Dyck, Abram
geb. am 1. Juli 1899 in Chortitza, Orenburg, Russland, gest. am 3. August 1984 in Chortitza, Orenburg/UdSSR; Ältester der Mennonitengemeinde im Gebiet Orenburg, verheiratet mit Maria Harder, sieben Kinder.
Abram Dyck stammte aus einer Bauernfamilie, die im Jahre 1894 aus Kronsfeld/Ukraine in die Orenburger Ansiedlung nach Chortitza umsiedelte. Er diente der Dejewer Mennonitengemeinde im Gebiet Orenburg bis zu seiner Verhaftung im Jahre 1934 als Prediger. Der Grund seiner Verhaftung war die Wahl und Ordination zum Prediger. Er büßte eine Haftstrafe ab und kam 1940 aus der Verbannung nach Hause, wo er weiter als Facharbeiter in der Kolchose arbeitete. Abram Dyck war in diesen Jahren einer der wenigen verbliebenen Prediger der Mennonitengemeinden im Gebiet Orenburg.
Im Juni 1955 wurde im Dorf Kanzerovka/Orenburg eine Bruderschaft einberufen, die Abram Dyck die Vollmacht erteilte, das Abendmahl auszuteilen und Taufen durchzuführen. Daraufhin fanden große Tauffeste in Nikolajewka, Fjodorowka und Chortiza statt. Am 11. November 1956 wurde Dyck durch den Ältesten Heinrich →Voth aus Krasnowischersk zum Ältesten der Orenburger Mennonitengemeinde eingesegnet. So wurde er zum Ältesten der Kirchengemeinden in der gesamten Ansiedlung. Ihm zur Seite standen zwei Helfer: Kornelius Braun und Dietrich →Tiessen.
Im Jahre 1958 fand in Borowsk eine heimliche Konferenz einiger Ältesten und Prediger der Mennonitengemeinden statt. Zugegen waren der Älteste Abram Dyck und der Prediger Jakob Derksen aus der Orenburger Siedlung, Ältester Johann →Penner und Prediger Hans Penner aus Solikamsk und der Älteste Heinrich Voth aus Krasnowischersk. Bei diesem Treffen wurden die Wirkungsbereiche der Ältesten eingeteilt. A. Dyck übernahm den Orenburger Bereich. Seine Aufgaben waren: Gemeindegründung im Gebiet Orenburg, Durchführung der Taufen und das Einsetzen von Verantwortlichen in den neu gegründeten Gemeinden.
In seinen Predigten forderte Abram Dyck die Zuhörer auf, Buße zu tun und sich zu dem Herrn Jesus Christus zu bekehren. Die Gläubigen forderte er auf, treu nach dem Worte Gottes zu leben. Eine Zeitzeugin erinnert sich: „Wenn Abram Dyck predigte, weinten seine Zuhörer, überwältigt von der Kraft des Wortes.“ Um mit der Gemeinde das Abendmahl zu feiern, war es erforderlich, die ganze Ansiedlung von Chortitza bis Pretoria zu Fuß zu durchqueren, gleich zu welcher Jahreszeit. Erst als ein relativer Wohlstand die Dörfer erreichte, wurden für solche Dienste private Fahrzeuge eingesetzt. Auch die Familie Dyck konnte sich mit der Zeit ein Motorrad leisten, das dann auch für die Außendienste eingesetzt wurde. Ältester Dyck war sehr beliebt und geschätzt, nicht nur von den Gemeindemitgliedern, sondern auch von Außenstehenden.
Abram Dyck lebte und diente unter ständigem Druck seitens der örtlichen Behörden und des Geheimdienstes. Die Aufforderung der Behörden, die Jugend- und Kinderarbeit zu unterlassen, nahm er ernst, denn ihm drohte andernfalls eine erneute Haft. Für verschiedene vermeintliche Verstöße gegen die Vorschriften der Behörden wurden ihm mehrere Male Geldstrafen auferlegt, die den finanziellen Zustand seiner Familie sehr verschlechterten. Abram Dyck war immer wieder den Schikanen und der Willkür der Parteifunktionäre und der Behörden ausgesetzt. So wurde er 1955 vor einem Tauffest aufgefordert, in ein Fahrzeug einzusteigen und mitzufahren. Erst nach etwa zehn Kilometern wurde er freigelassen. Den Weg zurück musste er zu Fuß gehen. Das Tauffest zu stören, gelang mit dieser Aktion jedoch nicht.
Die Amtszeit Abram Dycks war wohl die schwerste Amtszeit eines Ältesten seit der Gründung der Orenburger Siedlung. Schwer gezeichnet durch Alter und Krankheit legte er auf den Rat seiner Freunde am 8. Februar 1978 sein Amt nieder. Im August 1984 starb er in Chortitza, Orenburg.
Quellen
Befragungen von: Abram Dick (Sohn Abram Dycks), Schieder – Schwalenberg; Maria Keller, Dissen; Johann Wallmann, Bad Oeynhausen; Johann Martens, Bielefeld. - Hermann Heidebrecht, Fürchte dich nicht, du kleine Herde, Bielefeld 1999, 93–94.
Heinrich Unrau