Glück, Theo (Theodor)
geb. am 4. Januar 1910 auf der Alten Mühle bei Ehrstädt (Ortsteil von Sinsheim/Elsenz im Kraichgau), gest. am 28. April 2012 in Bad Schönborn, Deutschland; Gewerbeschullehrer und Ältester der Mennonitengemeinde Karlsruhe-Thomashof.
Seine Eltern waren Christian Glück und Barbara, geb. Musselmann. Der Vater betrieb Landwirtschaft und die Alte Mühle bei Ehrstädt. Der Sohn Theo wuchs unter vier älteren Geschwistern auf. Die Schulausbildung am Gymnasium schloss er nach dem Abitur 1930 in der alten Residenzstadt Durlach ab. Nach dem Abitur begann er ein Lehramtsstudium, das er 1933 erfolgreich beendete. Ab Herbst 1939 wurde er zur Deutschen Wehrmacht eingezogen und im Westen und Osten eingesetzt. Im Jahre 1944 geriet er in amerikanische Gefangenschaft, aus der er 1946 entlassen wurde. Nach seiner Rückkehr half er auf dem Lamprechtshof bei Durlach, bis er wieder in Langensteinbach in den Schuldienst eintreten konnte. Er qualifizierte sich dort weiter und unterrichtete dann 25 Jahre lang an der Gewerbeschule Durlach (1950 – 1975). Im Ruhestand lebte er zunächst in Herrenalb und dann auf dem Thomashof.
Theo Glück war seit seiner Taufe Mitglied der Durlacher Mennoniten-Gemeinde (heute Mennonitengemeinde →Karlsruhe-Thomashof). Darüber hinaus pflegte er Kontakte zu mennonitischen Jugendlichen im In- und Ausland. Er organisierte, moderierte und inspirierte die „Rundbriefgemeinschaft“, an der zwischen 1928 und 1940 ca. 250 junge Mennonitinnen und Mennoniten in zwanzig „Rundbriefkreisen“ teilnahmen. Die Erörterung der – vor allem im →Dritten Reich drängenden – Zeitfragen kreisten um das Verhältnis zum Staat und um das Friedenszeugnis und halfen der jüngeren Generation, sich im gegenseitigen Austausch zwischen Gemeinde und Staat zu orientieren.
Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft übernahm Theo Glück von 1948 bis 1958 die Verantwortung für die →Jugendarbeit in den links- und rechtsrheinischen Gemeinden als Vorsitzender der Jugendkommission der Konferenz der Süddeutschen Mennoniten.
Seine Durlacher Gemeinde wählte Theo Glück 1949 zum Prediger und 1961 zum Ältesten und Gemeindeleiter. Als Ältester diente er fast dreißig Jahre lang bis 1990; als Gemeindeleiter trat er aus Altersgründen 1975 zurück.
Theo Glück wurde 1954 damit beauftragt, die 6. Versammlung der →Mennonitischen Weltkonferenz, die 1957 in Karlsruhe stattfinden sollte, vorzubereiten. Es war nach dem Zweiten Weltkrieg die erste internationale mennonitische Veranstaltung in Deutschland. Unter dem Motto „Das Evangelium von Jesus Christus in der Welt“ (The Gospel of Jesus Christ in the World) wurde sie von etwa 1.300 Gästen aus dem In- und Ausland besucht.
Als Kriegsheimkehrer war Theo Glück – wie viele andere auch – von der Überzeugung „nie wieder Krieg“ durchdrungen. Er besuchte deshalb die Thomashöfer (1949) und Heilbronner (1950) Versammlungen, auf denen über das Thema der „Wehrlosigkeit“ vor dem Hintergrund der täuferischen und mennonitischen Überlieferung diskutiert wurde. Theo Glück erhielt dort Anregungen, die sein weiteres Denken prägten. Nachdem der Deutsche Bundestag im Juli 1956 das Gesetz zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in der Bundesrepublik beschlossen hatte, wurde auf Initiative der Konferenz der Süddeutschen Mennoniten das →Deutsche Mennonitische Friedenskomitee gegründet. Theo Glück setzte sich zusammen mit anderen für das Werk ein und übernahm 1958, nach Abschluss der Arbeit für die Mennonitische Weltkonferenz, den Vorsitz, den er bis 1968 innehatte. Als Vorsitzender gab er ein Informationsblatt unter dem Titel Weg des Friedens heraus und betreute die Ausgaben 1–13 (bis 1968).
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Aufsätze, die Theo Glück in verschiedenen mennonitischen Periodika veröffentlichte. Im Ruhestand arbeitete er an einem Geschichtsbuch über die täuferisch-mennonitische Gewaltlosigkeit. Beide Bände erschienen 2006 unter dem Titel Gemeinden in friedenstiftender Christusnachfolge. Der erste Band schildert die Entwicklung der Wehrlosigkeit von der Urgemeinde bis in die Gegenwart, und der zweite Band befasst sich mit der Geschichte der Mennoniten im Kraichgau.
Schriften (Auswahl)
Bücher
Gemeinden in friedensstiftender Christusnachfolge, Bd. 1 und 2, Lage 2006.
Aufsätze (Auswahl):
Tagungsbericht. Vorgeschichte und Programm. In: Botschaft und Nachfolge. Bericht und Vorträge der mennonitischen Studententagung auf dem Thomashof 1947, Karlsruhe 1948, 5–13. - Die Gemeinde und ihre Jugend, in: Die Gemeinde Christi und ihr Auftrag. Vorträge und Verhandlungen der 5. Mennonitischen Weltkonferenz, Karlsruhe 1953, 300–309. - Rückblick auf die 6. Mennonitische Weltkonferenz, in: Das Evangelium von Jesus Christus und die Welt. Vorträge und Verhandlungen der 6. Mennonitischen Weltkonferenz, Karlsruhe 1958, IX ff. - Die Auseinandersetzung der mennonitischen Rundbrief-Freundeskreises mit dem Nationalsozialismus. Eine Dokumentation in: Diether Götz Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, Dokumentation. Weierhof 1977, 199–236. - Weitere Aufsätze in: junge gemeinde, 1948–1952; Weg des Friedens, 1960; Mennonitische Geschichtsblätter 1960; Mennonitisches Jahrbuch 1956, 1978, 1988, 2003; Gemeinde unterwegs, 1987.
Glückwünsche und Nachruf
Gudrun Harder, Theo Glück(wunsch): 90 Jahre, in: Die Brücke. Täuferisch-Mennonitische Gemeindezeitschrift 2, 2000, 42 f. - Edwin Boschmann, Theo Glück zum Hundertsten, in: Die Brücke 1, 2010, 39. - Ruth und Willi Funck, Theo Glück (1910–2012), in: Die Brücke 4, 2012, 39.
Diether Götz Lichdi