Matthies, Wilhelm
geb. am 4. März 1903 in Alexandertal (Alt-Samara), Russland, gest. 19. Juni 1995 in Frankenthal, Deutschland; Prediger und Mitältester in der Mennoniten-Brüdergemeinde.
Wilhelm Matthies erlebte eine Bekehrung mit vierzehn Jahren. Nach Abschluss eines Gymnasiums wurde er mit achtzehn Jahren Dorfschullehrer in Alexandertal. Mit dem Beginn des landesweiten Kampfes gegen die Religion musste er 1929 den Lehrerberuf aufgeben. Ende 1930 kam er für achtzehn Monate in Untersuchungshaft. 1935 bis 1938 folgten drei Jahre Straflager im Norden Russlands. Als Beweis seiner Schuld galten seine niedergeschriebene Geschichte der Mennoniten Russlands und die Geschichte seiner Heimatkolonie Alt-Samara. Nach der Entlassung arbeitete er als Deutschlehrer in Bugulma (Tatarien). 1942–1946 verbrachte er in der Arbeitsarmee. Nach der Rückkehr zu seiner Familie absolvierte er von 1946 bis 1948 ein Fernstudium in Germanistik in Gorki und 1949 einen Englischkurs. 1953 zog die Familie nach Kstowo bei Gorki um. Hier lehrte Matthies bis 1961 an einer Abendschule. 1960 wurde er durch Untertauchtaufe getauft.
1961 zog Matthies mit seiner Familie nach Karaganda um und schloss sich der Deutsch-mennonitischen Brüdergemeinde an. Er trug im Wesentlichen zu deren Neuausrichtung ab 1964 bei. Matthies wurde zu allen wichtigen Beratungen hinzugezogen und mit Behördengängen sowie Verhandlungen mit dem Baptistenbund und der benachbarten Baptistengemeinde beauftragt. In dieser Zeit wurde er zum Mitältesten der Gemeinde. Nicht zuletzt dank seiner Bemühungen wurde am 3. April 1967 der ersten →Mennoniten-Brüdergemeinde der UdSSR der legale Status verliehen. Matthies beteiligte sich rege auch am inneren Aufbau der Gemeinde. Auf seine Initiative wurden Lehrgänge für Prediger angefangen, Jugendarbeit geordnet und sogar eine Untergrundbibelschule ins Leben gerufen. Für die Gemeinde wurden Vorträge zu kirchengeschichtlichen Themen gehalten.
1975 siedelte Matthies mit seiner Familie nach Deutschland über. Im Juli 1977 wurde er Mitbegründer der Mennoniten-Brüdergemeinde in Frankenthal, deren Wirken er noch viele Jahre begleitete.
Literatur
Viktor Fast und Johannes Penner, Wasserströme in der Einöde. Die Anfangsgeschichte der Mennoniten-Brüdergemeinde Karaganda 1956–1968, Steinhagen 2007, 433–439.
Johannes Dyck (nach Bernhard W. Matthies)