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Haarlem (Niederlande)

1. Ein kurzer historischer Abriss

Die ersten Täufer sind in Haarlem um 1530 nachgewiesen. In jener Zeit starben einige den Märtyrertod. An zwei Märtyrer erinnern die Namen an Türen des heutigen Kirchgebäudes: an Ioriaen Simons und Anneken Ogiers. Als sich der Haarlemer Stadtrat für eine tolerantere Religionspolitik entschieden hatte, wurde es den Täufern oder Mennoniten innerhalb weniger Jahrzehnte erlaubt, sich zu versammeln und in den Genuss der Bürgerrechte zu gelangen. So zogen Mennoniten auch von anderswoher nach Haarlem (aus Flandern und dem sog. Waterland nördlich von Amsterdam). Sie lehnten die Übernahme obrigkeitlicher Ämter ab, viele wurden aber Kaufleute, Ärzte, Buchhändler, Künstler und Apotheker. In 18. und 19. Jahrhundert kauften sich wohlhabende Amsterdamer Mennoniten Landhäuser in der schönen Umgebung Haarlems und brachte der Haarlemer Mennonitengemeinde den Spitznamen „der Mennonitenhimmel“ ein. Ein unglückliches Kapitel bilden die Spaltungen und Trennungen der Mennoniten bzw. Doopsgezinden im 17. und 18. Jahrhundert. So bestanden auch in Haarlem seit 1600 verschiedene täuferische Richtungen, gelegentlich bis zu sechs zur selben Zeit. 1670 musste die Stadtobrigkeit sogar den Bau einer Trennmauer in der Kirche der Flämischen Mennonitengemeinde (an der Straße Klein Heiligland) anordnen, um die Streitigkeiten unter zwei rivalisierenden Gruppen einzudämmen. Nach mehreren Zusammenschlüssen vereinigten sich die beiden noch übrig geblieben Gruppen schließlich 1784 zu einer Gemeinde. So erklärt sich das Motto dieser Gemeinde: „Verenigd tot Enigheid“ (Vereinigt zur Einigkeit).

2. Das versteckte Kirchengebäude

Das einzige übrig gebliebene Kirchengebäude der Mennoniten aus alter Zeit gehörte einst der sog. „waterländischen“ Gemeinde. Es ist die hinter Geschäften und Wohnhäusern versteckte Kirche zwischen Frankestraat, Peuzelaarsteeg und Grote Houtstraat. Das Hauptgebäude wurde 1683 erbaut. Ursprünglich gab es nur einen Eingang vom Peuzelaarsteeg her. Später wurden zwei weitere Eingänge geschaffen, nachdem einige anliegende Häuser erworben worden waren. 1757 sorgten einige Gemeindeglieder, darunter der Kaufman Pieter Teyler van der Hulst (bekannt durch die Gründung verschiedener Stiftungen und durch ein Museum, das seinen Namen trägt), für den Bau des stilvollen Einganges an der Grote Houtstraat. Dies war ein deutliches Zeichen für den herausragenden gesellschaftlichen Status der Gemeinde zu jener Zeit. Der Innenraum des Gebäudes erfuhr im Laufe der folgenden Jahrhunderte mancherlei Veränderungen. Einige Sitzungs- und Veranstaltungsräume wurden dem ursprünglichen Gebäudekomplex später hinzugefügt. Die beiden Teile aus dem Jahre 1902 sind typische Beispiele der Art Nouveau, nach einem Entwurf des Architekten J. A. G. van der Steur.

3. Diakonie

Die Gemeinde war sich stets ihrer Verantwortung für Arme und Benachteiligte des Haarlemer Gemeinwesens bewusst. Für Witwen wurden die sog. „Hofjes“ errichtet, für die Haarlem berühmt ist: Gebäudekomplexe aus kleinen Wohnungen, die um einen gemeinsamen Innenhof gebaut sind. Drei dieser „Hofjes“ werden von Stiftungen der Mennonitengemeinde heute noch für diesen Zweck genutzt: das Bruiningshofje, das Wijnbergshofje und das Zuiderhofje. Lange Zeit unterhielt die Gemeinde auch ihr eigenes Waisenhaus und vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts zwei mennonitische Grundschulen. Tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen brachten das Ende dieser Schulen mit sich. Eine weitere Aufgabe war die Krankenpflege. Im 20. Jahrhundert wurden außerdem zwei eigene moderne Altersheime erbaut: Spaar en Hout und De Olijftak. Das zweite Heim wurde inzwischen durch Seniorenwohnungen ersetzt.

4. Das 20. Jahrhundert und die gegenwärtige Lage

Im 20. Jahrhundert wuchs die Gemeinde von ca. 2000 auf 4850 Mitglieder nach dem Zweiten Weltkrieg an. Während des Krieges gingen die Gemeindemitglieder besonders solidarisch miteinander um. Das gilt vor allem für die Jahre 1944 und 1945. Jüdischen und nichtjüdischen Menschen, die untergetaucht waren, wurde geholfen (an mehr als fünf Helfer wird in Yad Vashem erinnert), einigen, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus standen, wurde Beistand geleistet, allerdings kollaborierten auch einige Gemeindemitglieder mit der deutschen Besatzungsmacht. Seit den sechziger Jahren nahm die Zahl der Gemeindemitglieder nach und nach ab.

2016 zählt die Gemeinde etwa 375 getaufte Mitglieder und etwa 350 Interessenten. Allsonntäglich findet ein Gottesdienst in der Kirche (Stadtmitte) statt. In Heemstede befindet sich außerdem die Kapelle „Kleine Vermaning“. Zwei vollzeitlich angestellte Pfarrer und eine Sozialarbeiterin stehen im Dienst der Gemeinde, zusammen mit einem Küster, Verwalter, Jugendarbeiter, Organist und Archivar bzw. Bibliothekar. Die Gemeinde pflegt Beziehungen zu anderen Mennonitengemeinden in den Niederlanden (→Niederlande), in verschiedenen europäischen Ländern und in den U.S.A., ebenso zu anderen Kirchen am Ort. An Wochentagen können die Mitglieder und Interessierte an einer ganzen Reihe von Aktivitäten teilnehmen: an Bibelgesprächskreisen, einem Chor, einer Laienschauspielgruppe, an Frauenkreisen, Gesprächsgruppen und Treffen für Ältere. Seit 1960 unterhält die Gemeinde auch ein eigenes Begegnungszentrum für Jugendliche, zunächst im Gebäude der 1959 geschlossenen zweiten mennonitischen Schule an der Ripperdastraat und seit 1991 im Jugendhaus Sneel in der Nähe der Kirche – ein Jugendwerk für verschiedene Altersstufen.

Die Gemeinde besitzt eine wertvolle Bibliothek mit ca. 3000 Bänden über Täufergeschichte und ein gut bestelltes und vollständiges Archiv. Außerdem gibt es eine Fotosammlung, Sammlung von Drucken und (kunst-)historischen Objekten. Die Erbstücke sind in einem Lesesaal öffentlich zugänglich. Seit 1990 wird der überdachte Gang, der von der Grote Houtstraat zur Kirche führt, für Fotoausstellungen genutzt. So ist der Gang zu einem Ort der Begegnung für Religion und Kultur geworden (www.fotogaleriedegang.nl). 2008 eröffnete die Gemeinde zusammen mit De Hartekamp Groep einen Geschenkeladen bzw. eine Kantine in der Grote Houtstraat. Der Shop trägt den Namen „De wereld van Jansje“ und wird von behinderten Menschen geführt (www.jansje.nl).

Literatur

C. B. Hylkema, Art. Haarlem, in: Mennonite Encyclopedia, Bd. II, 614–617 (www.gameo.org). - S. L. Verheus, Naarstig en Vroom: Doopsgezinden in Haarlem 1530–1930, Haarlem 1993. - B. van den Bosch-Vervoort, De Doopsgezinde Haarlemse Hofjes, Haarlem 1999. - S. Bijker, M. Gravendeel u. a., Wezen en weldoen: 375 jaar Doopsgezinde wezenzorg in Haarlem, Hilversum 2009. - H. Heijn, Via Teylers Gang, Vught 2011 (mit einer Liste der Ausstellungen). - R. M. M. Hoogewoud-Verschoor, Oog voor de stoffelijke en geestelijke nood, in: Doopsgezinde Bijdragen 41, 2015 (über die Kriegsjahre).

Anschrift und Homepage der Gemeinde

Frankestraat 24, 2011 HV Haarlem - administratie@vdgh.nl - www.vdgh.nl

Mechteld Gravendeel

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