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Enss, Bruno
geb. am 3. Juli 1899 in Tiegenhagen/Westpreußen, gest. am 27. Oktober 1967 in Winnipeg, Manitoba, Kanada; Landwirt, Prediger und Ältester.
Bruno Enss war der Sohn von Johann Enss (1860–1938) und Catharina Enss, geb. Bergthold (1860–1940). Er hatte zwei Geschwister, die ihn überlebten. Am 26. Oktober 1920 heiratete er Helene Hinz (geb. am 30. Mai 1898 in Neuteicherwalde/Westpr., gest. am 21. Mai 1989 in Winnipeg) in Reimerswalde/Westpr. Sie war die Tochter von Johann und Maria Hinz, geb. Janzen. Sie hatten drei Kinder: Georg, Günter und Magdalena. Georg fiel im Alter von 21 Jahren und Günter im Alter von 16 Jahren im Kriegseinsatz. Bruno Enss, der an den Folgen einer Operation 1967 in Winnipeg starb, wurde von seiner Ehefrau, der Tochter Magdalena und deren Ehemann Erwin Strempler sowie zwei Enkelkindern überlebt.
Bruno Enss wuchs in Reimerswalde/Westpr. auf und wurde 1914 in der Mennonitenkirche von Ladekopp/Westpr. getauft. Er besuchte die landwirtschaftliche Berufsschule in Marienburg/Westpr., kaufte nach dem Abschluss seiner Ausbildung im Alter von 21 Jahren einen Bauernhof und begann, Landwirtschaft zu betreiben.
Enss wurde 1933 zum Prediger und 1935 zum Ältesten der Gemeinde Orlofferfelde gewählt. Diesen Dienst versah er dort bis 1945, als er und seine Familie sich auf die Flucht begaben, nachdem die russische Armee in diese Gegend vorgerückt war. Er und seine Familie zogen durch das Danziger Werder gen Westen und erreichten die Ostsee. Dort konnten sie sich einschiffen und trotz feindlichen Beschusses aus der Luft und von U-Boot-Torpedos im April 1945 wohlbehalten Kopenhagen in Dänemark erreichen.
Zunächst war die Familie Enss mit vielen anderen Flüchtlingen in einer Schule in Kopenhagen untergebracht, bevor sie auf verschiedene Flüchtlingslager über ganz Dänemark verteilt wurden. Für die nächsten vier Jahre lebte die Familie in vier verschiedenen Lagern. Bruno Enss versuchte, den geistlichen und leiblichen Bedürfnissen der mennonitischen Flüchtlinge Genüge zu tun. Auch war es ihm als Prediger erlaubt, das Lager zu verlassen, um die Kranken anderswo zu besuchen. Er erhielt auch Einsicht in die Liste der Flüchtlinge anderer Lager, so dass er in der Lage war, zertrennte Familien wieder zusammenzuführen.
Während dieser Zeit begegnete Enss Henry H. Janzen, der als Mitarbeiter des →Mennonite Central Committee die Flüchtlinge geistlich zu betreuen hatte. Von Janzen wurde er an eine Familie in Manitoba, Kanada, vermittelt, die ihn und seine Familie unterstützte und in die Lage versetzte, im Juni 1949 nach Kanada auszuwandern.
Von 1949 bis 1952 studierte Enss am Mennonite Brethren Bible College in Winnipeg, das von H. H. Janzen geleitet wurde. Wenn diese Jahre auch wirtschaftlich gesehen nicht leicht waren, betrachtete Enss sie als seine besten Jahre, vor allem weil er die Gelegenheit erhalten hatte, sich immer mehr in die von Jesus Christus offenbarte Glaubenswahrheit zu vertiefen.
Während der ersten Jahre in Kanada war Enss in mehreren Gemeinden in Manitoba und anderen kanadischen Provinzen als Prediger tätig. Sieben Monate lang diente er 1953/54 auch als Evangelist und Lehrer in Südamerika. Nach seiner Rückkehr zog er 1954 nach British Columbia, wo er von 1954 bis 1963 in der First Mennonite Church Greendale als Prediger wirkte. Er beendete seinen Predigtdienst als Ältester und leitender Prediger von 1964 bis 1967 in der Springfield Heights Mennonite Church in Winnipeg.
Enss wurde wegen seiner positiven Lebenseinstellung, seiner Liebe zur Kirche und seiner Begeisterung für den kirchlichen Dienst geschätzt. Sein Humor öffnete ihm viele Türen. Er besuchte die Gemeindeglieder regelmäßig, seine Verkündigung war aufrichtig und streng an der Heiligen Schrift ausgerichtet. Er liebte junge Leute, und Taufgottesdienste waren stets Höhepunkte für ihn. Sein Motto war: „Lasset Euch versöhnen mit Gott."
Literatur
A History of the First Mennonite Church, Greendale, B. C., Greendale 1976. - Gerhard I. Peters, Remember Our Leaders: Conference of Mennonites in Canada, 1902–1977, Mennonite Historical Society of British Columbia, Clearbrook, B. C., 1982. - Diether Götz Lichdi, Vergangenheitsbewältigung und Schuldbekenntnisse der Mennoniten nach 1945, in: Mennonitische Geschichtsblätter 2007, 39–54.
Nachrufe
Der Bote, 14. November 1967, 6–7; 7. Juni 1989, 6. - Mennonitische Rundschau, 8. November 1967, 1–3.
Mitteilungen
Erwin Strempler, Bruno Enss, vom 27. Okober 2009, und Magdalena Strempler, Bruno Enss, vom 9. November 2009.
Richard Thiessen