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Gratz, Delbert L.

geb. am 5. März 1920 in der Nähe von Bluffton, Ohio, USA, gest. am 24. September 2000 in Lima, Ohio, USA; Historiker und Bibliothekar.

Delbert L. Gratz entstammte der Ehe von Harvey und Fannie (Lauby) Gratz aus der schweizerischen Siedlung von Bluffton-Pandora (Ohio). Er wurde als Jugendlicher in der First Mennonite Church von Bluffton getauft und heiratete 1943 Thelma Dailey. Er studierte Geschichte beim angesehenen mennonitischen Historiker C. Henry →Smith am Bluffton College und erwarb dort den Bachelor of Arts 1942. Der Mastergrad wurde ihm 1945 von der Ohio State University (in Geschichte) und von der University of Michigan 1952 (in Bibliothekswissenschaft) verliehen. Während des Zweiten Weltkriegs diente er von 1942 bis 1945 als Kriegsdienstverweigerer im Ersatzdienst (Civilian Public Service): Forstdienst in Luray, Virginia, und Krankenpflege in Ypsilanti (Michigan). Nach dem Ende des Weltkriegs nahmen er und seine Frau Thelma einen Auftrag des →Mennonite Central Committee an, als Hilfswerksarbeiter von 1946 – 1948 in Deutschland tätig zu sein. 1950 wurde er an der Universität Bern (Schweiz) mit einer Dissertation promoviert, die unter dem Titel Bernese Anabaptists and their American Descendants als Band 8 in den Studies in Anabaptist and Mennonite History veröffentlicht wurde (1953). Es ist sein bekanntestes Buch geworden.

Als Bibliothekar und Professor für Geschichte am Bluffton College legte er bedeutsame Forschungen zu mennonitischer Genealogie vor, indem er eine Reihe Berner Sippenbücher zu den Burkhalters, Neuenschwanders, Schuhmachers, Thülers und Tschantzs zusammenstellte. Er war Mitherausgeber einer kritisch edierten Quellensammlung, die den Titel trägt Mennonites in Transition from Switzerland to America (1997) und u. a. Tagebücher mennonitischer Emigranten aus der Schweiz und Briefe genauso wie das Kollektenbuch der Gemeinde zu Münsterberg von 1763 enthält. Großzügig stellte er vor allem in geduldig geführter, umfangreicher Korrespondenz seine Hilfe mehreren Generationen von Genealogen zur Verfügung, die nach den Wurzeln und interfamiliären Beziehungen ihrer Vorfahren suchten. Er unterrichtete im Bergsteigen und in mennonitischer Geschichte am Bluffton College und führte über dreißig Touristengruppen von Mennoniten schweizerischer Herkunft nach Europa. Während der Jahrzehnte vor dem Zusammenbruch des Sozialismus in der Sowjetunion besuchte er die bedrängten Gemeinden der Neutäufer, die in Osteuropa verstreut existierten, um sie in ihrem Kampf gegen die Beschränkungen durch den sowjetischen Kommunismus zu ermutigen.

Die Beiträge, die Gratz zum Frieden und zu internationaler Verständigung beisteuerte, wurden von deutschen und schweizerischen Regierungen mit verschiedenen Auszeichnungen belohnt, wie dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesregierung Deutschland im Jahr 1996. Bereits 1948 hatte die Stadt Landau in der Pfalz eine Plakette in ihrem Stadtpark anbringen lassen, die an den unermüdlichen Einsatz des Ehepaars Gratz bei der Speisung hungriger Kinder nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert.

Werke

Bernese Anabaptists and their American Descendants. Studies in Anabaptist and Mennonite History, Bd. 8, Scottdale, Pa., 1953. - Was isch dini Nahme? – What is your name? A Collection of Swiss Family Names. Morgantown, Pa. 1995. - Mennonites in Transition from Switzerland to America, hg. von Delbert L. Gratz mit Andrea Boldt und Werner Enninger, Morgantown, Pa., 1997.

Literatur

Robert Kreider, In Memoriam: Delbert Gratz, 1920 – 2000, in: Mennonite Quarterly Review 74, 2000, 499–500.

Gerald J. Mast

 
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