, was ihnen im Übergang von der Adelswelt zur Bürgerwelt verloren gegangen zu sein schien: der von Gott gesandte, gnädige Herrscher auf der einen Seite, der sie ihres Glaubens leben ließ und ihnen Schutz gewährte, und die staatskirchliche Geistlichkeit auf der anderen Seite, die ihnen feindlich gesonnen war und das Recht auf eine kirchliche Sonderexistenz bestritt. Beides hat ihnen geholfen, sich gegenüber der staatlichen Führung willfährig zu verhalten und den religiösen Nonkonformismus der Täufer durch die Jahrhunderte hin zu bewahren – insgesamt freilich in einer abgemilderten Form. Dass die nationalsozialistische Gleichschaltungspolitik aber auch den Kern ihrer religiösen Existenz in Mitleidenschaft ziehen würde, war für sie in dieser Situation wohl nur schwer zu erkennen.

Forschungsstand

Die Forschungen zur Geschichte der Freikirchen unter dem Nationalsozialismus wurden erst im Zuge der allgemeinen gesellschaftskritischen Aufarbeitung der Vergangenheit am Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts aufgenommen, nachdem die Untersuchungen zur Geschichte der evangelischen Kirche und der römisch-katholischen Bistümer im Dritten Reich bereits in vollem Gange waren. Für die Mennoniten in Deutschland hat Hans-Jürgen Goertz diese Forschungen mit seinem Aufsatz über Nationale Erhebung und religiöser Niedergang (1974/75) eröffnet und die Naivität vieler Mennoniten kritisiert, mit der die Diskrepanz zwischen dem grundsätzlichen Einvernehmen mit der nationalsozialistischen Staatsführung und dem täuferisch-mennonitischen Erbe, überspielt wurde, das sich eigentlich gegen den Totalitätsanspruch des Staates hätte sperren müssen. Dagegen hat sich Diether Götz Lichdi mit seiner Darstellung der Mennoniten im Dritten Reich (1977) auf breiterer Quellenbasis gewandt und um mehr Verständnis für das Verhalten der Mennoniten in dieser schwierigen Zeit geworben. Schließlich haben beide Autoren einen Weg gefunden, das historische und theologische Urteil in Zukunft weder mit entrüsteter Anklage noch mit verharmlosender Apologie zu belasten (Lichdi und Goertz, Gemeinsame Erklärung, 1978). Schon vorher hatte der kanadische Historiker Frank H. →Epp mit seiner unveröffentlichten Dissertation An Analysis of Germanism and National Socialism in the Immigrant Newspapers of a Canadian Minority Group, the Mennonites, in the 1930s (Univ. of Minnesota, 1965) die Aufmerksamkeit auf das Thema „Mennoniten und Nationalsozialismus“ gelenkt. Anstöße für weitere Diskussionen gingen dann von der Leipziger Dissertation des methodistischen Pfarrers Karl Zehrer über Evangelische Freikirchen und das Dritte Reich (1986), von der Dissertation Andrea Strübinds über die Baptisten im Dritten Reich unter dem Titel Die unfreie Kirche (1991) und der Berner Dissertation Herbert Strahms über Die Bischöfliche Methodistenkirche im Dritten Reich (1993) aus. Inzwischen sind weitere Untersuchungen gefolgt: z. B. die Darstellung von Hans A. Schmitt über Quakers and Nazis: Inner Light in outer Darkness (1997), vorher schon von Michael Seadle über Quakerism in Germany: The Pacifist Response to Hitler (Diss. Chicago 1977), von Gerhard Besier und Clemens Vollnhals über die Zeugen Jehovas unter der NS- und SED-Diktatur (2003) oder Gerald Hacke über Die Zeugen Jehovas im Dritten Reich und in der DDR (2011), und von Johannes Hartlapp über die Siebenten-Tags-Adventisten im Nationalsozialismus ( 1979 und 2008). Schon früher waren die Darstellungen von Peter Klassen über Die deutsch-völkische Zeit in der Kolonie Fernheim, Chaco-Paraguay: 1933 – 1945 (1990) und von John D. Thiesen über Mennonite and Nazi? Attitudes Among Mennonite Colonists in Latin America, 1933 – 1945 (1999) erschienen. Unlängst wurde auf die Zusammenarbeit mennonitischer Landwirte und Geschäftsleute mit dem Konzentrationslager in Stutthof bei Danzig und auf die Hinrichtung von Juden in der Ukraine hingewiesen, an der Mennoniten beteiligt waren (Gerhard Rempel, Mennonites und der Holocaust, 87–133). Damit öffnet sich eine neue Dimension mennonitischer Verwicklung in die Ereignisse des Dritten Reichs. An diesen Forschungen hat schließlich ein umfangreicher Sammelband von Vorträgen und Aufsätzen angeknüpft, der von Marion Kobelt-Groch und Astrid von Schlachta unter dem Titel Mennoniten der NS-Zeit (2017) herausgegeben wurde. Die Quellenbasis ist erweitert und der Blick für die „Stimmen, Lebenssituationen, Erfahrungen“ (Untertitel) der Gemeindeglieder geschärft worden. So ist ein facettenreiches Bild vom Verhalten der Mennoniten im Dritten Reich entstanden, das zu nuancierten Urteilen über diese leidvolle Geschichte einer kleinen Konfession unter einem totalitären Regime führen wird, als es bisher geschehen ist.

Sicherlich ist es noch zu früh, eine Gesamtdarstellung der Freikirchen im Dritten Reich zu fordern; wohl aber wird es sinnvoll sein, die Geschichten der einzelnen Freikirchen und religiösen Gemeinschaften stärker als bisher aufeinander zu beziehen. Einen ersten Schritt in diese Richtung hat kürzlich James Irvin Lichti mit seiner in Los Angeles bei dem Shoa-Historiker Saul Friedländer geschriebenen Dissertation über Pacifist Denominations in Nazi-Germany (Untertitel) unternommen. Er hat die Mennoniten, die Siebenten-Tags-Adventisten und die Quäker untersucht und keinen Zweifel daran gelassen, dass die deutschen Freikirchen in ihrem Widerstand gegen das Nazi-Regime „do not appear substantial“ (Lichti, Houses, 258 f.). Sie sind im Selbstwiderspruch zwischen der staatlich verordneten Trennung von Kirche und Staat, die sie als Bestätigung ihres freikirchlichen Gemeindeverständnisses begrüßten, und ihrer Anhänglichkeit an den gnädigen Herrscher, dem sie sich als willfährige Untertanen oder Bürger erweisen wollten, aufgerieben worden.

2. Neuorientierung der Mennoniten in Deutschland

Als Adolf Hitler an die Macht kam, fühlten westpreußische Mennoniten sich veranlasst, den neuen Reichskanzler in einem Huldigungstelegramm zu grüßen: Die Konferenz der Ost- und Westpreußischen Mennoniten „empfindet mit tiefer Dankbarkeit die gewaltige Erhebung, die Gott durch Ihre Tatkraft unserm Volk geschenkt hat und gelobt auch ihrerseits freudige Mitarbeit am Aufbau unseres Vaterlandes aus den Kräften des Evangeliums heraus, getreu dem Wahlspruch unserer Väter: Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“ (10. September 1933). Wie weite Teile der Bevölkerung hatten auch die deutschen Mennoniten unter den politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Weimarer Republik gelitten, unter der Ungewissheit der Situation und dem „Gewirr der Meinungen“ auf geistlichem, sittlichem und religiösem Gebiet (Zeitdiagnose von Erich →Göttner). Vor diesem Erlebnishintergrund und der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, vor allem für die Landwirtschaft, musste Folgendes einen tiefen Eindruck auf die Mennoniten hinterlassen: das Bekenntnis des neuen Staates zum „Christentum als einer geistlichen Macht, die grundlegend ist für das Volksleben und das Bestehen des Staates“, das Versprechen der nationalsozialistischen Propaganda, eine geschlossene Volksgemeinschaft heraufzuführen, wie Erich Göttner auf der erwähnten September-Konferenz 1933 formulierte, und die entschiedene Absicht der Regierung, ein starkes Bollwerk gegen den Bolschewismus in Russland zu errichten, wo ihre Glaubensbrüder seit der Oktoberrevolution 1917 großen Repressalien ausgesetzt waren. Noch 1936 schrieb Benjamin H. Unruh an J. Siemens, den Oberschulzen der Mennonitenkolonie Fernheim in Paraguay: „Wir stehen auch 100 % zu Adolf Hitler in seinem von Gott ihm gegebenen Beruf, Deutschland aus dem Chaos herauszuführen und damit auch Europa und die Welt gegen das bolschewistische Verderben zu stützen und zu schützen“ (Unruh, Fügungen und Führungen, 396).

Die Euphorie, die von der „nationalen Erhebung“ ausging, wich bald den Problemen, die sich den Mennonitengemeinden mit dieser neuen Situation stellten. Dabei ging es um die Frage, ob die Gemeinden bereit seien, sich eine Organisationsstruktur im Sinne des Führerprinzips zu geben, um auf den totalitären Anspruch der Staatsführung mit einer Stimme reagieren zu können. Auch ging es darum, sich unter einem Bekenntnis zu einer Einheit zusammen zu schließen, die Vereinigung der Mennonitengemeinden im Deutschen Reich (→Vereinigung) und der Badisch-württembergisch-bayerische Gemeindeverband (→Verband), um sich gemeinsam als Kirche in eine Deutsche Evangelische Reichskirche eingliedern zu lassen. Schließlich mussten sie sich über das Friedenszeugnis der Gemeinden Klarheit verschaffen, da die angekündigte Wiederaufrüstung Deutschlands die Gemeinden vor das Problem der Allgemeinen Wehrpflicht stellte. Mit dem staatlichen Bemühen, die Bevölkerung in ganz unterschiedlichen Institutionen eng an das nationalsozialistische Regime zu binden (Parteiorganisationen, Arbeitsdienst, Jugendbünde, militärische Einrichtungen), drängte sich den Mennoniten das Problem auf, ihr ererbtes Sondermerkmal der Eidesverweigerung in Verhandlungen untereinander, mit staatlichen Behörden und Parteiorganisationen zu klären. Schließlich begannen sich erste Erfahrungen mit staatlichen Maßnahmen auszuwirken, die darauf hinausliefen, die Jugendarbeit einzuschränken oder zu kontrollieren, die Publikationen zu überwachen und gelegentlich auch die Gottesdienste zu beobachten.

Kirche und Bekenntnis

In den mennonitischen Gemeinden wurde bald erkannt, dass sie sich im Neuordnungsprozess des Staates nur behaupten könnten, wenn sie als Kirche mit einer Stimme sprechen. Die bisherigen Zusammenschlüsse im Norden und Süden reichten nicht aus, um das Kriterium einer Kirche bei der konfessionellen Neuordnung des allgemeinen Kirchenwesens zu erfüllen. Einen Zweckverband zu schaffen, der für alle Mennoniten in kirchenpolitischen Angelegenheiten tätig sei, wie der zu den Gesprächen beratend hinzugezogene Benjamin H. →Unruh zunächst meinte, war zu wenig. Wollten die Mennoniten das Odium einer „Winkelsekte“ endgültig los werden, mussten sie sich auf eine Bekenntnisgrundlage stellen, ähnlich wie die im Juli 1933 gegründete Deutsche Evangelische Reichskirche, und geschlossen als Kirche auftreten. Gleichzeitig war das Bekenntnis auch das einzige Mittel, den versuchten Übergriffen der Deutschen Christen auf die Freikirchen zu widerstehen. In die Gespräche um die zukünftige Rolle der Mennonitengemeinden beim Aufbau der Volksgemeinschaft mischten sich viele Stimmen ein: Vertreter von Vereinigung und Verband, Sprecher verschiedener Konferenzen und der Jugend, Berater aus Hilfswerken und Flüchtlingsorganisationen, Parteifunktionäre in den eigenen Reihen und Privatpersonen. So wenig sich in den traditionell autonom neben- und miteinander bestehenden Gemeinden ein Konsens einstellen wollte, so schnell wuchs doch die Einsicht, dass das Konzept einer „Gemeindekirche“, in dem sich kongregationalistische (Gemeinde) und volkskirchliche (Kirche) Elemente miteinander verbanden, wohl die richtige Antwort auf die Herausforderung durch die neuen Verhältnisse in Staat und Kirche waren. Umstritten blieb aber der Weg dorthin.

Ein Bekenntnis gemeinsam zu formulieren, war für die Mennonitengemeinden ein besonderes Problem, da es in ihrer Tradition eine unterschiedliche Einstellung zu Bekenntnissen gab: von grundsätzlicher Ablehnung korporativ verbindlicher Bekenntnisse bis zur Bindung des einzelnen Gemeindegliedes an eine bekenntnishafte Anerkennung christlicher Grundanschauungen, die frei formuliert worden war. Diese Tendenz wurde dann auch von Unruh begrüßt und mit diplomatischem Geschick weiterverfolgt (s. seine Stellungnahmen Zur Kirchenfrage). Die Gespräche zwischen den Vereinigungs- und Verbandsgemeinden konzentrierten sich schließlich auf die Formulierung eines kurzen oder eines langen Bekenntnisses. Das „Bekenntnis zu Jesus als dem Christus, dem einen Herrn der Gemeinde“ (Gustav →Kraemer, Krefeld) war das kurze Bekenntnis, das jedem Gemeindeglied erlaubte, den eigenen Glauben im praktischen Lebensvollzug zu verwirklichen. Das große Bekenntnis schloss dieses Christusbekenntnis ein, legte es aber in dogmatisch verbindlicher Weise weiter aus. Die Gegner des großen Bekenntnisses wollten das Gewissen nicht an dogmatisch umstrittene oder unterschiedlich auslegbare Aussagen binden. Im Laufe der Zeit sind diese Gespräche aber mit der entschiedenen Ablehnung eines kleinen Bekenntnisses durch den Verband im Juli 1934 gescheitert. Der Schaden war allerdings nicht so groß, weil die heftigen Diskussionen mit Gründung der Deutschen Evangelischen Kirche im Sommer 1933 bereits abflauten und der Kirchenkampf zwischen Deutschen Christen und der Bekennenden Kirche bzw. der Bekennenden Kirche und den nationalsozialistischen Behörden und Organisationen die Bemühungen, auch die Freikirchen in den Einigungsprozess einzubinden, zu überschatten begann. So war die Entscheidung des Verbandes, die Gespräche um eine reichsweite Einigung der Mennoniten abzubrechen und zu warten, „bis die Reichsregierung mit irgendeiner Forderung an uns herantritt“, durchaus realistisch. Offensichtlich hatte der Reichsregierung das Maß der Selbstgleichschaltung in den Freikirchen bereits genügt, so dass ein organisatorischer Anschluss an die Reichskirche überflüssig geworden war. Bei aller Meinungsverschiedenheit und auch abgestufter Beurteilung der neuen politischen Entwicklung drückte sich in folgender Stellungnahme auch über das Scheitern der „Gemeindekirche“ hinaus ein breiter Konsens aus: „Willig dienen wir (deshalb) unserer alten und großen Überlieferung gemäß der inneren und äußeren Wohlfahrt von Volk und Vaterland und dazu insbesondere einer Verbindung der Heimat mit den vielen Tausend Auslandsdeutschen mennonitischen Glaubens“ (Menn. Blätter 1933, 7/8, 76). Den Mennoniten ging es um „eine innere Erneuerung als Grundlage neuer Volksgemeinschaft“ (Menn. Blätter 1933, 3, 88).

Friedenszeugnis und Wehrpflicht

Zur Zeit der Weimarer Republik war die Diskussion um die Aneignung der täuferischen Forderung nach Friedfertigkeit und Verweigerung des Waffendienstes abgeflaut. Zuviele Mennoniten hatten sich im Ersten Weltkrieg bereits am Waffendienst beteiligt, als dass eine solche Haltung noch ernsthafte Diskussionen in den Mennonitengemeinden ausgelöst hätte. Hinzu kam, dass es keine Allgemeine Wehrpflicht mehr gab, die friedfertige Mennoniten in Gewissensnot hätte bringen können. Erst als zu Beginn des Dritten Reichs die Wiederaufrüstung Deutschlands angestrebt wurde, stellte sich den Mennoniten das alte Problem des Kriegsdienstes von Neuem. Zwar hielten einige Mennoniten an dem ererbten Prinzip der Wehrdienstverweigerung fest, zumindest in der Form der Nichtbeteiligung am Waffendienst, die Mehrheit jedoch entschied sich mit der neuen Verfassung der Vereinigung der deutschen Mennonitengemeinden dafür, es jedem Gemeindeglied selbst zu überlassen, der Wehrpflicht nachzukommen, wenn zu den Waffen gerufen wird, oder nach anderen Lösungen zu suchen. Es hieß, „daß die Schicksalsverbundenheit mit dem deutschen Vaterland im Weltkrieg und durch die nationale Revolution dem Gedanken keinen Raum mehr läßt, als Gemeinde den Standort der Väter noch beizubehalten“ (Menn. Blätter 1933, 7/8, 73). Mit diesem Beschluss waren die Mennoniten der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht 1935 zuvorgekommen und ein zu erwartendes Problem war in vorauseilendem Gehorsam aus dem Weg geräumt worden. Vom einfachen Gemeindemitglied bis in die Ränge der Prediger und Pastoren dienten Mennoniten seit Ausbruch des Krieges 1939 in der Wehrmacht oder in der Waffen-SS. Nur in seltenen Fällen wurde der Sanitäts- und Dolmetscherdienst angestrebt, gewöhnlich wurde in der regulären Truppe unter Waffen gedient.

Ernsthaft diskutiert wurde das ererbte Friedenszeugnis erst um 1936, als Bestrebungen im Gange waren, ein Internationales Mennonitisches Friedenskomitee im Anschluss an die →Mennonitische Weltkonferenz in Amsterdam 1936 zu gründen. Unter der Erklärung Das Friedensbekenntnis der Mennoniten, die von nordamerikanischen und niederländischen Mennoniten sowie von Vertretern der Neuhutterer und Richard Nickel, einem Mitglied der Danziger Mennonitengemeinde, unterzeichnet wurde, fehlt die Unterschrift offizieller Vertreter aus Deutschland. Die deutschen Mennoniten waren „aus Rücksichtsnahme aus innenpolitischen Gründen“ bei der Unterzeichnung im Fredeshiem von Steenwijk am 4. Juli 1936 nicht dabei (Protokollbuch II der pfälz.-hess. Vorsteherkonferenz, 56). Offensichtlich sollte nicht der Eindruck erweckt werden, die Mennoniten könnten wieder in ihr angestammtes, die Wehrkraft angeblich zersetzendes Friedenszeugnis zurückgefallen sein, was tatsächlich auch geschehen wäre, wenn die deutschen Mennoniten unterschrieben hätten, „all unseren Brüdern, die die Überzeugung in sich tragen, dass Gott sie dazu berufen hat, den Militärdienst zu verweigern, oder die genötigt sein sollten, wegen ihrer Friedensgesinnung zu leiden, geistige und materielle Hilfe leisten“ (Fredeshiem/Steenwijk, 4. Juli 1936). Eine Kritik an der militärischen Aufrüstung des deutschen Staates sollte unter allen Umständen vermieden werden.

Verhältnis zu Deutschen Christen und zur Bekennenden Kirche

Die religiöse Aufbruchstimmung zu Beginn des Dritten Reichs ist zweifellos mit der Glaubensbewegung der Deutschen Christen verbunden. In ihrer Theologie mischten sich neutestamentliche Anschauungen mit Aussagen über die religiöse Qualität von Blut und Boden, Rasse und Antijudaismus. Das Alte Testament wurde abgestoßen und Vorstellungen von der Überlegenheit der arischen Rasse, von Volksgemeinschaft und starker Führung entsprachen der weltanschaulichen Ideologie des nationalsozialistischen Regimes. Von Seiten der politischen Führung wurde strikt zwischen der nationalsozialistischen Partei und religiösen Bewegungen unterschieden. Das war für die Mennoniten ein willkommener Anlass, sich nicht die Religiosität der Deutschen Christen aufdrängen zu lassen, ja, deren theologische Grundanschauungen sogar zu kritisieren, ohne befürchten zu müssen, dass ihnen das als Illoyalität gegenüber der nationalsozialistischen Staatsführung ausgelegt würde. Im Süden wurden die Mennonitengemeinden von den Deutschen Christen auch weniger bedrängt als im Norden, Westen und Osten Deutschlands. So wird verständlich, dass unter den Mennoniten unterschiedliche Einstellungen zu den Deutschen Christen zu beobachten sind: Vorsichtig anerkennende Beurteilung (Benjamin →Unruh) und ablehnende Haltung (Erich →Göttner, Emil →Händiges, Horst →Quiring, Walter →Fellmann, Dirk →Cattepoel). Am wenigsten konnte die Ablehnung des Alten Testaments geduldet werden, gleichwohl fand das Argument, dass das Alte Testament selbst anti-semitische Züge trägt, auch in die Mennonitengemeinden Eingang. Schließlich aber wurde erst kürzlich festgestellt: „German Mennonite periodicals shamelessly condemned biblical Judaism as a nationalist and racist religion at the same time that they promoted German nationalism, called for the restoration of a „Christian Germany“, and advocated racial purity"(Lichti, Houses, 158).

Zur Bekennenden Kirche, in der sich evangelische Gemeinden und Pfarrer im Widerspruch zum Engagement für die Ideologie und die politischen Ziele des Nationalsozialismus nach der Gründung der Deutschen Evangelischen Reichskirche zusammenfanden und ihren Widerstand im Barmer Bekenntnis 1934 bekräftigten, bestanden gelegentlich hier und da Kontakte (Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 84–87), vor allem wenn es um die Ablehnung einer deutsch-christlichen Theologie und die radikaleren Forderungen der sich von der Reichskirchenleitung absetzenden Glaubensbewegung Deutsche Christen mit ihrer spektakulären, selbst von der deutsch-christlichen Reichskirchenführung abgelehnten Sportpalasterklärung (13. Nov. 1933) ging. Zurückhaltender wurde auf das Barmer Bekenntnis reagiert, das jede Vermischung von kirchlichen und staatlichen Angelegenheiten ablehnte und mit der Losung von der Königsherrschaft Christi den Totalitätsanspruch des Staates zurückwies, wenn damit eine deutliche Kritik an den konkreten Entscheidungen der Staatsführung verbunden wurde. Gelegentlich wurde Vertretern der Bekennenden Kirche vorgeworfen, dass sie die Grenzen des kirchlichen Einflusses auf den Staat nicht strikt genug beachteten. Zu einer engeren Zusammenarbeit der Mennoniten mit der Bekennenden Kirche war es nicht gekommen (mit der Ausnahme Johannes →Harders, der sich damals von den Mennoniten gelöst hatte und zeitweise Reisesekretär der Bekennenden Kirche war). Dietrich →Bonhoeffers Buch über die Nachfolge (1937), das unter nordamerikanischen Mennoniten starke Resonanz fand, wurde unter den Mennoniten in Deutschland nicht beachtet (so fehlt im Art. „Nachfolge“ des Mennonitischen Lexikons beispielsweise ein Hinweis auf dieses Buch).

Eidverweigerung als Problem

Der täuferische Grundsatz der Wehrdienstverweigerung wurde widerstandslos aufgegeben, nicht dagegen die Verweigerung des Eides gegenüber der Obrigkeit. Offensichtlich bemühten sich die Vertreter von Vereinigung und Verband in Verhandlungen mit den nationalsozialistischen Behörden und Parteiorganisationen, die gute Absicht der Mennoniten dem Staat gegenüber unter Beweis zu stellen. Sie wollten sich als zuverlässige, treue Staatsbürger bzw. Volksgenossen empfehlen, auf deren Wort unbedingt Verlass ist, und baten nur darum, die religiöse Schwurformel durch das ihnen schon von früheren Regierungen gewährte „Ich gelobe“ ersetzen zu dürfen. Die Loyalität dem Führer und dem Staat gegenüber war davon nicht negativ berührt. Die Aktivitäten, die darauf zielten, sich hierüber mit Staat und Partei zu einigen, ging vor allem von den offiziellen Vertretern der Mennoniten aus und weniger von den Gemeinden. Was den assertorischen Eid betraf (vor Gericht), konnte die alte Praxis oft erneuert werden. Problematisch war der promissorische Eid, also der Beamten- und Rekruteneid, vor allem aber der Eid, der beim Eintritt in die nationalsozialistische Partei zu leisten war. Hier war die Forderung der Parteiführung unerbittlich. Bis in die Kriegszeit hinein haben sich die Vertreter der Mennoniten in zahlreichen Kontakten bemüht, zum Ziel zu gelangen. Nur ein Vorstoß Benjamin Unruhs beim Reichsführer Heinrich Himmler brachte 1942 wohl einen Teilerfolg bei der Verpflichtungsformel für den Reichsarbeitsdienst (Schreiben im Auftrag des Reichsführers Himmler an B. H. Unruh vom 28. Februar 1944, s. Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 92). Andererseits begrüßte der Leiter der Parteikanzlei zwar den Eintritt von Mennoniten in die nationalsozialistische Partei, bestand aber weiterhin auf der vorgeschriebenen Eidesleistung (1938). Da die meisten Mennoniten bereit waren, den geforderten Eid zu leisten, wurde dieses Problem von der Parteiführung nicht sonderlich ernst genommen, zumindest nicht zum Nachteil der Mennoniten ausgelegt. Die Mennoniten hatten sich zwar auf die Eidesverweigerung der Täufer berufen, genau genommen aber hatte sich der Inhalt des Privilegs, den Eid verweigern zu dürfen, gegenüber den Vorfahren verändert. Aus einer provokanten Weigerung, sich auf andere Mächte als nur auf Gott zu verlassen, ist ein Zeugnis individueller Wahrhaftigkeit geworden, mit dem sich die Mennoniten als zuverlässige Partner der nationalsozialistischen Staats- und Parteiführung empfahlen, ohne ihr Gewissen gegenüber dem konfessionellen Erbe zu belasten (vgl. zur Eidfrage bes. D. G. Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 87–92: „Vergeblicher Kampf um die Eidformel"; neuerdings auch Lichti, Houses, 34 ff.).

Jugendarbeit

Von Anfang an hat sich die nationalsozialistische Führung um die Jugend bemüht und alles darangesetzt, die Jugendverbände und -gruppen der Gewerkschaften, der karitativen Verbände und der Kirchen mit der Hitlerjugend gleichzuschalten. Anders als in den evangelischen Landeskirchen und in der Römisch-katholischen Kirche zeichneten sich die Mennonitengemeinden zunächst kaum durch eine gut organisierte oder lebendige Jugendarbeit aus. Die Jugendarbeit wurde erst am Ende der Weimarer Republik allmählich aufgebaut. Zum einen entstand 1928 in kleinem Maßstab der so genannte Rundbriefkreis unter jüngeren Mitgliedern der Mennonitengemeinden und zum anderen wurde die Arbeit mit Jugendlichen in westpreußischen und süddeutschen Gemeinden von einem Jugendwart organisiert und betreut, der von der Konferenz der Süddeutschen Mennonitengemeinden und der Konferenz der westpreußischen Mennonitengemeinden gemeinsam berufen wurde. Der erste Jugendwart war Ernst Fellmann. Als die weiten Wege zwischen Westpreußen und Süddeutschland die Arbeit erschwerten, wurde die Jugendarbeit getrennt weitergeführt. In Westpreußen wurde sie von Aron Mäkelborger übernommen. Diese Arbeit konzentrierte sich auf Bibelarbeit und auf die Durchführung von Jugendtagen, die vor allem der Initiative des Danziger Predigers Erich →Göttner entsprangen. Mit diesem Engagement wollten die Gemeinden der Befürchtung entgegenwirken, ihre Jugend könne von der Euphorie der „nationalen Erhebung“ mitgerissen werden und mit ihrer Kraft ausfallen, den Bestand der Gemeinden in angefochtener Zeit sichern zu helfen. Solange die Jugendarbeit die Grenze zwischen politischer Betätigung und religiöser Erbauung respektierte, brauchte sie von Seiten der nationalsozialistischen Partei nichts zu befürchten. Probleme entstanden aber dort, wo ihre Veranstaltungen in Konkurrenz zur Hitlerjugend traten oder den Anspruch des Staates auf seine Jugend in Frage stellten. In der Jugendarbeit wurde diese Grenze weitgehend beachtet, so dass es nicht zu ernsthaften Kollisionen mit der politischen Führung kam. Die Konzentration auf die Auslegung der Heiligen Schrift konnte die Teilnehmer der Jugendveranstaltungen zwar gelegentlich nachdenklich stimmen und für die Probleme sensibilisieren, die sich mit dem Totalitätsanspruch des nationalsozialistischen Staates stellten, die Haltung eines grundsätzlichen Widerstands hat sich hier aber nirgends ausgebildet.

Zu Kollisionen mit nationalsozialistischen Stellen kam es dagegen aufgrund der Aktivitäten im Rundbriefkreis, obwohl die an diesen Rundbriefen beteiligten jüngeren Mennoniten eine verschwindende Minderheit darstellten (ca. 250 Teilnehmer). Allerdings fanden die Rundbriefe mit den zusätzlich herausgegebenen Mitteilungen auch einige Resonanz in den Gemeinden allgemein. In diesen Briefen wurde freimütig über die Probleme diskutiert, die sich mit der neuen Situation der Mennonitengemeinden im Dritten Reich stellten. Zustimmende, zurückhaltende und ablehnende Stimmen meldeten sich zu Wort. Auch wenn sich die kritische Auseinandersetzung mehr gegen die nationalsozialistische Weltanschauung der Deutschen Christen, besonders gegen ihren radikalen Flügel und das damals aufsehenerregende Buch Alfred Rosenbergs über den Mythos des 20. Jahrhunderts (1930) wandte, wurde die Grenze zwischen Politik und Religion aber nicht immer strikt beachtet. 1932 war es noch unbedenklich zu sagen, „als Mennoniten lehnen wir den Nationalsozialismus noch besonders ab, denn wir bekennen uns zur Wehrlosigkeit. Diese findet im Nationalsozialismus nur Spott und Hohn“ (Hilde Funk, Juni 1932, zitiert in: Theo Glück, Die Auseinandersetzung der mennonitischen Rundbriefkreise, in: Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 217). Im Januar 1934 meldete sich bereits eine Stimme (Hermann Funk), die wesentlich vorsichtiger argumentierte: „Wir sind dankbar für den politischen Umschwung in unserem Vaterland, und wir unterstützen unsere Regierung tatkräftig, sofern sie nichts von uns verlangt, was gegen Gottes Wort und unser Gewissen geht. - Tragen wir auch unsere Regierung auf betendem Herzen“ (Glück, Die Auseinandersetzung, 217). Die kritischen Töne wurden in der Regel auf der Basis einer grundsätzlichen Zustimmung zur Politik der nationalsozialistischen Staatsführung formuliert; und doch führten sie 1937 dazu, dass von der Parteiführung das Unterlassen dieser Rundbriefdiskussionen angemahnt wurde. Darauf hat die Ältesten- und Predigerversammlung des Verbandes am 9. September 1937 reagiert und ihren jugendlichen Gemeindegliedern in den Rundbriefkreisen nahegelegt, „die Teilnahme an solchen Rundbriefen zu unterlassen“ (Glück, Die Auseinandersetzung, 233). Die meisten Jugendlichen aus dem Bereich des Verbandes sind dieser Empfehlung gefolgt, die Leitung der Rundbriefkreise hat diese Korrespondenz unter anderer Bezeichnung weiterzuführen versucht, sich allerdings auferlegt, die angedeutete Grenze zwischen Politik und Religion strengstens zu beachten (Mennonitische Jugend-Briefe). Schließlich wurde diese Korrespondenz aber mit Beginn des Krieges 1939 eingestellt (Glück, Die Auseinandersetzung, 233–236). Vorbehalte, die sonst noch unter den Jugendlichen geäußert worden sein mögen, haben nach außen hin keine Rolle mehr gespielt.

Opfer der Gleichschaltungspolitik

Die Phase der Gleichschaltung mit dem neuen Staat haben die Mennoniten, die sich eigentlich, wie viele, selbst gleichgeschaltet hatten, schadlos überstanden. Die Euphorie des Anfangs war inzwischen zwar gewichen, auch wurde gelegentlich bekannt, welche gesellschaftlichen Schäden die nationalsozialistische Gleichschaltungspolitik mit sich gebracht hat (das Verbot der Parteien, die Auflösung der Gewerkschaften, die Einführung des Arierparagraphen, die zahlreiche Bürger um ihre Berufschancen brachte, die zunehmende Verfolgung der Juden), der Bestand der Gemeinden schien jedoch gesichert und das Arrangement mit dem nationalsozialistischen Regime geglückt zu sein. So wird verständlich, wenn sich überall im Mennonitentum die Einsicht durchgesetzt hatte, alles zu unterlassen, was den Unmut und die Kritik der Parteiführung hätte hervorrufen können. So wurde auch die mennonitische Schule auf dem Weierhof 1936 ohne nennenswerte Widerstände zu einer Nationalsozialistischen Eliteanstalt umgewandelt (Steffen Wagner, „Aus weltanschaulichen Gründen besonders bekämpft und gehasst“, 89–160). Inzwischen waren auch genügend Mitglieder der Gemeinden in die Partei oder ihre nachgeordneten Gliederungen eingetreten, so dass die Unzufriedenheit und Kritik an den Maßnahmen des Regimes keinen Nährboden mehr in den Gemeinden fanden. Das sprach der Älteste der Gemeinde in Heubuden, Bruno →Ewert, nach dem Krieg sehr deutlich aus: Er wies auf die Überwindung der wirtschaftlichen Krise hin und schrieb: „Das erklärt, warum so viele Mennoniten in die Partei eintraten, besonders jene, die verantwortliche Stellungen innehatten. Selbst Älteste und Prediger, die wirklich aufrichtig danach strebten, die frohe Botschaft von Christus zu verkündigen, und Vorbilder ihrer Gemeinden waren, traten der Partei bei (…) ja, wir waren selbst stolz auf die Tatsache, daß Mennoniten (…) verantwortliche Positionen gegeben wurden, so wie Oberschulze, Amtsvorsteher, Landrat, Kreisbauernführer etc.“. Auch Ewert war Parteimitglied und bedauerte diesen „schweren Irrtum“ später selbst (Ewert, Four Centuries of Prussian Mennonites, zit. in: Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 162).

Deutlich wurde der Mangel an Widerstandsgeist, als der Rhönbruderhof der Neuhutterer in Bedrängnis geraten war, am 14. April 1937 von der Geheimpolizei überfallartig aufgelöst wurde und dessen Mitglieder nach Liechtenstein und England ausweichen mussten. Die deutschen Mennoniten reagierten auf Vorwürfe, die gegen sie in mennonitischen Zeitschriften der Niederlande und Nordamerikas erhoben wurden, sie hätten den Bruderhof im Stich gelassen. Vor allem wandten sie sich dagegen, dass die Neuhutterer als Mennoniten bezeichnet wurden und damit ein Makel auf das deutsche Mennonitentum in der Öffentlichkeit gefallen sei. Die deutschen Mennoniten, die den hungernden Brüderhöfern mit Hilfssendungen gelegentlich unter die Arme gegriffen hatten und denen die öffentliche Distanzierung vom Bruderhof nicht ganz leicht gefallen war (Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 93 f., Lichti, Stellungnahmen, 75 f. und bes. 81–86), erklärten sich mit der Praxis der Gütergemeinschaft und dem Pazifismus der Bruderhöfer nicht einverstanden – den beiden Grundsätzen, die den Nationalsozialisten ganz und gar nicht passten. Darüber hinaus machte Michael →Horsch sich den vorgeschobenen offiziellen Auflösungsgrund zu eigen, rechtfertigte die Zerschlagung des Rhönbruderhofs unter Hinweis auf die ruinöse Wirtschaftsführung der Kommune und bescheinigte dem Landratsamt Fulda, besonders schonungsvoll und wohlwollend mit den Insassen des Bruderhofs umgegangen zu sein (Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 95). Nach einem späteren Urteil des Oberlandesgerichts in Kassel soll der Bruderhof jedoch „aus staatspolizeilichen Gründen gemäß der Verordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. 2. 37 aufgelöst“ worden sein (Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 187, Anm. 79, Zumpe, Confrontation, vgl. den gesamten Bericht zu den Jahren 1933–1937). Die offiziellen Verlautbarungen der deutschen Mennoniten wollten den Argwohn der nationalsozialistischen Stellen zerstreuen, sie könnten mit den ‚kommunistischen' und ‚pazifistischen' Anschauungen der Bruderhöfer, die von den Hutterergemeinden in Nordamerika anerkannt worden waren, irgendetwas zu tun haben.

Unter den frühen Opfern des Dritten Reichs waren unzählige Mitglieder der kommunistischen und sozialdemokratischen Partei, die teilweise die Haft in den Konzentrationslagern nicht überlebten. Gelegentlich haben Mennoniten für die staatlichen Maßnahmen gegen diese Parteien Verständnis gezeigt und sie „im Großen und Ganzen auch in den Gemeinden ohne Widerspruch“ hingenommen (Glück, Die Auseinandersetzung, in: Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 204), zumal diese Parteien in enger Verbindung mit der Unterdrückungs- und Ausrottungspolitik des Bolschewismus in Russland wahrgenommen wurden, unter denen die eigenen Glaubensgenossen seit der Oktoberrevolution 1917 schwer zu leiden hatten. Auch andere Opfer in den Konzentrationslagern vermochten weder Protest noch Widerstand in den Mennonitengemeinden aufkommen zu lassen. Es wird diesen Gemeinden nicht entgangen sein, was sich beispielsweise im Konzentrationslager Stutthof ereignete, das in einer ländlichen Region der westpreußischen Mennoniten bei Danzig lag und dessen vornehmlich jüdische Insassen auch in mennonitischen Betrieben oder auf mennonitischen Höfen in der Umgebung arbeiteten. Es war nicht nur die Maschinenfabrik Gerhard Epps, die mit Hilfe von Lagerinsassen in der Nähe des Konzentrationslagers errichtet worden war, sondern auch mehrere andere mennonitische Betriebe bzw. Fabriken, die von der Häftlingsarbeit profitierten. Abgesehen davon arbeiteten Mennoniten im Konzentrationslager auch als Aufsichtspersonal. Stutthof wurde 1939 als ein Arbeitslager mit zahlreichen kleineren Arbeitslagern in der Umgebung errichtet und hat sich 1944 zu einem Vernichtungslager entwickelt, in dem zwischen 63000 und 65000 Insassen umgebracht wurden (Rempel, Mennoniten und der Holocaust, 125). Es dürfte unwahrscheinlich sein, dass von den Greueltaten in diesem Lager nichts unter der Bevölkerung bekannt gewesen sein sollte. Offiziell haben die Mennonitengemeinden sich dazu nicht geäußert. Ihr Schweigen ließ die Leidenden allein (Rempel, Mennoniten und der Holocaust, 91), darüber dürfte auch nicht hinwegtäuschen, dass einzelne Arbeitgeber versuchten, die Häftlinge gut zu behandeln (Horst Gerlach, in: Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 237–248).

Über das Schicksal der Juden im Dritten Reich wurde in der mennonitischen Presse nicht berichtet (Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 147), auch wenn es zahlreiche Kontakte und Geschäftsbeziehungen von Mennoniten mit Juden gab, die allerdings zwischen 1933 und 1938 mehr und mehr austrockneten, oder sogar Beispiele von Mennoniten, die jüdische Mitbürger oder Verwandte („Mischlinge“) im Untergrund versorgten oder einigen zur Flucht verhalfen. Doch diese singulären Beispiele dürfen nicht verallgemeinert werden. In einem Rundbrief wurde der Staatsführung zwar zugestanden, Juden aus Führungspositionen in Staat und Gesellschaft zu entfernen, es wurde jedoch geraten, sie nicht als eine minderwertige Rasse zu verfolgen. „Sehr deutlich wurde ein Ja gesagt zu dem Bestreben des Reichskanzlers, die Juden aus der Führung des deutschen Volkes zu entfernen, aber ebenso deutlich betont, daß es vor Gott und daher auch in seiner Kirche keinen Rassenunterschied gibt“ (Aron Mäkelborger, 1935, in: Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 228). Je bibeltreuer die Mennoniten waren, umso weniger konnten sie mit der unmenschlichen Abwertung der Juden bzw. der Rassenpolitik des nationalsozialistischen Regimes einverstanden sein. Doch niemand hat sich mit seiner Kritik exponiert, und die offiziellen Vertretungen der Mennoniten haben, anders als Vertreter der Bekennenden Kirche, geschwiegen und sich mit ihrer antisemitischen Deutung des Alten Testaments, „milder manifestations of anti-Semitism“, in den allgemeinen Antisemitismus in Deutschland eingefügt (Lichti, Houses, 180). Die Mennoniten waren, was die Kritik an der Judenpolitik des Regimes anbelangte, genauso eingeschüchtert wie die Bevölkerung allgemein. Sie waren Opfer ihrer Bereitschaft geworden, sich einschüchtern zu lassen, um sich selber und den Bestand ihrer Gemeinden nicht zu gefährden.

Im Krieg

Der Krieg (1939–1945) hatte auch die Mennonitengemeinden stark in Mitleidenschaft gezogen. Es waren jetzt kaum noch die weltanschaulichen Probleme, um die gerungen wurde, sondern die Schwierigkeiten, die das Überleben im Alltag mit sich brachten. Zahlreiche Gemeindeglieder wurden zur Wehrmacht eingezogen und kämpften an der Front, die meisten wohl unter Waffen, einige als Sanitäter, Dolmetscher, Funker und technisches Personal. Einige Gemeinden haben sich bemüht, durch den Versand von Mitteilungen aus der Heimatgemeinde den Kontakt zu ihnen zu halten. Auch zahlreiche Gemeindeälteste und Prediger wurden eingezogen, so dass die Gemeinden verwaist waren, das Gemeindeleben seit dem Spätherbst 1943 notdürftig aufrecht erhalten wurde oder fast erlosch, zumal in den letzten Monaten des Krieges viele Städte zerbombt, Dörfer oder Gehöfte im östlichen und westlichen Grenzland zerstört waren. In Ost- und Westpreußen waren die Menschen auf der Flucht in den Westen, zurückgeblieben sind ihre Kirchengebäude und Friedhöfe, hier und da auch einige Familien, die nicht rechtzeitig herauskommen konnten.

Die Kriegserfolge wurden in den mennonitischen Zeitschriften in der Regel gefeiert, eine Ausnahme war eine in dem Gemeindeblatt der Mennoniten (Verband) 1941 auf der ersten Seite veröffentlichte Betrachtung nach Weihnachten von Christian →Neff, der nach den Kriegserfolgen im Westen zu schreiben wagte: „(…) wie schändlich wird Gottes Ehre mit Füßen getreten im gegenwärtigen Krieg, wie viel Unrecht geschieht, wie viel Täuschung der Völker, wie viel Lügen im Kleinen und im Großen unter dem heuchlerischen Vorwand ‚zur Ehre Gottes'. Ist denn die Menschheit so verblendet, daß sie nicht mehr weiß, was Gottes Ehre ist und fordert (…). An den Menschen kann Gott keinen Gefallen haben, die seine Ehre schänden durch gottloses Tun und Treiben, die sich mit schnöder Habsucht und Gewinnsucht beflecken und hinter lügenhaftem, heuchlerischem Schein durch Werke der Ungerechtigkeit und Bosheit und gemeiner Selbstsucht sich versündigen und in unversöhnlichem Haß den Krieg schüren“ (Gemeindeblatt 1941, 1). Eine solche Betrachtung über den Krieg, dem jeder politische Sinn abgesprochen wurde, musste Anstoss erregen und führte zur Einstellung des Gemeindeblattes und zum Publikationsverbot für Christian Neff. Offiziell wagten die Vertretungen der Gemeinden nicht aufzumucken. Ganz im Gegenteil, als die elsässischen und lothringischen Mennonitengemeinden nach der Besetzung eines Teils von Frankreich ans deutsche Reich gefallen waren und deren weiterer Bestand als Mennonitgengemeinden nicht mehr selbstverständlich war, waren die deutschen Mennoniten nur eingeschränkt bereit, zu deren Gunsten bei den nationalsozialistischen Stellen zu intervenieren. In der Luft schwebte das Gerücht, auch die deutschen Mennonitengemeinden würden bald aufgelöst werden, so dass es keinen Sinn mache, sich für die ehemals französischen Gemeinden jetzt noch einzusetzen. Abraham →Braun, Prediger in Ibersheim (Pfalz), wies auf die antinationalsozialistische Haltung der ehemals französischen Gemeinden hin und warnte seine eigenen Kreise davor, sich mit dem Einsatz für diese Gemeinden bei den nationalsozialistischen Behörden selber zu diskreditieren (Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 140). Immer wieder taucht das Argument auf, Solidarität und Nächstenliebe nicht soweit auszudehnen, dass der Bestand der eigenen Gemeinden gefährdet werden könnte.

In das politische Schicksal gefügt

Die Einstellung der Mennoniten zum nationalsozialistischen Regime hat sich im Laufe der Zeit sicherlich verändert: von anfänglicher Euphorie zu Ernüchterung, Vorbehalten und Kritik, die allerdings im Verborgenen gehalten wurden. Die Haltung, die es verdient hätte, Widerstand genannt zu werden, hat es nicht gegeben. Wohl belegen die Quellen das kritische und mutige Verhalten Einzelner. Im Grunde aber haben sich die Mennoniten, sofern sie ihren Gemeinden trotz des schwindenden Gottesdienstbesuchs an vielen Orten treu geblieben waren oder überregionale Vertretungsfunktionen wahrnahmen, zu den totalitären Forderungen und dem staatspolizeilich überwachten Alltag im Dritten Reich so verhalten wie das Gros der Bevölkerung auch. Sie haben sich in ihr politisches Schicksal gefügt und versucht, sich willfährig in das gesellschaftliche Leben einzufügen, ohne politisch „anzuecken“. Die meisten haben bis zum Schluss gehofft, der Krieg könne noch gewonnen und das Leben wieder normalisiert werden.

Hans-Jürgen Goertz

3. Völkische Einflüsse auf russlanddeutsche und nordamerikanische Mennoniten

Adolf Hitler und die nationalsozialistische Bewegung in Deutschland waren unter den mennonitischen Kolonisten in Russland vor dem Zweiten Weltkrieg kaum richtig bekannt. Obwohl die sozialen und religiösen Bindungen an das Mutterland in Preußen seit der Ansiedlung am unteren Dnjepr Ende des 19. Jahrhunderts nie abgerissen und die religiösen Führer dieser Siedler in schweizerischen und deutschen Seminaren ausgebildet worden waren, war im Ersten Weltkrieg und in der Oktoberrevolution 1917 ein Bruch in den traditionellen Beziehungen zum Herkunftsland entstanden. Die überlieferten Gebräuche und die deutsche Sprache waren jedoch so sehr mit der Identität der sowjetisch-russischen Mennoniten verwachsen, dass Meir Buchweiler sich darüber wunderte, warum die russlanddeutschen Mennoniten als „Volksdeutsche“, nach dem von Hitler selbst geprägten Begriff, nicht schon vor dem Zweiten Weltkrieg als „fünfte Kolonne“ zu wirken begannen.

Günstige Aufnahmebedingungen für völkische Propaganda in Russland

Während des Bürgerkriegs intervenierten die nordamerikanischen Alliierten in Russland, und deutsche Truppen hatten Teile dieses Landes besetzt. Sie wurden von den deutschstämmigen Mennoniten aufs Freundlichste begrüßt. Das machte diese Mennoniten später nicht gerade bei den sowjetischen Machthabern beliebt, hinzu kam noch, dass alle Russlanddeutschen mit anschwellender Feindseligkeit konfrontiert wurden. Inzwischen hatten nämlich nordamerikanische Mennoniten das →Mennonite Central Committee (MCC) gegründet, um vor allem die russlanddeutschen Mennoniten während der Hungersnot und Krankheitsepidemien mit Hilfsgütern zu versorgen. Diese Hilfe forderte Feindseligkeit und Neid der Russen gegenüber den dort lebenden Deutschen heraus. Das interkonfessionelle Hilfswerk „Brüder in Not“, das während der 1920er Jahre in Russland tätig war, wurde auch von den Mennoniten getragen und von den Sowjets als „Hitler-Hilfe“ denunziert, nachdem die Nationalsozialisten die politische Bühne betreten hatten und ihre entschiedene Feindschaft gegenüber Kommunisten und Sozialisten zu Tage getreten war. Das machte das Leben für die Russlandmennoniten, die nicht ausgewandert waren oder nicht in der Lage waren auszuwandern, schwer. Mit dem Sieg Stalins über seine Rivalen in der kommunistischen Partei und der Einführung des rigorosen Fünfjahresplans setzten die Säkularisierung der Kirchengüter, eine schnelle Industrialisierung und Deportationen in die entstehenden Lager des Gulag ein. Damit schließlich wurde das ohnehin schon beschädigte „Commonwealth“ der Mennoniten in Russland vollends zerstört. Vor allem die männliche Bevölkerung und ihre geistlichen Anführer wurden bereits früh und unverhältnismäßig intensiv zur Zielscheibe des Geheimdienstes. Andere Volksdeutsche, wie diejenigen in der Wolga-Republik, wurden vollständig entwurzelt und über den fernen Osten und Norden in Stalins durchorganisiertes System der Zwangsarbeits- und Vernichtungslager im arktischen Polarkreis verstreut. Die Opfer wurden, was nicht ausblieb, beschuldigt, Konterrevolutionäre und verräterische Agenten Hitlers und seiner braunen Horden zu sein.

Nationalsozialistische Aktivitäten in mennonitischem Gebiet

Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt, der im August 1939 unterzeichnet wurde, hatte die russlanddeutschen Mennoniten nicht nur überrascht, sondern sie auch unmittelbar berührt. Wie andere Männer wurde auch der Oberschulze Hans Epp aus Chortitza aus dem Gefängnis entlassen, er kehrte zurück und spielte fortan eine wichtige Rolle in der Gegend von Saporoschje. Trotz mancher Täuschungsmanöver unterbrach die Windstille aber die Feindseligkeit zwischen den gegnerischen totalitären Regimes oder dämpfte die lautstarke Propaganda. Sie erlaubte die Wiederaufnahme von Kontakten mit Verwandten im Ausland und stellte die Hoffnung auf bessere Zeiten wieder her, im Verborgenen aber wurden die Deportationen in den Gulag fortgeführt, und die Volksdeutschen, vor allem ihr prominentes Führungspersonal, wurden vom Geheimdienst weiterhin überwacht. Hitler hatte inzwischen Polen und andere westliche Länder angegriffen, so dass der Krieg in Europa ausbrechen konnte, ohne dass Russland auch nur einen Finger erhoben hätte. Im Gegenteil, Russland und Deutschland tauschten sogar einige Volksgruppen in besetzten Gebieten Polens aus. Damit begann die rassisch begründete Ostraumpolitik, die so vielen den Tod brachte. Diese Politik hatte die Vernichtung der Juden und anderer „nutzloser“ Rassen zum Ziel und begünstigte die Volksdeutschen als neue Pioniere im Ostraum bis an den Ural.

Mit Hitlers Drang nach Osten betraten zwei Männer in neuen Funktionen die Bühne der Reichspolitik: Heinrich Himmler wurde Reichskommissar für die Festigung Deutschen Volkstums und Alfred Rosenberg Minister des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete. Selbst Volksdeutscher war er den Volksdeutschen zugetan, besonders den Mennoniten, während Himmler eifrig darauf bedacht war, sie für seine eigenen politischen und völkervernichtenden Ziele einzuspannen. Bald nach dem Angriff auf Russland im Juni 1941 beschritten Himmler und Rosenberg drei Wege, um die Sowjetdeutschen zu erreichen: den Weg über die Volksdeutsche Mittelstelle – Sonderkommando Russland, über das Sonderkommando Stumpp und über das Einsatzkommando 6 der Einsatzgruppe C (ebenso über das Einsatzkommando 10a der Einsatzgruppe D). Das Einsatzkommando 6 rekrutierte an die zwanzig junge mennonitische Freiwillige aus den Dörfern Chortitzas als Hilfskräfte für den Sicherheitsdienst, die mit weiteren ukrainischen und russischen Freiwilligen das sogenannte Massaker von Saporoschje in einer Kiesgrube südlich des ehemaligen mennonitischen Dorfes Schönwiese im Oktober 1941 veranstalteten. Das ist das erste Mal, dass Mennoniten als Täter im Holocaust direkt beteiligt waren. SS-Hauptsturmführer Heinrich Wiens, ein Mennonit aus Muntau (Molotschna), nahm das Kommando des Einsatzkommandos 12 wahr und führte mehrere Massaker im Gebiet von Pjatiogorsk im Kaukasus durch, vor allem das berüchtigte Massaker an der Glasfabrik in der Nähe von Mineralnyje Wody (Rempel, Mennonites and Holocaust/ Mennoniten und der Holocaust, 2010).

Die Waffen-SS, die 1940 von Himmler ins Leben gerufen worden war, entwickelte sich zu einer effektiven Elitekampftruppe, in die sich zahlreiche Freiwillige unter den Volksdeutschen vorzugsweise einziehen ließen, auch junge Mennoniten, die ihre traditionelle Verpflichtung zur Wehrlosigkeit aufgegeben hatten. Fast jede Parteigliederung war unter den Volksdeutschen präsent, z. B. marschierte die Hitlerjugend, Jungen und Mädchen, durch die Straßen von Chortitza und Halbstadt, von zahlreichen Fotografen begleitet, die diese Märsche eifrig dokumentierten. Mit diesen neu uniformierten Leuten, die durch die mennonitischen Dörfer mit stolzem Hitlergruß wirbelten, konnte sich der Eindruck einstellen, diese sauberen Siedlungen seien zu kleinen Abbildern des Dritten Reiches am Dnjepr geworden. Dieser Eindruck wurde auch durch Rosenbergs plötzlichen Besuch in Chortitza und Himmlers spektakulären Aufenthalt in Halbstadt 1942 bestätigt.

Das Sonderkommando Russland (SkR), gewöhnlich mit der Vorsilbe „VoMi“ versehen (Volksdeutsche Mittelstelle), war eine recht große und bedeutende SS-Unterabteilung, die 1930 aus früheren Organisationen wie dem Volksbund für das Deutschtum im Ausland (VDA) und anderen miteinander konkurrierenden Agenturen hervorgegangen war. Himmler setzte einen seiner besten Kommandeure und Rücksiedlungsexperten, Horst Hoffmeyer, als Leiter des SkR offiziell unter dem Kommando seines Höheren SS- und Polizeiführers für Russland mit Sitz in Kiew ein. Aber Hoffmeyer ging ziemlich unabhängig von den SS-Satrapen vor und verkehrte gewöhnlich mit Himmler direkt. Er richtete sein Hauptquartier in die Nähe von Odessa ein und begann mit einer kleinen Truppe handverlesener Männer, Volksdeutsche zu sammeln, zu registrieren und in einem Gebiet zu beschützen, das Transnistria genannt wurde. Das Mandat, das Himmler ihm gab, war umfassend. Das SkR versorgte soziale Dienste, stellte Kleidung und Schutz zur Verfügung, baute und belegte Schulen mit Lehrkräften, es organisierte aber auch Militäreinheiten unter dem Kommando der SS, um diese volksdeutschen Enklaven zu schützen. Oft lieh Hoffmeyer Transportfahrzeuge von den Einheiten der Einsatzgruppen aus, die in denselben Gebieten tätig waren. Da diese Einsatzgruppen nur der einen Aufgabe nachgingen, Juden aufzuspüren und zu töten, widersetzte sich Hoffmeyer in einem Fall, als von ihm verlangt wurde, ein so „schmutziges“ Geschäft zu erledigen, da das mit Sicherheit nicht sein Auftrag gewesen sei, und flog nach Berlin, um die Zuständigkeiten zu klären. Dort wurde ihm bedeutet zu tun, was befohlen worden war. Damit begann die Beteiligung des SkR am Völkermord, wo immer es auf jüdische Flüchtlinge stieß und kein Einsatzkommando zur Verfügung stand. Die Militäreinheiten, die aus Volksdeutschen bestanden, wurden nach und nach in den Sicherheitsdienst (SD) und die polizeilichen Hilfskräfte integriert, die gelegentlich rekrutiert wurden, um das blutige Werk des Holocaust in anderen Regionen fortzusetzen, so in den mennonitischen Städten Halbstadt und Chortitza, wo die VoMi/SkR eigene Büros unterhielt. Gegen Ende der Besatzungszeit wurden Hoffmeyers Sonderkommandos eingesetzt, um den Volksdeutschen während ihrer Evakuierung in den Warthegau (Polen) Schutz zu gewähren, auch Mennoniten.

Inzwischen spielte Hermann Rossner, der VoMi/SkR-Leiter in Halbstadt, eine bedeutende Rolle bei der Rekrutierung mennonitischer Freiwilliger für besondere Reiterschwadrone, die zu einem wichtigen Teil der Waffen-SS-Division „Florian Geyer“ wurden. Das geschah gleich nach Himmlers und Rosenbergs berüchtigten Besuchen in der Region. Es gab auch noch andere hochrangige NS-Parteimitglieder, die den Mennoniten eine besondere Aufmerksamkeit entgegenbrachten. Sogar Hitler wurde in geheimer Aktion nach Saporoschje eingeflogen, um den Widerstand der Wehrmacht gegen die sowjetischen Truppen, die einige Dutzend Kilometer entfernt stationiert waren, zu stärken. Dieses angebliche Geheimnis war der Gerüchteküche in den mennonitischen Dörfern nicht entgangen, wie Anna Sudermann in ihren Tagbuchaufzeichnungen berichtete.

Auch das Sonderkommando Stumpp nahm die Aufgabe wahr, nationalsozialistisches Gedankengut an die Volksdeutschen zu vermitteln. Stumpp war wohl der profilierteste Erforscher und Chronist der Russlanddeutschen. Er wurde in Alexanderhilf nahe Odessa geboren, hatte aber die meiste Zeit seines beruflichen Lebens in Deutschland verbracht. Rosenbergs Ostministerium beauftragte ihn, eine kataster-ähnliche Übersicht über alle deutschen Dörfer im besetzten Gebiet nach der Invasion zu erstellen. Er richtete das Hauptquartier in Dnespropetrovsk ein und betraute sogleich zwei Mennoniten mit dieser Aufgabe in sechzig Dörfern der ursprünglichen mennonitischen Ansiedlungen Chortitza und Halbstadt. Jedes Dorf wählte örtliche Lehrer oder Dorfschulzen aus, um die Nachforschungen durchzuführen und auf der Grundlage statistischer Erhebungen eine Geschichte ihrer Gemeinden zu schreiben. Die so entstandene Datenbank erlaubt einen Einblick in die Wirkung der stalinistischen Dekulakisierungs- und Deportationspolitik ebenso wie in die Aktionen des Holocaust in jedem einzelnen Dorf. Andere demographische Aufzeichnungen teilten die Personen auf der sogenannten Deutschen Volksliste nach den Vorgaben der nationalsozialistischen Rassentheorie ein und bestimmten ihren Wert für das Dritte Reich. Auf dieser Grundlage wurden den meisten Volksdeutschen „VD-Pässe“ ausgestellt, ausgenommen Personen, die mit Juden oder Russen in Mischehen lebten oder sonst als unzuverlässig galten. Stumpps Organisation entschied so über Leben und Tod. Personen in der Kategorie 4 der Volksliste waren für die Vernichtung durch Himmlers Einsatzgruppen oder ihre ukrainischen und volksdeutschen Hilfskräfte bestimmt.

Nationalsozialistische Propaganda in nordamerikanischen Mennonitengemeinden

Als Brücke zwischen der Sowjetunion und Nordamerika dienten drei prominente, in Russland geborene Mennoniten, insofern sie die nationalsozialistische Ideologie und Politik zu vermitteln halfen: Benjamin H. Unruh, Walter Quiring und Hajo Schroeder. Nachgeordnet wirkten in diese Richtung auch C. F. →Klassen, J. J. Kroeker, Hans →Klassen, Arnold Dyck. Allerdings konnten sie den Erstgenannten nicht den Rang ablaufen.

Benjamin H. →Unruh, einst Lehrer in Halbstadt, war in den 1920er Jahren mit drei weiteren Mennoniten beauftragt worden, im Westen nach Auswanderungsmöglichkeiten für russlanddeutsche Mennoniten Ausschau zu halten. Er blieb aus politischen Gründen in Deutschland und nahm die Interessen seiner Heimatgemeinden von Karlsruhe aus wahr. Er schrieb zahlreiche Berichte für das MCC, das ihn persönlich finanziell unterstützte, und führte eine ausgedehnte Korrespondenz mit Regierungsstellen, Hilfswerken, mennonitischen Siedlern und Auswanderungswilligen, die sich für Nord- oder Südamerika entschieden hatten. Auch für die weltweite mennonitische Presse schrieb er Artikel und konnte auf diese Weise einen weitgestreuten Einfluss ausüben. Als Hitler und die NSDAP die staatspolitische Bühne betraten, wurde er ihr Sympathisant und unterstützte einige ihrer Organisationen, auch Himmlers SS. Sicherlich hatte er das Wohl der Brüder im Auge, die in Not geraten waren, als er sich völkischen und nationalsozialistischen Ideen öffnete, Kritik am Nationalsozialismus unter den Mennoniten verstand er zu unterbinden und verglich hinsichtlich ihrer Führungsqualitäten Hitler sogar mit George Washington und Menno Simons. Er war Zeuge vor dem Kriegsverbrechertribunal in Nürnberg nach dem Krieg und versuchte, den Leiter der VoMi Werner Lorenz zu entlasten, auch beteuerte er, keinerlei Kenntnisse vom Holocaust besessen zu haben. Sein Einfluss auf die mennonitischen Immigranten in Kanada, den USA und Südamerika war verheerend.

Jakob Walter →Quiring, der seinen ersten Vornamen wegen jüdischer Anklänge aufgegeben hatte, floh mit falschen Papieren aus Russland, er hielt sich in Deutschland auf, legte sein Abitur ab und erwarb später einen Doktorgrad an der Universität München. Er pflegte Beziehungen mit B. H. Unruh, dem mennonitenfreundlichen Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) und dem Deutschen Auslandinstitut (DAI) in Stuttgart. Mit finanzieller Unterstützung des VDA war er in der Lage, Forschungen zu den russischen Einwanderern in Südamerika anzustellen und darüber in mehreren Büchern zu berichten, auch über solche Mennoniten, die 1929 bis 1930 daran gehindert wurden auszuwandern und in den transkaspischen Osten und den Ural deportiert wurden. Auch er sympathisierte schon früh mit der nationalsozialistischen Sache und schrieb ca. siebzig sensationelle Artikel für den mennonitischen Boten und die Mennonitische Rundschau in Kanada. Er fand Worte für die guten Absichten Hitlers, die „Logik“ der NSDAP und die nationalsozialistische Judenpolitik. Auch setzte er sich dafür ein, das Prinzip der Wehrlosigkeit aus dem mennonitischen Glaubensbekenntnis zu entfernen. Er trat in den Dienst des DAI ein und leitete eine Weile das rassistisch ausgerichtete Sippenamt dieses Instituts, eilig ließ er sich aber an die Front rufen, als der Krieg ausgebrochen war. Er wurde Geheimdienstoffizier der Waffen-SS und war an Verhören russischer Kriegsgefangener beteiligt, auch an Folterungen, die zu Todesurteilen führten. Nach Kriegsende war es ihm gelungen, diese kompromittierenden Erfahrungen zu verheimlichen und nach Kanada auszuwandern, wo er mehrere Jahre lang als Schriftleiter des Boten arbeitete. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass er seine nationalsozialistische Vergangenheit bereut hätte.

Hajo Schroeder war weniger prominent als berüchtigt. Zwischen 1933 und Kriegsbeginn 1939 schrieb er 78 Zeitungsartikel, vor allem in deutschsprachigen Zeitschriften der kanadischen Mennoniten: 23 für die Mennonitische Rundschau in Winnipeg, 15 für den Boten in Rosthern und 20 für die Volkswarte in Winnipeg, 15 für die Deutsche Post aus dem Osten in Berlin, 2 für die Deutsche Zeitung in Kanada, 2 für die Ostfriesische Tageszeitung und je einen Artikel für die örtlichen Zeitungen von Hannover und Oldenburg. Zahlreiche Artikel, die er schrieb, wurden anschließend in Leserbriefen diskutiert; unter den mennonitischen Lesern war allgemein bekannt, wie Schroeder zum Nationalsozialismus stand. Schroeder hatte mit seinen Artikeln weitaus mehr Leser erreicht als Unruh und Quiring. Sein Einfluss war größer, auch wenn seine Ideen simpler und oberflächlicher waren. Stärker als unter den schon länger in Kanada ansässigen, wirkte er unter den zugewanderten Mennoniten aus Russland, da er mit diesen die traumatischen Erfahrungen im revolutionären Russland und in der sowjetischen Verfolgungszeit teilte. Er konnte diese Mennoniten überzeugen, dass nur Hitler in der Lage sei, den Westen vor dem Kommunismus zu bewahren.

Das Ausmaß an Korrespondenz und offener Diskussion, das von Unruh, Quiring und Schroeder erreicht wurde, ist erstaunlich, vor allem wenn man bedenkt, dass es Rosthern und Winnipeg, nicht Berlin und München, und ziemlich unscheinbare Zeitungen waren, Der Bote und die Mennonitische Rundschau, die diese Aktivitäten entfacht hatten.

In den USA gab es ähnliche, aber weniger bedeutsame Tendenzen in Zentren mennonitischer Bevölkerungskonzentration wie Goshen (Indiana) und Newton (Kansas). John →Horsch, ein angesehener Theologe und Schriftsteller in Goshen, und A. A. Warkentin, Bibliotheks- und Archivgründer in Newton, waren zwei bedeutende Mennoniten, die schon früh einige Sympathien für Hitler und dessen revolutionäre Politik hegten. In Kansas zog Gerald Winrod, ein rechtsgerichteter, pronazistischer Evangelist und politischer Dilettant, eine erstaunlich starke Gefolgschaft unter Mennoniten mit seinen Radioansprachen und Massenveranstaltungen an. Die mennonitische Herald Publishing Company verlegte jahrelang The Defender, Windrods populäres Magazin. Als Winrod 1938 für den US-Senat kandidierte, erhielt er einen überraschend hohen Prozentsatz an mennonitischen Stimmen. Erst im Krieg ließ der Enthusiasmus für Winrod nach.

Historiker des Holocaust haben die Komplizenschaft der Mennoniten beim Eindringen nationalsozialistischer Propaganda in Nordamerika mit Bestürzung wahrgenommen (Fischel, An American Christian Response to the Holocaust, 132). Nach dem Krieg haben die Bemühungen der Alliierten, die deutsche Bevölkerung umzuerziehen („reeducation“), die weitgestreute Hilfswerksarbeit zahlreicher Kirchen, die Speisungen von Schülern und Studenten, die Berichterstattung von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, vor allem auch die Hilfe beim Wiederaufbau der Mennonitengemeinden durch die mennonitischen →Paxboys (vom MCC organisiert) in Westdeutschland dazu beigetragen, dass die Ansätze pronazistischer Sympathien unter den nordamerikanischen Mennoniten schnell verebbten.

Gerhard Rempel

4. Nationalsozialistische Initiativen unter den Mennoniten in Paraguay

Auch die Mennoniten in Paraguay gerieten unter den Druck nationalsozialistischer Propaganda. Die Frage allerdings, ob diese Propaganda sogleich Initiativen zur Folge hatte, die dem Nationalsozialismus auch Eingang in die Gemeinden verschafften, konnte bisher nicht eindeutig beantwortet werden. Dass es in der Mennonitenkolonie Fernheim starke Sympathien für das Dritte Reich gab und bald Turbulenzen im sozialen und religiösen Leben einsetzten, steht jedoch außer Zweifel. Noch ist der Versuch, diese Vergangenheit zu bewältigen, in vollem Gange.

Günstige Bedingungen für völkische Propaganda

Die 1927 aus Kanada in den zentralen Chaco Paraguays eingewanderten Mennoniten waren an den Ereignissen im Deutschen Reich kaum interessiert. Sie hatten zwar ihre schönen Farmen in Manitoba und Saskatchewan verlassen und sich auf ein sehr aufreibendes Abenteuer eingelassen, um die mennonitischen Schulen und die deutsche Sprache zu retten, politischen Ideologien gegenüber waren sie aber eher immun. Ganz anders verhielt es sich mit den Flüchtlingen aus Russland, die 1930 via Moskau, Prenzlau, Hammerstein und Mölln dem zunehmenden Terror des Stalinregimes entronnen waren. Zu ihnen gesellte sich 1932 die sogenannte Charbinergruppe, die bei Nacht und Nebel über den Amur nach China geflohen war und nach vielen Irrfahrten mehr als ein Jahr später mit Hilfe des →Mennonite Central Committee (MCC) und der →Mennonitischen Weltkonferenz auch in den zentralen Chaco gelangte. Die deutsche Wehrmacht in den mennonitischen Ukrainesiedlungen des Ersten Weltkrieges, der Sturz der Zarenmonarchie, die bolschewistische Oktoberrevolution, die zunehmende Enteignung und Kollektivierung mennonitischer Bauernhöfe, das missglückte Experiment des mennonitischen Selbstschutzes, die Debatte um die ethnische und ‚blutmässige' Herkunft der Mennoniten in dem Streit, der als ‚Holländerei' bekannt wurde, die Machnobanden und ihre Mordüberfälle in Südrussland, die Hungersnot der zwanziger Jahre und die Hilfe durch das entstehende MCC, nicht zuletzt der tatkräftige Einsatz der deutschen Regierung und des Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg, der eine Flucht aus Russland und die ­Überreise nach Paraguay ermöglichte – all das hatte die Gefühle dieser Mennoniten um den Verlust der Heimat und die Sorge um die Zerrüttung ihrer konfessionellen Identität tief geprägt.

Ob die Moskauer Gruppe, die mehrere Monate im Flüchtlingslager Mölln (1930) verbrachte, von Mitgliedern der nationalsozialistischen Partei beeinflusst wurden, lässt sich nicht mehr genau sagen. Immerhin berichten die Tagebuchaufzeichnungen des Predigers Gerhard Schartner von einem seltsamen Vorfall: „Es kamen drei junge Ärzte, zwei männliche und eine Frauenperson, die Blutproben von jedem Emigranten nahmen und die klare Feststellung in der Analyse machten, dass unsere Emigranten fast hundertprozentig in ihren Adern deutsch-russisches Blut trugen“ (Schartner, Tagebuchaufzeichnung, 66). Berichtet wurde auch davon, wie entsetzt die Russlandflüchtlinge in Mölln über das Voranschreiten des kommunistischen Einflusses in der schwachen Weimarer Republik waren und wie sehr sie befürchteten, Deutschland werde in Kürze vom Weltkommunismus überrannt. Auch diese Befürchtung war ein Grund, warum sie die Odyssee in den wilden Chaco anzutreten wagten.

Die zweite mennonitische Weltkonferenz in Danzig 1930 befasste sich beinahe ausschließlich mit den mennonitischen Russlandflüchtlingen in Südamerika. Kein Geringerer als Harold S. →Bender äußerte sich damals seltsamerweise so: „Uns schwebte ein zukünftiger Mennonitenstaat vor, wo, wenn möglich, sämtliche russische Mennoniten in unbeschränkter Freiheit ihr Leben und ihre Kultur neu gründen und weiterentwickeln könnten. Ein weiterer besonderer Vorteil des paraguayischen Chaco in kultureller Beziehung ist die Tatsache, dass heute dort gar keine Kultur existiert. Es besteht also keine Gefahr, dass die Mennoniten mit ihrer deutschen Kultur in einer fremden Kultur untergehen werden. Das Mennonitenvölklein kann in Paraguay weiter bestehen“ ( Neff, Mennonitische Welt-Hilfskonferenz, S.122). Die Theorie vom „Mennonitenvölklein“, das ein authentischer deutscher „Volkssplitter“ sei und auf Grund göttlicher Schöpfungsordnung in den Mutterstamm zurückgeführt werden müsse, wird später zu einem tragenden Argument in Paraguay.

Waren die kanadischen Einwanderer eher bemüht, sich dem Zugriff der Öffentlichkeit, des Staates und der höheren Schulbildung zu entziehen, so trifft für die Russlandflüchtlinge eigentlich das Gegenteil zu. Da war seit der sogenannten Kultur- und Bildungsreform von Johann →Cornies eine große, manchmal allzu große Weltaufgeschlossenheit und Bildungsfreudigkeit entstanden. Schon die Entstehung der Mennoniten-Brüdergemeinde 1860 war auch ein Bruch mit der kirchlichen Einheit und Tradition und eine Öffnung zu anderen Kirchentraditionen, wie dem lutherischen Pietismus, dem deutschen Baptismus, der weltweiten evangelischen Allianz, der Londoner Bibelgesellschaft, dem Zeitalter der protestantischen Weltmission sowie auch zu höherer Bildung und politischen Interessen in Russland und Mitteleuropa. Und da seit der Wende zum 20. Jahrhundert ein reger Austausch mit dem deutschsprachigen Europa auf technischem, industriellem, theologischem und pädagogischem Gebiet stattfand, war der deutsche Volkstumsgedanke im russisch-mennonitischen „Commonwealth“ stark ausgebildet. Bei der Ankunft in Paraguay kamen die Mennoniten vom ersten Tag an in den Genuss der wohlwollenden und energischen Hilfe des Vereins für das Deutschtum im Ausland (VDA): Schulbüchersendungen, Stipendien für die Lehrerbildung, Lehrkräfte etc. Davon profitierte besonders die junge Kolonie Fernheim. Dass aber die Leitung der Prediger und die kommunale Leitung der Kolonie eine sogenannte Sympathieadresse an den Führer des deutschen Volkes anlässlich der Machtübernahme 1933 schickte (Mennoblatt, Juni 1933), überrascht im Rückblick doch, denn zu diesem Zeitpunkt war über Ziele und Methoden der nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP) noch kaum etwas im fernen Chaco bekannt.

Deutscher Volksbund in Fernheim

Auch die Gründung des deutschen Volksbundes in der Mennonitenkolonie Fernheim, der immerhin auf nationaler Ebene „Unión Germánica“ hieß und dort schon sehr stark von der NSDAP vereinnahmt worden war, scheint noch ganz im Geiste des romantischen Volkstumsgedankens gestanden zu haben. Die Einheit von positivem Christentum und Volkstum wurde da allerdings zunehmend angestrebt; und wie es damals üblich war, wurde die völkische Zugehörigkeit zur Schöpfungsordnung erklärt, an der sich jeder versündigt, der sie vernachlässigt. In diesem Geiste und auch durch den Einfluss der pietistischen Bewegung des „Entschiedenen Christentums“ entstand die Jugendbeilage Kämpfende Jugend zum Fernheimer Mennoblatt. Die Devise wurde ausgegeben, für Christusnachfolge und Deutschtum zu kämpfen. Hier allerdings begannen sich Debatten abzuzeichnen, die den Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie dokumentieren, sowie auch eine wachsende Zurückhaltung einiger Prediger und mancher Gemeindeglieder. So wurde im Februar 1935 etwa ein Artikel über „Die Mennoniten als Stammesgemeinschaft“ eingesandt, in dem Walter →Quiring behauptete, es handele sich um „seelische Verwirrung, wenn den Mennoniten ein russischer Baptist näher stünde als ein deutscher Katholik“. Nikolai Siemens erwiderte: „Dieses, lieber Herr Quiring, scheint mir doch nicht zu stimmen“ (Mennoblatt, Januar 1936). Genauer wurden die Einwanderer schon vor Kriegsbeginn über die Reden des Führers Adolf Hitler informiert, über den wirtschaftlichen Aufschwung und den zunehmenden Rassismus in Deutschland. Vermittelt wurden diese Nachrichten über einen großen Telefunkenradioempfänger, der als Geschenk in die Kolonie geschickt worden war, ebenso über die eifrige Lektüre der in Buenos Aires gedruckten deutschen Wochenzeitschrift La Plata Post.

Die Fronten verschärften sich, weil der Deutsche Volksbund und auch sein mennonitisches Pendant, der Bund deutscher Mennoniten in Paraguay, im zentralen Chaco zunehmend zu einem Schulungsorgan in nationalsozialistischer Ideologie geworden war. Im Bereich der Schule und Lehrerausbildung wurde dieser Einfluss noch durch die begeisternde pädagogische Arbeit des Lehrerehepaars Fritz und Margarethe →Kliewer verstärkt, die mit Unterstützung des VDA und Benjamin H. →Unruhs einen Bildungsauftrag in der Kolonie Fernheim ab August 1939 wahrnahmen.

Unruhige Situation seit Kriegsbeginn

Mit Kriegsbeginn überstürzten sich dann die Ereignisse auch im fernen Chaco. Das nordamerikanische MCC unter Federführung von P. C. →Hiebert, Harold S. Bender und →Orie Miller drängte auf ein Bekenntnis zur Wehrlosigkeit. Der neuhutterische Rhönbruderhof bei Schlüchtern (→Neuhutterer), von den deutschen Mennoniten mehr oder weniger im Stich gelassen, von der NSDAP vertrieben und mit Kriegsbeginn auch aus England ausgewiesen, wohin seine Mitglieder ausgewichen waren, kam durch Vermittlung Orie Millers im Dezember 1940 nach Filadelfia in Paraguay. Die Neuhutterer („Arnold-Leute“), die im Anschluss an die Weltkonferenz 1936 in Amsterdam das mennonitische Friedensbekenntnis mit unterzeichnet hatten, bestanden energisch darauf, dass das gegenwärtige Regime in Deutschland als antichristlich anzusehen sei, auch auf der Behauptung, dass dort momentan Christen verfolgt würden. Sie waren darüber entsetzt, dass im Koloniesaal Filadelfias, wo sie vorläufig Unterkunft fanden, über dem Leitsatz „Gemeinnutz vor Eigennutz“ das Bild Adolf Hitlers hing. Das führte hier zu scharfen Auseinandersetzungen mit dem eben an der Humboldt Universität in Berlin promovierten Lehrer Fritz Kliewer. Emmy Arnolds lapidarer Tagebucheintrag „Lieber Hakenwurm als Hakenkreuz“ brachte ihre Gefühle und die des pazifistischen Lagers unter den Mennoniten auf den Punkt (Barth, No Lasting Home, 47).

Die drei altmennonitischen Missionare Elvin Snyder, Josephus Shank und Nelson Litwiller aus Argentinien pflegten einen Austausch mit der jungen mennonitischen Indianermission und wurden in Fernheim um öffentliche Vorträge zur Weltlage gebeten. Snyder soll behauptet haben, die Naziideologie sei die „Syphilis des Menschengeistes“, was 1940 im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst zu einer empörten Reaktion der Nazisympathisanten führte (Thiesen, Mennonite and Nazi?, 1999, S.133). Die Evangelisch-Mennonitische Bruderschaft (Allianzgemeinde) verfasste 1943 gemeinsam mit Gleichgesinnten aus den anderen mennonitischen Gemeinderichtungen eine „Denkschrift“, die auch als „Manifest der Wehrlosen“ bekannt wurde. Hier forderten sie die Rückkehr zur mennonitischen und neutestamentlichen Wehrlosigkeit, wiesen auf die Irrwege des mennonitischen Selbstschutzes in Südrussland hin und ermutigten, den missionarischen und sozialen Auftrag in Paraguay und bei der benachbarten einheimischen Bevölkerung wahrzunehmen (Mennoblatt, Juli 1943).

Zum andern trat unter dem Einfluss von Hajo Schröder („russlanddeutsche Friesen“) durch die Abwanderung einer Chacogruppe nach ‚Friesland' in Ostparaguay und durch andere Initiativen eine starke ‚Heim-ins-Reich-Bewegung' ins Leben. Die Rückwanderungswilligen wurden aufgefordert, sich in Listen einzuschreiben, um ihre Loyalität mit dem „neuen Deutschland“ zu bekunden. Sie stellten zu einem Zeitpunkt während der ersten Kriegshälfte die Mehrheit in Fernheim. Die „Chacooptimisten“ dagegen beriefen sich auf Jeremia 29, 7 („… suchet der Stadt Bestes …“) und waren entschlossen, in Paraguay zu bleiben. Die Zentralstelle des Deutschen Volksbundes in Asunción und auch die deutsche Gesandtschaft taten ihr Möglichstes, die Mennoniten im Chaco im Sinne des neuen Deutschlands anhaltend zu motivieren, und übten psychologischen Druck aus. Die paraguayische Regierung, die 1942 den Axenmächten den Krieg erklärt hatte und besonders von der US-Botschaft im Hinblick auf ihre Loyalität zu den Alliierten beobachtet wurde, signalisierte zunehmend, dass sie keine deutsch-nationale Enklave im paraguayischen Chaco tolerieren könne.

Die emotionalen Spannungen führten am 11. März 1944 zu einer Straßenschlägerei unter zwei rivalisierenden mennonitischen Jugendgruppen, die beide von starken Nazisympathien geprägt waren. Dieser Zwischenfall und der mittlerweile auch beinahe verlorene Krieg brachten eine schmerzliche Ernüchterung mit sich. Die Fernheimer Kooperative und Kolonieleitung, die schon auf der schwarzen Liste der deutschen Geschäfte stand, die geschlossen werden sollten, falls sie keinen Loyalitätswechsel vornähmen, distanzierten sich unter dem ermutigenden Zuspruch des MCC von öffentlichen politischen Sympathiebekundungen für das Dritte Reich. Die zwei führenden Intellektuellen, der Siedlungsleiter und der Schulleiter, wurden auf Anordnung der paraguayischen Regierung vorübergehend aus dem Chaco gewiesen. Die Mennoniten-Brüdergemeinde spaltete sich über der nationalsozialistischen Frage in zwei Lager, innere Zerwürfnisse und persönliche Verletzungen hielten noch einige Jahre an.

Ansätze zur Vergangenheitsbewältigung

Der Aussöhnungsprozess begann 1947, als in der gespaltenen Mennoniten-Brüdergemeinde eine Beugungs- und Versöhnungszeit ausgerufen wurde. In der Mennoniten-Kirchengemeinde geschah Ähnliches. Die Hilfe der kanadischen Glaubensbrüder B. B. Janz (Mennoniten-Brüdergemeinde) und J. J. Thiessen (Mennonitische Kirchengemeinde) war in diesem Prozess bedeutsam. Beide waren noch von Russland her als geistliche Autoritäten anerkannt. Sehr bald aber setzte sich der Gedanke durch, über diese Zeit nicht mehr zu reden. Daran hat sich bis zur Gegenwart nur wenig geändert, obwohl die Bücher von Peter P. Klassen und John D. Thiesen wertvolle Ansätze zur Vergangenheitsbewältigung bieten.

Alfred Neufeld Friesen

5. Bewältigung nationalsozialistischer Vergangenheit

Die Deutschen fanden nach der Niederlage des Dritten Reichs keine Zeit und Kraft, darüber nachzudenken, was geschehen war und in welcher Weise sie darin schuldhaft verwickelt waren. Das gilt auch für die kleine Glaubensgemeinschaft der Mennoniten, die zum größeren Teil ihre Heimat verloren hatten und nach Wegen suchen mussten, eine Bleibe im Westen Deutschlands oder in Süd- und Nordamerika zu finden. In dieser Situation wurde das Schreckliche, das geschehen war, eher verdrängt als verarbeitet. Das freilich belastete die sich wieder anbahnenden Begegnungen deutscher Mennoniten mit niederländischen und französischen Mennoniten, die unter der deutschen Besatzungsmacht gelitten hatten und von den deutschen Mennoniten enttäuscht worden waren, auch mit den nordamerikanischen Mitarbeitern des →Mennonite Central Committee, das bald nach dem Ende des Krieges den Not leidenden Glaubensgeschwistern mit Hilfsgütern unter die Arme griff. Ein wichtiger Einschnitt für die Wiedereingliederung der deutschen Mennonitengemeinden in die „weltweite Bruderschaft“ war die Vierte →Mennonitische Weltkonferenz, die im August 1948 in Goshen, Ind., und North Newton, Kans., USA, stattfand und zu der auch fünf Vertreter von Vereinigung und Verband eingeladen waren. Bereits während der Überfahrt kam es zu kontroversen, auch unangenehmen Gesprächen der deutschen Vertreter mit den schweizerischen und französischen, vor allem aber mit den niederländischen Delegierten. Auf der ersten Sitzung der Weltkonferenz am 4. August ergriff der Krefelder Pfarrer Dr. Dirk →Cattepoel das Wort und bekannte, „wie tief es uns belastet, daß so viel Leid, so viel Grausamkeit und so viel Zerstörung durch unsere Landsleute über andere gekommen sind.“ Dabei wandte er sich besonders an die Glaubensgeschwister in den Niederlanden und Frankreich und bat sie um Vergebung. Er fuhr fort: „Aber ich will nicht versuchen, alles und jedes zu entschuldigen; am Ende ist jeder Deutsche am politischen Irrtum schuldig“ (Proceedings, 14 ff.). Auch Emil →Händiges, der Vorsitzende der Vereinigung, kam mit einem Bericht über die Lage der Mennonitengemeinden während des Dritten Reiches zu Wort. Er meinte, dass die nationalsozialistische Regierung die Mennoniten „loyal behandelte und die Glaubens- und Gewissensfragen, die wir immer wieder frei und offen an sie herantrugen, in ihre Überlegungen einbezog.“ Insgesamt glaubte er berichten zu können, dass die Gemeinden während dieser Zeit „eine Vertiefung ihres geistlichen Lebens“ erfuhren (Proceedings, 218 ff.). Ein Schuldbekenntnis dessen, der die Geschicke der Vereinigung maßgeblich bestimmt hatte, wäre zu erwarten und auch wirkungsvoll gewesen, ist hier aber nicht zu finden. Auch wurden die Eingeständnisse der Schuld, die Cattepoel ohne einen offiziellen Auftrag, in abgeschwächter Form bei anderer Gelegenheit auch Gustav →Reimer im Namen der Flüchtlinge auf der Weltkonferenz vortrugen, in Deutschland nicht veröffentlicht, das geschah erst 1967 (Lichdi, Vergangenheitsbewältigung, 45 f.). Erst als sich das politische Klima nach Wirtschaftswunder und Kaltem Krieg geändert und eine Öffnung der Bundesrepublik Deutschland zum Osten eingeleitet worden war, als die so genannte Ostdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland auch unter den heimatvertriebenen Mennoniten diskutiert und nach und nach das Friedenszeugnis der Täufer in den Mennonitengemeinden wieder an Boden gewann, war das Bedürfnis erwacht, sich über die nationalsozialistische Vergangenheit der Mennonitengemeinden ein genaueres Bild zu machen. Das begann mit vereinzelten Diskussionen, in deren Zusammenhang Heinold →Fast ganz im Gegensatz zu Emil Händiges vom „geistlichen Bankrott“ (Der Mennonit 1966, 165 f.) der mennonitischen Gemeinden im Dritten Reich sprach, vorher schon mit der Veröffentlichung des Kapitels (Der Mennonit 1965), das Abraham →Esau in seiner Übersetzung von C. Henry →Smiths Story of the Mennonites ausgelassen hatte (1945, übers. Fassung 1951/1964). Fortgesetzt wurde nicht nur die geschichtswissenschaftliche, sondern auch die gemeindetheologische und seelsorgerliche Beschäftigung mit diesem dunklen Abschnitt der mennonitischen Geschichte, wie eingangs dargestellt wurde. Allmählich wuchs die Einsicht in den offiziellen Gremien der deutschen Mennoniten, sich noch einmal mit dieser „unbewältigten Vergangenheit“ zu beschäftigen. 1995 wurde in der →Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) eine Erklärung angesichts der 50. Wiederkehr der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 beraten und beschlossen. Die historische Diagnose ist eindeutig: „Die meisten Mennoniten in Deutschland sind, als Ergebnis einer langen Entwicklung, der Anfechtung des Nationalsozialismus erlegen, und sie gaben das Friedenszeugnis auf. Sie schätzten oft Verpflichtungen gegenüber dem eigenen Volk höher ein als die Verbindung zu unseren mennonitischen Geschwistern in den Niederlanden und im Elsaß.“ Weiter wird in dieser Erklärung das erste Mal offiziell im Namen der deutschen Mennonitengemeinden, sofern sie in der AMG vertreten sind, um Vergebung gebeten und bekannt, „daß wir als Christen und Teil der mennonitischen Geschwisterschaft früher unsere Scham und unsere Betroffenheit hätten deutlich machen müssen“ (Menn. Jahrbuch 1996, 41 ff.).

Bibliografie (Auswahl)

Quellen

Zeitschriften: Der Bote, Der Mennonit, Mennonitische Blätter, Mennonitische Jugendwarte, Mennonitisches Gemeindeblatt, Christlicher Gemeinde-Kalender, Mennonitisches Jahrbuch, Mennonitische Rundschau u.a.

Archivalien: Mennonitische Forschungsstelle,Weierhof/Pfalz, Mennonite Libraries and Archives in Goshen, Ind., und Newton, Ks., USA, Mennonite Heritage Centre, Canadian Mennonite University Winnipeg, Winnipeg, Kan., Deutsches Bundesarchiv, Berlin, Conrad Grebel College, University of Waterloo, Ont. Kanada (Frank H. Epp Papers). - Gerhard Schartner, Unveröffentl. Tagebuchaufzeichnungen (im Familienbesitz; Kopie in Menn. Forschungsstelle, Weierhof). Anna Sudermann, Lebenserinnerungen 1893–1970, Winnipeg 1970 (unveröffentl., Mennonite Heritage Centre, Winnipeg).

Literatur

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Hans-Jürgen Goertz

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