Bonhoeffer, Dietrich

geb. am 4. Februar 1906 in Breslau, hingerichtet am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg (Oberpfalz), Deutschland; Evangelischer Theologe und Teilnehmer am aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Dietrich Bonhoeffer wird von vielen als ein protestantischer Heiliger und Märtyrer betrachtet, der von den Nationalsozialisten in einem deutschen Konzentrationslager ungefähr zwei Wochen, bevor westalliierte Truppen das Lager befreiten, zusammen mit hochrangigen Anführern der Widerstandsbewegung hingerichtet wurde. Alle diese Männer waren in den missglückten Attentatsversuch gegen Adolf Hitler am 20. Juli 1944 verwickelt. Bonhoeffer war erst 39 Jahre alt, als er starb. Er war in Breslau aufgewachsen, wo sein Vater eine Professur für Psychiatrie und Neurologie innehatte. Ab 1912 lebte er mit seiner Familie in Berlin, wohin sein Vater auf eine der bedeutendsten Professuren seines Faches berufen worden war.

Bonhoeffer nahm das Studium der evangelischen Theologie 1923 in Tübingen auf und setzte es 1924 in Berlin fort. 1924 besuchte er Rom und war vom Petersdom stark beeindruckt, ebenso von der katholischen Sakramentsauffassung und dem Universalismus der Kirche. Dadurch wurden seine eigenen Überlegungen zur Kirche als einer Gemeinschaft der Heiligen beeinflusst. So wurde er 1927 mit einer Dissertation über Sanctorum Communio (1930 veröffentlicht) an der Berliner Universität promoviert. Diese Dissertation trägt den Untertitel Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche und zeigt den starken Einfluss Hegels, indem hauptsächlich auf die Beziehung zwischen Gemeinschaft und Person abgehoben wird. Personalität, meinte Bonhoeffer, könne nur in der Beziehung des Einzelnen zum Anderen in Gemeinschaft verstanden werden. Die gefallene Kollektivperson (Adam) wird von der wiederhergestellten Kollektivperson (Christus) als neue Menschheit überboten. Hier unterbreitet Bonhoeffer sein berühmtes Konzept vom „Christus als Gemeinde existierend“. Die Kirche ist nicht nur der Leib Christi, sie ist vielmehr Christus, wie er historisch existiert.

1928 bis April 1929 verbrachte Bonhoeffer als Vikar einer deutschen Gemeinde in Barcelona. 1930 habilitierte er sich mit einer Untersuchung zu Akt und Sein. Transzendentalphilosophie und Ontologie in der systematischen Theologie (veröffentlicht 1931). Es ist unter den vielen anderen das schwierigste Buch Bonhoeffers. Hier führt er seine Überlegungen zur theologischen Anthropologie weiter aus und versucht, den Transzendentalismus Immanuel Kants mit der Ontologie Martin Heideggers zu verbinden. Diese Untersuchung ist zugleich eine Kritik an der Theologie Karl →Barths (und an der calvinistischen Auffassung vom „finitum incapax infiniti“ (das Endliche kann das Unendliche nicht aufnehmen), die im Gegensatz zu seiner eher lutherischen Auffassung vom „finitum capax infiniti“ steht (das Endliche kann das Unendliche aufnehmen). Er bemüht sich, „Akt“, der die direkte göttliche Offenbarung in der Geschichte repräsentiert (Barths Aktualismus), mit „Sein“ zusammenzubringen, das für die ontologische Kontinuität und Objektivität der Offenbarung in der Kirche steht.

Im Juli 1931 verbrachte er zwei Wochen in Bonn, wo er Karl Barth besuchte und eine dauerhafte und vertrauliche Beziehung beider zueinander entstand. Barth und Bonhoeffer beeinflussten sich gegenseitig, wie in Barths positiven Kommentaren zu Bonhoeffer in seiner Kirchlichen Dogmatik zu erkennen ist. Bonhoeffer selbst unterhielt eine zweideutige Beziehung zu Barths Theologie und bezeichnete sie später sogar als „Offenbarungspositivismus“.

1930/1931 schrieb sich Bonhoeffer für ein Studienjahr am Union Theological Seminary in New York ein. Er kritisierte die amerikanische Säkularisierung und Liberalisierung des Christentums, ebenso den Rassismus, und schrieb einen Aufsatz über die deutsche „Theologie der Krisis“, in dem er eine Lanze für Barths Theologie im amerikanischen Kontext brach. Beeindruckt hat ihn allerdings die handlungsorientierte Theologie Reinhold Niebuhrs und die Spiritualität der schwarzen Bevölkerung („Black spirituality“). Als jemand, der in der lutherischen Tradition des „Gerechten Krieges“ aufgewachsen war, geriet er unter den Einfluss des pazifistischen Studenten Jean Lasserre aus Frankreich, der ihn davon überzeugte, in der Diskussion um Krieg und Frieden den Akzent auf die Bergpredigt Jesu zu legen. In den folgenden Jahren sollte er sich mit pazifistisch klingenden Argumenten gegen den Krieg zu Wort melden. Das ist ein Aspekt der Theologie Bonhoeffers, der auf Mennoniten besonders anziehend wirkte.

Bonhoeffer begann seine Verbindung zur ökumenischen Bewegung 1931 und entwickelte lebenslange internationale Beziehungen und Freundschaften. Diese Kontakte werden später auf seinen Reisen und in seine Arbeit für die Verschwörung gegen Hitler noch wichtig werden. Ihm lag besonders daran, dass die ökumenische Bewegung sich ein solideres theologisches Fundament schafft (Gehorsam gegenüber Jesus Christus als Herrn) und sich in der Wirklichkeit der Welt verortete. In seinen Schriften und Vorträgen fragte er danach, wie wir Gottes Willen in konkreten Situationen erkennen können. Es wies eine gesetzliche Auslegung der Bergpredigt zurück wie auch die lutherische Rede von „Schöpfungsordnungen“ und empfahl eine Theologie der Nachfolge und Vergebung als Fundament des Friedens.

1932/1933 hielt er an der Universität Berlin Vorlesungen über die Genesis, die dann als Schöpfung und Fall (1933) veröffentlicht wurden. In diesen Vorlesungen verwarf er das lutherische Konzept von den „Schöpfungsordnungen“ und schlug stattdessen vor, die Institutionen der Ehe, Familie, Nation und Regierung als Ordnungen oder später als „Mandate“ zu verstehen, die die Schöpfung erhalten. Die Vorlesungen, die er 1933 über die Christologie in Berlin hielt, wurden erst später von Eberhard Bethge kompiliert und 1960 in den Gesammelten Schriften (Bd. III) veröffentlicht. In dieser Vorlesung bestätigte Bonhoeffer die klassische Konzeption Chalcedons von den zwei Naturen Christi (vollkommen göttlich und vollkommen menschlich). Er meint, dass der erniedrigte Christus (der gekreuzigte und leidende Christus) als das Wort die verborgene, durch die Kirche vermittelte Mitte der menschlichen Existenz, Geschichte und Natur sei. Das Thema von der zentralen Stellung des leidenden Christus wird der Angelpunkt für seine späteren Briefe aus der Haft werden.

Bonhoeffer ist einer der ersten protestantischen Theologen, der sich gegen die Verfolgung der Juden durch das nationalsozialistische Regime aussprach. Sein im April 1933 verfasster Aufsatz Die Kirche vor der Judenfrage ist eine direkte und kritische Antwort auf die antisemitisch-arische Gesetzgebung. Er meinte, dass es drei Möglichkeiten gäbe, wie die Kirche ihr Zeugnis gegenüber dem Staat abzulegen habe: 1. den Staat an seine legitime, aber begrenzte Rolle in der Gesellschaft zu erinnern, 2. den Opfern staatlicher Maßnahmen zu Hilfe zu kommen und 3. in extremen Situationen der Staatsmaschinerie in die Speichen zu greifen. Dieser letzte, subversive Punkt ist für einen lutherischen Pastor und Theologen dieser Zeit untypisch. In den frühen vierziger Jahren war Bonhoeffer intensiv damit beschäftigt, ungefähr ein Dutzend verfolgter Juden zu retten.

Am Sonntag, dem 23. Juli 1933, an dem die Kirchenwahlen stattfanden, aus denen die Deutschen Christen mit einer überwältigenden Mehrheit in 25 von 28 Landeskirchen hervorgingen, predigte Bonhoeffer in Berlin und forderte eine „Bekennende Kirche“ (d.h. er erklärte den „status confessionis“). Er war führend an der Gründung des Pfarrernotbundes beteiligt, der von Martin Niemöller angeführt wurde, und half das Betheler Bekenntnis zu formulieren, den ersten Bekenntnisversuch gegen die nationalsozialistische Ideologie in der protestantischen Kirche. An der wichtigen Bekenntnissynode von Barmen im Mai 1934 nahm Bonhoeffer allerdings nicht teil, sondern war lediglich an deren Vorbereitung beteiligt.

Von 1933 bis 1934 folgte Bonhoeffer einem Ruf als Pastor an zwei deutsche Gemeinden in London, wo er eine enge Freundschaft zu George Bell, den Bischof von Chichester, knüpfte und so einen wichtigen Kontakt für seine späteren konspirativen Aktivitäten aufbauen sollte. In dieser Zeit erhielt er einen Ruf der Bekennenden Kirche, die Leitung des illegalen Predigerseminars der Bekennenden Kirche zunächst in Zingst (1935) und dann in Finkenwalde zu übernehmen. Er richtete sich nach dem Rat des ihm vertrauten Karl Barth, der ihn ermutigte, nach Deutschland zurückzukommen und für die Bekennende Kirche zu arbeiten.

Inzwischen setzte er die Arbeit und den Reisedienst für die ökumenische Bewegung fort und forderte zur Ächtung des Krieges auf. In seinem Aufsatz über Die Bekennende Kirche und die Ökumene (1935) und in seinem Vortrag Zur Frage nach der Kirchengemeinschaft (1936) legte er den Akzent auf die Frage nach den Grenzen der Kirche und wagte die allerdings kontrovers aufgenommene Erklärung, dass jeder, der sich wissentlich von der Bekennenden Kirche trennt, sich auch vom Heil trennt.

Während seiner Arbeit am Predigerseminar in Finkenwalde hielt er Vorlesungen über die Bergpredigt, die 1937 unter dem Titel Nachfolge veröffentlicht wurden. Seine Lehrbefähigung an der Berliner Universität hatte er 1937 verloren. Die Nachfolge war eines von Bonhoeffers einflussreichsten Büchern geworden. Mennoniten, die im Laufe ihrer Geschichte Nachfolge und Bergpredigt als das Zentrum der Verkündigung Jesu ansahen, fühlten sich zu diesem Buch besonders hingezogen. Angelpunkt dieses Buches ist die Kritik an der lutherischen Trennung der Rechtfertigungslehre von der Nachfolge, was nach Bonhoeffers Meinung zur „billigen Gnade“ führen musste. Was den Christen geschenkt ist, ist die „teure Gnade“. Diese Gnade ist der durch die Gnade Christi ermöglichte Weg der Nachfolge in der Bösartigkeit der Welt.

Sehr nahe kommt den Mennoniten auch Bonhoeffers Betonung der Gemeinschaft in seinem Buch vom Gemeinsamen Leben, das als Rückblick auf die Erfahrungen in Finkenwalde 1938 veröffentlicht wurde. Indem katholisch anmutende Spiritualität mit reformatorischer Betonung des göttlichen Wortes kombiniert wurde, versuchte Bonhoeffer herauszufinden, wie ein protestantisches Experiment gemeinsamen Lebens auszusehen hätte: gemeinsames Gebet, Bibelstudium, Gottesdienst, Buße, Bekenntnis, alles miteinander teilen und sich gegenseitig unterordnen.

Um die Einberufung zum Wehrdienst zu umgehen, unternahm Bonhoeffer eine zweite Reise nach Nordamerika und an das Union Theological Seminary (vom 2. Juni bis 27. Juli 1939). Ursprünglich wollte er bleiben und erhielt eine Einladung, dort zu lehren, nach gründlicher Prüfung änderte er aber seinen Plan und kehrte nach Deutschland zurück. Er war nämlich davon überzeugt, dass er nur an der Wiederherstellung Deutschlands nach dem Krieg mitwirken könne, wenn er sich nicht vorher dem Leiden an der Gegenwart entzieht. Auch weiterhin kritisierte er die liberale Theologie in Amerika, lobte aber die Betonung, die sie, wie im Denken Reinhold Niebuhrs, auf praktisches Christentum und soziale Gerechtigkeit legte.

Seine Freunde am Union Theological Seminary, wie Paul Lehmann, die ihn in den USA zu halten versuchten, haben nicht erkennen können, dass er bereits lose in die konspirativen Aktivitäten gegen Adolf Hitler verwickelt war. Nach seiner Rückkehr wurde er sehr viel enger in die Pläne der Verschwörer in Deutschland, zu denen auch einige enge Verwandte gehörten, verstrickt. Er fühlte sich von der Bekennenden Kirche und deren Kompromissen enttäuscht und wuchs in eine neue Gemeinschaft mit den Mitverschwörern hinein. Er fuhr aber fort, Theologie inkognito und im Vorübergehen zu betreiben.

Offiziell arbeitete er immer noch für die Bekennende Kirche, aber insgeheim arbeitete er für die sogenannte Abwehr, den deutschen militärischen Abschirmdienst, der ihn mit einem Ausweis und mit Visa versorgte und wo der militärische Widerstand gegen den Nationalsozialismus einen Schutz fand. Wegen seiner ökumenischen Kontakte war Bonhoeffer für die Verschwörung von unschätzbarem Wert. Seine Rolle war, erstens ausländische Nachrichten zu sammeln, und zweitens noch wichtiger, Informationen an ausländische Machthaber über den Stand der Verschwörung weiterzuleiten. Im Zuge dieser Aktivitäten wurde aus einem Mithelfer ein Verschwörer. Er reiste in die Schweiz, nach Schweden, Norwegen und Italien, er besuchte Karl Barth, christliche Kirchenmänner und anglo-amerikanische Friedensgruppen. Im Frühjahr 1942 reiste er mit Helmuth von Moltke, einem anderen Verschwörer, nach Norwegen, um Bischof Bergrav zu sprechen und zu kirchlichem Widerstand zu ermutigen. In Schweden traf er sich mit seinem Freund Bischof George Bell, dem er präzise Details über den geplanten Staatsstreich mitteilte (und sogar Namen preisgab). Er bat ihn, Kontakte zu den höchsten Stellen der britischen Regierung herzustellen, damit sie den Anführern des Putsches Zeit ließen, eine Regierung zu bilden und großzügige Friedensbedingungen auszuhandeln.

Diese Nachricht wurde an den Außenminister Anthony Eden weitergeleitet, eine Antwort blieb aber aus. Bonhoeffer reiste mit seinem Schwager Hans v. Dohnanyi im Juni 1942 nach Rom, wartete dort jedoch vergeblich auf eine britische Antwort über die diplomatischen Kanäle des Vatikans. Kurz darauf erreichten Bonhoeffer und v. Dohnanyi Warnungen, die sie informierten, dass sie unter Beobachtung stünden. Ihre Lage wurde tatsächlich prekär, und sie wurden am 5. April 1943 verhaftet.

Neben seinen konspirativen Aktivitäten schrieb Bonhoeffer von 1940 bis 1943 an Manuskripten, verschiedenen, lose aneinander gereihten Fragmenten, die später von Eberhard Bethge als Ethik (1949) veröffentlicht wurden. Bonhoeffer meinte, dass Ethik nicht eine Sammlung von abstrakten Prinzipien sei, von denen sich praktische Schlussfolgerungen ableiten ließen, sondern Gehorsam gegenüber Christus und dem Willen Gottes. Die Kirche ist eine stellvertretende Repräsentantin der Welt – sie nimmt die Schuld der Welt auf sich.

Im Gegensatz zu Barth versuchte Bonhoeffer, einen Platz für die „natürliche Theologie“ wiederzufinden. Er verwarf das lutherische Zwei-Reiche-Denken und wechselte von seinem früheren Konzept der „Erhaltungsordnungen“ zu den „Mandaten“ Christi, den eschatologisch verstandenen, vorletzten Aufgaben der gesellschaftlichen Institutionen (Arbeit, Ehe, Regierung, Kirche). Er wechselte auch von seiner früheren Betonung der Trennung von Kirche und Welt (Nachfolge) zu einer neuen Akzentuierung der christlichen Verantwortung in der Welt (politische Vertretung, stellvertretende Aktion, Spannung zwischen Gehorsam und Freiheit). Er haderte mit der Schuld, die Verschwörung und Tyrannenmord mit sich bringen.

In seinem letzten Buch, das aus Briefen, Gedichten und anderen Fragmenten besteht, die er Eberhard Bethge aus dem Gefängnis geschickt und die als Briefe und Gedichte aus der Haft veröffentlicht wurden, bewegt sich das Denken Bonhoeffers in neue Richtungen (Widerstand und Ergebung, 1951, 12. Aufl. 1964). Er spekulierte darüber, was es wohl heißen müsste zu leben, als ob es Gott nicht gäbe, auch darüber, dass die Menschen ihre Mündigkeit auch Gott gegenüber erlangen und darüber, was eine nichtreligöse Interpretation biblischer Begriffe bedeuten könnte. Aber seine zentralen Forderungen, dass Christus seine Macht in Schwachheit und Leiden beweist, dass er ein Mensch für andere ist und dass die Kirche für andere existiert, bleiben mit seinen früheren Schriften im Einklang.

Bonhoeffer musste seine letzten Jahre in Haft verbringen: im Gefängnis von Tegel vom 5. April 1943 bis 8. Oktober 1944, im berüchtigten Berliner Kellerverlies der Geheimen Staatspolizei (Prinz-Albrecht-Straße) bis zum 7. Februar 1945 und im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar bis in die ersten Apriltage 1945. Schließlich wurde er ins Konzentrationslager Flossenbürg verbracht und am 9. April 1945 standrechtlich erhängt. An diesem Tag wurde auch sein Schwager Hans v. Dohnanyi im KZ Sachsenhausen hingerichtet. Sein Bruder Klaus und sein Schwager Rüdiger Schleicher wurden am 23. April 1945 in Berlin exekutiert.

Wie bereits erwähnt wurde, hat Bonhoeffers Betonung der Nachfolge, der Kirche als Gemeinschaft, der Heiligung, die untrennbar mit der Rechtfertigung verbunden sei, und seine starken Erklärungen gegen den Krieg besonders die Gemeindeglieder der täuferisch-mennonitischen Tradition angezogen. Größere Schwierigkeiten haben Mennoniten allerdings mit seinen konspirativen Aktivitäten. Es gibt mehrere Möglichkeiten, Bonhoeffers Verwicklung in die Vorbereitungen des Attentats auf Adolf Hitler zu deuten: 1. Einige meinen, dass er nie wirklich ein Pazifist gewesen sei und seine späteren Aktivitäten mit seiner pazifistisch anmutenden Phase übereinstimmten. 2. Andere meinen, das er einem Wandel unterzogen wurde, der einen Widerspruch zu seiner früheren Theologie verursacht habe. 3. Noch andere sind der Meinung, dass Bonhoeffer seit den frühen dreißiger Jahren ein „virtueller Pazifist“ gewesen sei, einer, der in einer extremen, konkreten Situation – als Juden millionenweise getötet wurden – keinen anderen Weg sah, als sich an Plänen zum Tyrannenmord zu beteiligen und doch die Sündhaftigkeit solcher Aktionen einzusehen und nach Vergebung zu suchen. Es ist diese letzte Möglichkeit, die am konsistentesten mit seinem Leben und Denken als Ganzem verbunden zu sein scheint.

Werke

Dietrich Bonhoeffer, Werke, hg. von Eberhard Bethge, Ernst Feil u. a., 16 Bde. (Register- und Ergänzungsbände), München 1986 ff. - Dietrich Bonhoeffer, Works, Minneapolis 1998 ff.

Literatur

Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek b. Hamburg 1976. - Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer. Theologe, Christ, Zeitgenosse, 8. Aufl. München 2004 (engl. Minneapolis 2000). - Fernando Enns, Saint? – Ecumenist! – Pacifist? Remembering Dietrich Bonhoeffer, in: Jeremy M. Bergen u. a. (Hg.), Creed and Conscience: Essays in Honour of A. James Reimer, Kitchener 2007, 167–180. - Ernst Feil, Die Theologie Dietrich Bonhoeffers. Hermeneutik, Christologie, Weltverständnis, München und Mainz 1971. - Peter Frick, Notes on Bonhoeffer's Theological Anthropology: The Case of Racism, in: Bergen u. a. (Hg.), Creed and Conscience, 135–151. - Clifford J. Green, Bonhoeffer. A Theology of Sociality, rev. Aufl. Grand Rapids, Mich., 1972/1999. - John de Gruchy, (Hg.). Dietrich Bonhoeffer: Witness to Jesus Christ, Minneapolis 1991. - Stanley Hauerwas, Dietrich Bonhoeffer’s Political Theology, in: Conrad Grebel Review 20, 2002, 17–39. - Ders., Bonhoeffer on Truth and Politics, in: Conrad Grebel Review 20, 40–57. - Ders., Performing the Faith: Bonhoeffer and the Practice of Nonviolence, Grand Rapids, Mich., 2004. - Wolfgang Huber, Dietrich Bonhoeffer. Auf dem Weg zur Freiheit, München, 2019. - Rainer Mayer, Christuswirklichkeit. Grundlagen, Entwicklung und Konsequenzen der Theologie Dietrich Bonhoeffers, Stuttgart 1969, 2. Aufl. 1980 – Mark K. Nation, 'Pacifist and Enemy of the State': Bonhoeffer's 'Straight and Unbroken Course' from Costly Discipleship to Conspiracy, in: Journal of Theology for Southern Africa, 77, Dez. 1991, 61–77. - Larry L. Rasmussen, Dietrich Bonhoeffer: Reality and Resistance, Louisville 2005. - A. James Reimer, Jesus Christ, the Man for Others. The Suffering God in the Thought of Paul Tillich and Dietrich Bonhoeffer, in: Laval Theologique et Philosophique 62, Nr. 3, 2006, 499–509.

Lexikonartikel

Gerhard Krause, Art. Bonhoeffer, Dietrich, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. VII, 1981, 55–66 (Lit.). - Friedrich- Wilhelm Bautz, Art. Bonhoeffer, Dietrich, in: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon: www.bautz.de/bbkl (aktualisierte Lit.).

A. James Reimer

 
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