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Ewert, Bruno
geb. am 7. Mai 1886 in Ober Gruppe, Westpreußen, gest. am 1. Februar 1960 in Gartental, Uruguay; Landwirt und Ältester.
Bruno Ewert wuchs als Kind von Gerhart Ewert und Augusta geb. Franz, in Ober Gruppe auf. Pfingsten 1900 wurde er in der Kirche zu Montau vom Ältesten Jacob Goertz getauft. Mit seiner Frau Helene, geb. Bartel, die er am 21. September 1911 heiratete, zog er nach Grünhagen bei Marienburg, wo er als Landwirt tätig war.
Die Mennonitengemeinde Heubuden, zu der Ewert und seine Frau gehörten, wählte ihn am 24. September 1922 zum Prediger. Gemeinsam mit den Amtsbrüdern versah er den Dienst in der Gemeinde. Nach dem Tod des Ältesten der Gemeinde Heubuden-Marienburg, Heinrich Dyck (Warnau), war es Bruno Ewert, der die Lebenserinnerungen Dycks für die Mennonitischen Blätter bearbeitete (April, 1935). Kurze Zeit später wurde Ewert von der Gemeinde zum Ältesten gewählt und am 19. Mai 1935 vom Ältesten Johann →Penner (Prangenau) in das Amt eingesetzt.
Als Gemeindeältester hatte Ewert mehrfach Berichte über die Gemeinde Heubuden-Marienburg in den Mennonitischen Blättern veröffentlicht. Auch hat er bei Lehrerkursen der Konferenz der ost- und westpreußischen Mennonitengemeinden mitgearbeitet oder sie selbst geleitet. Er verfasste zahlreiche Berichte über Missionskonferenzen, Jahresberichte der Gemeinde Heubuden-Marienburg und stellte für die westpreußischen Gemeinden das jährliche Verzeichnis der Gastpredigten zusammen, das in den Mennonitischen Blättern veröffentlicht wurde. Innerhalb der →Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden hat er mitgearbeitet und einige Ämter übernommen.
Seine Berichte in den Mennonitischen Blättern zeugen von einem tiefen Glauben, geprägt von gut fundierten Bibelkenntnissen. Das gilt auch für seine Predigten. Das Amt des Ältesten nahm er sehr ernst. Weil er oft in Gemeindeangelegenheiten unterwegs war, hat er seinem Sohn schon früh die Führung des Hofes anvertraut. Er hat der Gemeinde mit aufrichtigem Bemühen gedient, ihrem christlichen Auftrag in der Zeit der „nationalen Erhebung“ zu erfüllen, auch wenn er sich – wie andere Älteste und Prediger ebenso – früh entschlossen hatte, der nationalsozialistischen Partei beizutreten (→Drittes Reich). Erst nach dem Krieg, nachdem der „Kampf gegen die Juden und die christliche Kirche“ ihm die Augen für das Unrecht des Nationalsozialismus geöffnet hatte, hat er die Parteizugehörigkeit in einem Bericht, der in Mennonite Life (April 1948) veröffentlicht wurde, als einen „schweren Irrtum“ eingesehen.
Wie viele seiner Zeitgenossen und Mitbrüder hat er die Katastrophe, die in den kommenden Jahren auf seine Heimat und ganz Deutschland zukam, nicht vorausgeahnt. Der Krieg erschwerte vieles im Leben der Familie und der Gemeinde. Die näher rückende Front war auch für ihn als Hofbesitzer und Gemeindeältestem ein Grund zu Besorgnis und mancherlei Ängsten. Der Lehrdienst der Gemeinde hat das Gemeindeleben aber bis zum Verlassen der Heimat aufrechterhalten können.
Im Januar 1945 verließen die Familie Ewert ebenso wie die anderen Gemeindeglieder ihre Heimat. Ein Teil von ihnen gelangte über die Halbinsel Hela bei Danzig per Schiff nach Kopenhagen. Dort wurden die Flüchtlinge in verschiedenen Lagern untergebracht.
Als mennonitischer Ältester durfte Ewert das Lager verlassen, um die zerstreuten mennonitischen Familien zu besuchen und bei der Familienzusammenführung behilflich zu sein. Nach einer Liste, die auch Ewert zusammenzustellen half, befanden sich nach dem Kriegsende ca. 1800 mennonitische Flüchtlinge in Dänemark.
Er hat Listen von Mennoniten, die in dänischen Lagern verstorben waren, und Listen vom Verbleib der ost- und westpreußischen Mennonitenprediger und Ältesten in Unser Blatt und später in Der Mennonit veröffentlicht. Er durfte auch an „Glaubenskonferenzen“, die im November 1947 in allen Lagern Dänemarks abgehalten wurden, als Prediger mitwirken und war dort leitend tätig. Mit Unterstützung von Vertretern des →Mennonite Central Committee (MCC) konnte Ewert sich auch an der ersten „Konferenz der (ehemaligen) ost- und westpreußischen Mennoniten-Gemeinden“ nach dem Krieg im März 1948 in Hamburg beteiligen.
Für die 1948 ins Leben gerufene Zeitschrift Der Mennonit fungierte Ewert als Redaktionsbeirat, in dem er die „Danziger“ Mennoniten in den dänischen Lagern bis zu seiner Auswanderung nach Uruguay vertrat. Aber auch von Uruguay aus war er noch mit Berichten und Mitteilungen als Mitglied im Redaktionsrat bis Ende 1950 tätig.
Obwohl Ewert sich mit dem Gedanken, im Ausland eine neue Heimat zu suchen, nicht anfreunden konnte, hat er doch bald erkennen müssen, dass ein größeres Siedlungsgebiet für die ost- und westpreußischen Mennoniten auf deutschem Boden und in Europa nicht zu finden gewesen wäre. So reifte über einige Jahre, wohl auch genährt durch ein „Auswanderungsfieber“, das unter den russlanddeutschen Mennoniten herrschte, der Gedanke an eine Auswanderung nach Uruguay. In Paraguay war das Klima unangenehm, Kanada und USA hatten strenge Einwanderungsquoten, die eine zusammenhängende Siedlung von über 700 auswanderungswilligen mennonitischen Bauern unmöglich gemacht hätten.
Ewert, zusammen mit den anderen, bevorzugte Uruguay. Das MCC nahm Kontakt mit der uruguayischen Regierung auf, um zu erkunden, ob diesen Mennoniten ein geschlossenes Siedlungsgebiet zugeteilt werden könnte. Dies erwies sich als schwierig, da die Landpreise in Uruguay bedeutend höher lagen als in Paraguay. Außerdem gab es Probleme mit der Erteilung der Visa. Erst kurz bevor die erste Auswanderungsgruppe mit dem Schiff „Volendam“ zusammen mit einer Auswanderungsgruppe, die nach Paraguay wollte, eingeschifft wurde, wurden die lang erwarteten Visa ausgehändigt. Am 27. Oktober 1948 landete die Reisegruppe in Montevideo. Hier stieg eine Gruppe von ca. 750 Mennoniten aus, die nun in Uruguay eine neue Heimat aufbauen wollten. Die Neuankömmlinge wurden an drei verschiedene Orte verteilt, denn eine Unterkunft, die alle hätte beherbergen können, gab es nicht. Ewert und seine Familie wurden in dem abgelegenen Militärlager Arapey in der Nordwestspitze Uruguays untergebracht.
Bruno Ewert setzte seine Tätigkeit als Seelsorger fort. Er tröstete die Kranken und musste die Verstorbenen beerdigen. Kaum ein Monat später, am 9. Dezember 1948, starb seine Frau. Ein Jahr später heiratete er Margarete Warkentin. Erst 1951 übernahm Bruno Ewert in der neu gegründeten Siedlung „Gartental“ eine halbe Hofstelle, die ihm nach vielen Wanderjahren in Europa und in Uruguay zu einer neuen Heimat wurde.
Kurz nachdem Bruno Ewert sein 25. Amtsjubiläum als Ältester im Jahre 1960 gefeiert hatte, fuhr er nach Deutschland, um Verwandte zu besuchen. Nach der Rückkehr starb er am 1. Februar 1961 in seiner neuen Heimat.
Berichte und Mitteilungen
In: Mennonitische Blätter zwischen 1922 und 1941. - In: Unser Blatt, Gronau 1947 – 1950. - In: Der Mennonit 1948 – 1961. - In: Mennonite Life, Januar 1946; Oktober 1947; April 1948 (Four Centuries of Prussian Mennonites).
Literatur
Anneliese Schmidt, Gartental, 1951–1991: Heimat unter südlichen Sternen, o. O. 1990. - Jahrbuch der Mennoniten in Südamerika, Curitiba 1961. - Johannes Bergmann, Neue Heimat in Uruguay, Montevideo 1995. - Elfrieda und Peter Dyck, Auferstanden aus Ruinen, Weierhof 1991.
Gary Waltner