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Pax-Programm (Paxboys)

1. Beginn des Pax-Programms

„Pax“ war ein Programm des →Mennonite Central Committee (MCC), das junge nordamerikanische Mennoniten mobilisieren wollte, weltweit für den Frieden zu arbeiten („Frieden“ ist lat. Pax).

Seit seinem Beginn 1951, als man sich vor allem um die Neuansiedlung von Flüchtlingen im Nachkriegsdeutschland bemühte, wurden von Pax ungefähr 1180 Arbeitskräfte in vierzig Länder vermittelt. Das Programm wurde 1976 beendet. Der Pax-Dienst wurde einerseits als Reaktion auf die Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges konzipiert, andererseits eröffnete er jungen mennonitischen Männern eine Möglichkeit, vom Staat geforderte Alternativen zum Militärdienst zu wählen.

Die „Paxboys“, wie sie manchmal genannt wurden, waren nicht die ersten oder einzigen jungen freiwilligen nordamerikanischen Mennoniten, die sich für den Wiederaufbau in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg engagierten. Bereits 1947 war das Konzept des mennonitischen Freiwilligendienstes in Gang gesetzt worden, als der Rat mennonitischer und ihnen angeschlossener Colleges ein Sommer-Austauschprogramm für amerikanisch-mennonitische Studenten initiierte. Dieses Austauschprogramm entwickelte sich zu Workcamps, die formal ab dem Jahr 1950 als Mennonite Voluntary Service (Mennonitischer Freiwilligendienst) organisiert wurden. Das große MCC Voluntary Service Camp in →Espelkamp (Westf.), 1948 gegründet, diente als Muster für die Pax-Einheiten, die einige Jahre später gebildet wurden.

Während schon Freiwilligendienst-Einheiten arbeiteten und das MCC in Nachkriegshilfsaktionen fest etabliert war, suchten Hunderte von jungen amerikanisch-mennonitischen Männern nach Alternativen zum Militärdienst, die das Wehrpflichtgesetz von 1951 (Universal Military Training and Service Act) erforderlich machte. Das Pax-Programm hatte nun Wehrdienstverweigerern aus Gewissensgründen Möglichkeiten in anderen Ländern, als Ergänzung zu dem 1-W-Programm des Wehrdienstgesetzes geboten, das nur Ersatzdienste im Inland vorsah. Die erste Gruppe von Paxboys kam im April 1951 in Europa an, und 1952 hatte das Pax-Programm seine Akkreditierung als anerkannter Ersatzdienst erhalten. US-General Lewis B. Hershey besuchte 1951 und 1959 Pax-Baustellen in Deutschland und genehmigte das Programm gegenüber der Wehrerfassungsbehörde.

2. Pax in der Praxis

Die Praxis des Pax-Programms konnte je nach Aufgabe sehr unterschiedlich sein. Dennoch entwickelte sich in den ersten zehn Jahren ein typisches Pax-Modell, das vor allem von den Erfahrungen der Bau-Einheiten, wie sie in Deutschland praktiziert wurden, geprägt war. Diese Bau-Einheiten bestanden aus einer Gruppe von bis zu zwanzig Mitarbeitern, einem Leiter der Einheit, einer Hausmutter und einem Vorarbeiter. Die Mitarbeiter verpflichteten sich für zwei Jahre und leisteten, oft mit Unterstützung ihrer Heimatgemeinde, eine monatliche Zahlung von 75 $ an das MCC.

Pax-Freiwillige arbeiteten mit lokalen Offiziellen und Flüchtlingen zusammen, um Unterkünfte für vertriebene Familien und Einzelpersonen zu bauen. Diese jungen, weitgehend unerfahrenen amerikanischen Männer mussten hart arbeiten, um das Vertrauen der deutschen Vorarbeiter, die an das System der Lehrlingsausbildung gewohnt waren, zu gewinnen. Angefangen vom Schuttwegräumen, dem Ausheben eines Fundaments mit der Hand, dem Gießen von Betonblöcken bis zum Verlegen von Fliesen durchliefen die Pax-Arbeiter alle Arbeitsschritte des Bauhandwerks.

Bei einigen Arbeitseinsätzen lebten die Pax-Arbeiter gemeinsam in eigenen Behelfsunterkünften vor Ort, während sie in anderen Fällen in örtlichen Gastfamilien wohnten. In ihrer Freizeit nahmen sie bei ihren Gastgebern am Bibelstudium, in der Jugendarbeit, am Sprachenlernen und Musizieren teil. Mehrere Pax-Chöre wurden in den 1950er Jahren gebildet. Pax-Gruppen organisierten Fahrten zu verschiedenen mennonitischen Gemeinden und Konferenzen in Europa und besuchten sogar ein Gefängnis in Berlin. Paxboys nutzten ihren zweiwöchigen Jahresurlaub, um durch Europa zu reisen oder an einer von Pax organisierten Reise ins Heilige Land teilzunehmen. Zwischen 1955 und 1960 nahmen Paxboy-Gruppen in Palästina an zehntägigen Bildungsreisen teil.

3. Projektstandorte von Pax

Im Zuge der Flüchtlingskrise nach dem Zweiten Weltkrieg waren Wohnbauprojekte die ersten Haupteinsätze von Pax in Deutschland. Pax arbeitete mit einem Kreditprogramm der deutschen Regierung zusammen, das von Flüchtlingen eine Anzahlung von 10 % oder 2000 Arbeitsstunden pro Unterkunft verlangte. Der vollständige Hauserwerb hätte dann nach einer Laufzeit von 25 bis 30 Jahren erfolgen können. Da viele Flüchtlinge nicht in der Lage waren, diese anfänglichen Forderungen aufzubringen, bot Pax die Arbeit ihrer Freiwilligen als Anzahlung für diese Häuser an.

Das erste große Pax-Projekt war in Espelkamp, eine Ortschaft 100 km südlich von Bremen. Espelkamp war während des Zweiten Weltkrieges der Ort einer Giftgasproduktionsanlage. Im Jahr 1948 errichtete das MCC ein kurzfristiges Lager, um die Werksbunker in Flüchtlingsunterkünfte umzuwandeln. Espelkamp entwickelte sich dann zu einem langfristigen Gemeinschaftsprojekt und wurde schließlich von der Conservative Amish Mennonite Missionsgesellschaft übernommen. Im Jahr 1951 kam die erste Pax-Mannschaft in Espelkamp an, um sich in dieses Projekt einzuschalten, was schließlich in die Errichtung von nahezu fünfzig Einfamilienhäusern mündete. Ein Teil der ersten Pax-Mannschaft in Espelkamp wurde nach →Neuwied geschickt, um dort Zementblöcke für Espelkamp herzustellen. Später wurden diese Blöcke dazu verwendet, vierzehn Einfamilienhäuser und acht Zweifamilienhäuser in Neuwied selbst zu bauen.

Ein dritter Pax-Standort wurde 1952 in Süddeutschland in →Backnang bei Stuttgart gegründet. Diese Siedlung diente mennonitischen Flüchtlingen aus Schlesien. Zusammen mit der Hilfe der Ortsgemeinde errichteten Pax-Arbeiter zwanzig Mehrfamilienhäuser und 132 Wohnungen. Sie bauten auch eine Kirche, die 1955 eingeweiht wurde. Ähnliches geschah in →Wedel bei Hamburg. 1953 erfolgte der Spatenstich, und Pax-Arbeiter bauten zwölf Häuser mit je vier Wohnungen sowie ein Gemeindehaus.

Ein weiterer wichtiger Pax-Standort war →Enkenbach in der Südwestpfalz östlich von Kaiserslautern. Hier hatte Paul Kliewer, ein Mennonit aus Westpreußen, die Arbeit eingeleitet. Pax-Arbeiter setzten 1953 diese Bemühungen fort und errichteten siebzehn Mehrfamilienhäuser und eine Kirche. 1955 begann Pax im nahegelegenen Kaiserslautern mit dem Bau eines Gemeindezentrums. Nachdem es 1956 fertiggestellt war, verlegte Pax sein Büro aus Frankfurt a. M. hierher. Das Zentrum diente Pax für Konferenzen und Lagebesprechungen. 1955 begann Pax mit Projekten in Bechterdissen (→Bielefeld und Umgebung), wo es fünfundvierzig Häuser für neunzig Familien sowie eine Kirche errichtete. Pax baute auch das zerstörte Gemeindehaus der Krefelder Mennonitengemeinde (→Krefeld) wieder auf.

1955 trat Pax in Wien in das Projekt der Brethren Service Commission ein, die im Krieg ausgebombte protestantische Karlsschule wiederaufzubauen. Das deutsche Militär hatte sich während des Zweiten Weltkriegs die Schule angeeignet und sie bei ihrem Rückzug 1945 angezündet. Pax-Arbeiter waren dafür verantwortlich, die Trümmer zu entfernen, die Maurer-, Verputz-, Sanitär- und Malerarbeiten zu verrichten, ebenso die Elektro- und Zimmermannsarbeiten. Die Schule war 1961 wiederhergestellt. Pax bot auch in Wien nach dem Ungarnaufstand 1956 Flüchtlingen Hilfsleistungen an. Das MCC erwarb ein Heim vom Christlichen Verein junger Männer und benutzte es, um Flüchtlingen eine vorübergehende Unterbringung anbieten zu können.

1952 schickte Pax eine kleine Gruppe von Mitarbeitern nach Nordgriechenland, um in dem Ort Panagitsa landwirtschaftliche Entwicklungsarbeit zu leisten. Die Böden waren durch den Krieg ausgelaugt und das Vieh infolge des Bürgerkriegs nach dem Zweiten Weltkrieg verloren gegangen. Mit dem Sitz in Panagítsa und im Nachbarort Tsakones errichteten Paxboys Versuchsflächen und arbeiteten mit lokalen Bauern zusammen, um die Landwirtschaft in dieser Region wiederzubeleben. Pax-Mitarbeiter begannen auch, die Konservierung von Lebensmitteln zu unterrichten und Kurse in Erster Hilfe anzubieten. 1959 baute Pax in Zusammenarbeit mit der lokalen orthodoxen Kirche im Aridea-Tal eine Musterfarm auf. Dort errichtete sie solide Ausbildungs- und Forschungsprogramme für Ackerbau und Viehzucht. Durch ihre landwirtschaftliche Arbeit förderte Pax eine starke Verbindung zwischen Mennoniten und der orthodoxen Kirche.

Pax war ein globales Phänomen. Seit seiner Gründung im Jahr 1951 schickte das MCC Paxboys nach Paraguay, wo sie die Arbeiten an der Trans-Chaco Autobahn begannen, ein Großprojekt, das bis 1968 dauerte. Andere Pax-Mitarbeiter wurden in kleineren Gruppen zu speziellen Einsätzen in fast vierzig anderen Ländern entsandt, darunter Algerien, Peru, Jordanien, Nepal, Vietnam, Frankreich, Irak, Ägypten, Jericho (Palästina), Korea, Kongo und Marokko.

4. Ende des Pax-Programms

Das Pax-Programm endete, als die Notsituation der Flüchtlinge und der Wiederaufbau, der dem Zweiten Weltkrieg folgte, abnahm und das MCC seine Reichweite als globale Entwicklungsagentur vergrößerte. Das Ende des Pax-Programms hing auch mit dem Ende der nordamerikanischen Wehrpflicht im Jahre 1972 zusammen. Amerikanische Mennoniten waren nicht mehr auf ein Programm angewiesen, das akkreditierte Alternativen zum Militärdienst anbot. Die Tatkraft junger amerikanischer Mennoniten, bereitwillig im Ausland dienen zu wollen, konnte sich nach 1975 im allgemeinen Programm des MCC entfalten.

Bibliografie

Urie A. Bender, Soldiers of Compassion, Scottdale, PA, 1969. - Cornelius J. Dyck, Hg., Pax. Responding to Worldwide Needs, Bd. 2, Scottdale, PA, 1980, 135–142. - Mennonite Central Committee. 1956. European News, Kaiserslautern 1956. - Mennonite Central Committee, Pax European Services. Enkenbach 1957. - Pax. Euro PAX News, Frankfurt/M. 1954. - Calvin W. Redekop, The Pax Story: Service in the Name of Christ, 1951 – 1976, Telford, PA, 2001.

Anna Showalter

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