Krahn, Cornelius

geb. 3. August 1902 in Rosenthal, Chortitza, Russland, gest. am 3. August 1990 in Newton, Kansas, USA; Professor für Kirchengeschichte am Bethel College in North Newton, Kans., und Direktor der Mennonite Library and Archives.

Cornelius Krahn verbrachte die frühen Jahre, die sein Leben prägten, in Russland, zunächst in dem Dorf Rosenthal (Chortitza) und dann in Arkadak (Provinz Saratov), wohin seine Familie auf der Suche nach Land zog. Die Familie Krahn gehörte zur mennonitischen Brüdergemeinde. Diese frühen Jahre fielen in die Jahre des Ersten Weltkriegs und der Russischen Revolution. 1926 verließ Krahn Russland, um sich in Deutschland um eine höhere Bildung zu bemühen. Später hat er zu den Gründen, Russland zu verlassen, noch den Grund hinzugefügt, der „eisernen Faust“ des stalinistischen Regimes zu entkommen.

In Deutschland nahm er das Studium bei „Licht im Osten“ in Wernigerode (Harz) auf und setzte es an der Missionsbibelschule in Neukirchen und dann an den Universitäten in Bonn, Berlin und Heidelberg fort. Hier wurde er 1936 mit einer von Walther →Köhler betreuten Dissertation über Menno Simons promoviert. Während seines Deutschlandaufenthalts gehörte er zum mennonitischen Rundbriefkreis junger Mennoniten im →Dritten Reich und beteiligte sich daran, viele theologische und kirchliche Probleme, die damals besonders aktuell waren, miteinander zu diskutieren. Er leitete die Rundbriefgruppe Nr. 12. Als er sich vom nationalsozialistischen Regime abgestoßen fühlte, zog er für einige Jahre in die Niederlande. 1938 siedelte er in die USA über.

In Nordamerika erhielt Krahn vorübergehend die Gelegenheit, als Lehrer für Deutsch am Bethel College, Newton, Kansas, zu unterrichten. Bald darauf ging er an die University of Wisconsin, um den Magistergrad in deutscher Literatur zu erwerben (1939). Danach kehrte er nach Kansas zurück, zunächst als Professor an das Tabor College der Mennonite Brethren Church in Hillsboro (1939 – 1944) und dann von 1944 bis 1967 an das Bethel College (eine Institution der General Conference Mennonite Church) als Professor für Deutsche Sprache und Kirchengeschichte. Gleichzeitig übernahm er die Leitung der Mennonite Library and Archives. 1940 hatte er Hilda Wiebe (1910 – 2000) geheiratet. Aus dieser Ehe gingen drei Töchter hervor (Marianne, Karla und Cornelia).

Abgesehen von der Lehre war Cornelius Krahn als Gelehrter auch auf weiteren Gebieten erfolgreich. Zunächst war er als Direktor der Mennonite Library des Colleges ohne Konkurrenz. Zielstrebig sammelte er mennonitisches Material aller Art, so dass die Bibliothek zu einer der größten täuferisch-mennonitischen Sammlungen in Nordamerika angewachsen war. Einst erklärte Krahn: „Mein Vermächtnis für Bethel sei diese historische Bibliothek.“ Sodann war er Autor von wissenschaftlichen Büchern. Seine Dissertation über Menno Simons war 1936 erschienen und sein Dutch Anabaptism 1968. Ein weiteres Projekt war die Arbeit an der Revision der klassischen Geschichte der Mennoniten von C. Henry Smith, die erstmals 1941 erschienen war. Smith hatte Krahn noch persönlich beauftragt, die Revisionen vorzunehmen. Das führte dann zu vier überarbeiteten Auflagen zwischen 1950 und 1981.

Ebenso erfolgreich war schließlich Krahns editorische Tätigkeit. Er war Gründer und Herausgeber von Mennonite Life, der Veröffentlichung des Bethel Colleges, von 1946 bis 1971. Er schrieb 111 Artikel und zahlreiche Buchbesprechungen für diese Zeitschrift. Er war Mitherausgeber der vierbändigen Mennonite Encyclopedia (1955–1959) und schrieb dort selbst 686 Artikel. Auch gab er den Reprint dieser Enzyklopädie von 1967 heraus.

Krahn war maßgeblich daran beteiligt, mennonitische Studien im 20. Jahrhundert auf verschiedene Weise zu fördern. Seine Deutungen des Mennonitentums konzentrierten sich auf (1) Menno Simons, den Prediger einer „ekklesiozentrischen Theologie“ und (2) auf die Bedeutung des mennonitischen Experiments, in seiner eigenen Lebenserfahrung begründet, in Russland für alle Mennoniten. In Vorlesungen und volkstümlichen Artikeln interpretierte er die russischen Mennoniten für ein weiteres amerikanisches Publikum, das vergleichsweise wenig über die Brüder in der Sowjetunion wusste. Spät in seinem Leben, als die Beziehungen zwischen den USA und der Sowjetunion auftauten, war Krahn in der Lage, in die UdSSR zu reisen und einige Reisen mit Studierenden in sein Heimatland zu unternehmen. Stets hegte er eine besondere Bewunderung für Russland, nicht nur als Wiege seines Mennonitentums, sondern für Russland an sich, für Tolstoi, Dostojewski, Solschenizyn und die reiche Kultur der orthodoxen Kirche.

Vor allem aber konnte er seinen Studenten vermitteln, wie bedeutsam das täuferisch-mennonitische Erbe war. Dabei fühlte er sich nicht an ein rigides Konzept, was Mennonitentum sei, gebunden. Der mennonitische Glaube, meinte er, müsse als „aktives Christentum“ up-to-date sein.

Veröffentlichungen

Menno Simons, 1496–1561. Ein Beitrag zur Geschichte und Theologie der Taufgesinnten, Karlsruhe 1936, Wiederabdruck 1982. - Dutch Anabaptism: Origins, Spread, Life, and Thought, Den Haag 1968. - Herausgeber der Revisionen von C. Henry Smith, Story of the Mennonites, 1950, 1957, 1964, 1981. - Mitherausgeber der Mennonite Encyclopedia I - IV, 1955–1959. - Herausgeber von Mennonite Life, Newton, Kans., 1946–1971. - Verfasser zahlreicher Artikel in Mennonite Life, Mennonite Quarterly Review und Mennonite Weekly Review.

Literatur

Keith L. Sprunger, Cornelius Krahn, in: Harry Loewen (Hg.), Sheperds, Servants and Prophets, Kitchener, Ont., 2003, 229–246. - Cornelius J. Dyck (Hg.), A Legacy of Faith: A Sixteenth Anniversary Tribute to Cornelius Krahn, Newton, Kans., 1962. - Cornelius J. Dyck, The Scholarly Pilgrimage of Cornelius Krahn, in: Mennonite Life, September 1977, 11–17.

Keith L. Sprunger

 
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