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Inhaltsverzeichnis

Händiges, Emil

geb. am 24. Juli 1881 in Worms, gest. am 10. März 1965 in Enkenbach (Pfalz), Deutschland; Reiseprediger und Sekretär der Konferenz der Süddeutschen Mennoniten, Prediger in den Gemeinden Ibersheim/Eppstein/Ludwigshafen, Elbing-Ellerwald (Westpreußen) und Monsheim/Obersülzen, Herausgeber und Schriftleiter der Mennonitischen Blätter (1927–1941) und Vorsitzender der Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden (1933–1952).

Konfessionell entstammte Emil Händiges einer gemischten Familie. Sein Vater war Baptist und seine Mutter Mennonitin. Händiges wurde 1898 in einer Baptistengemeinde getauft und schloss sich 1904 der Mennonitengemeinde in →Friedelsheim (Pfalz) an. Er durchlief zunächst eine kaufmännische Lehre, bevor er ab 1905 an den Universitäten Basel und Halle/Saale Theologie studierte. 1912 bestand er das erste (Halle) und zweite theologische Examen (vor der Prüfungskommission der Vereinigung der Mennonitengemeinden im Deutschen Reich in Hamburg-Altona). 1920 erlangte er den akademischen Grad eines Lizentiaten der Theologie an der Universität Halle-Wittenberg mit einer Arbeit über Die Lehre der Mennoniten in Geschichte und Gegenwart.

Händiges wurde am 20. November 1912 in Ludwigshafen ordiniert. Ins gleiche Jahr fällt seine Eheschließung mit Martha Rapp aus Schlattstadt. Der Text seiner Antrittspredigt „Wir aber predigen den gekreuzigten Christus“ (1. Kor. 1,23) verrät etwas über seine dienende Auffassung im Predigtamt. 1916 wurde dem Ehepaar die Tochter Jutta geboren. 1918 übernahm Händiges die Predigtstelle der Gemeinden Ibersheim-Eppstein-Ludwigshafen. In dieser Zeit ist es ihm ein besonderes Anliegen, Jugendlichen sowohl ein persönliches Glaubensleben zu eröffnen als auch ihre Gemeinschaft zu stärken. Große Jugendtage wurden ins Leben gerufen, und Händiges selbst wurde Vorsitzender der neu gegründeten Mennonitischen Jugendkommission (1919).

Persönliche Kontakte sind der Auslöser dafür, dass er 1923 einem Ruf als Prediger in der Gemeinde Elbing-Ellerwald folgt. Bis zur Flucht 1945 bleibt er dort. Als Vorsitzender der →Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden und als Schriftleiter der Mennonitischen Blätter war Händiges maßgeblich daran beteiligt, die grundsätzliche Zustimmung zum Führer und seiner nationalsozialistischen Regierung in den deutschen Mennonitengemeinden zu fördern und zu festigen. Er war zweifellos das Sprachrohr der Mehrheit der Mennoniten im Dritten Reich und meinte, mit dieser Einstellung die Gemeinden vor Einsprüchen von außen bewahren zu können. Doch wollte er nicht zulassen, dass die Mennonitengemeinden in eine deutsche Nationalkirche eingegliedert würden. Unter seiner Leitung wurde das täuferische Prinzip der →Wehrlosigkeit bereits 1933, also vor Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im →Dritten Reich, aufgegeben. In offiziellen Verlautbarungen hat er oft darauf hingewiesen, „daß die Wehrlosigkeit eine Phase gewesen sei, die nun hinter den Mennoniten läge, die sie überwunden hätten und mit der sie sich nicht mehr identifiziert sehen wollten“ (Diether Götz Lichdi, Mennoniten im Dritten Reich, 124).

Als Delegierter der Vereinigung der Deutschen Mennonitengemeinden hatte Händiges es nicht über sich gebracht, auf der →Mennonitischen Weltkonferenz in Goshen, Indiana, und North Newton, Kansas, USA, mit den anderen deutschen Delegierten 1948 ein Schuldbekenntnis zur Verstrickung der deutschen Mennoniten in die nationalsozialistische Politik des Dritten Reichs abzulegen. Bald kritisierte er jedoch die täuferische Tradition des „Nichtwiderstands“ und knüpfte mit seinem Historischen Memorandum zur Wehrlosigkeit der Mennoniten (1950) wieder an die pazifistische Grundeinstellung der Mennoniten an und setzte sich als Vereinigungsvorsitzender mit Erfolg dafür ein, dass nicht nur den Mennoniten, sondern allen Kriegsdienstverweigerern aus Gewissensgründen das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und auf einen Ersatzdienst verfassungsrechtlich gewährt würde.

Seine letzte Predigtstelle versah Händiges von 1945 bis 1954 in Monsheim und Obersülzen. Es galt, das geistliche Leben nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs wiederzubeleben. Jugendtage und Altentage wurden in Monsheim veranstaltet. Auch die erste Konferenz der pfälzisch-hessischen Gemeinden nach dem Krieg fand 1946 in Monsheim statt.

Den Ruhestand verbrachte das Ehepaar Händiges in Enkenbach (Pfalz). Der Tod seiner Ehefrau Ende 1960 erschütterte ihn schwer. Er starb 1965 im Alter von 83 Jahren.

Schriften

Zum Verhältnis der Mennoniten zum Staat, in: Mennonitische Blätter, 9, 1933, 85. - Zur Heimkehr der Volksgenossen ins Reich, in: Mennonitische Blätter, 10–11, 1939, 65. - Die Lehre der Mennoniten in Geschichte und Gegenwart, Kaiserslautern 1921.- Historisches Memorandum zur Wehrlosigkeit der Mennoniten, Monsheim 1950.

Literatur

Lydia Hein, Pastor Lic. theol. Emil Händiges, in: Mennonitischer Gemeindekalender 1967, 32–39. - Paul Schowalter, Pastor Lic. theol. Emil Händiges, in: Der Mennonit, 1965, 74–75. - Hans-Jürgen Goertz, Nationale Erhebung und religiöser Niedergang. Missglückte Aneignung des täuferischen Leitbildes im Dritten Reich. In: ders., Umstrittenes Täufertum 1525–1975. Neue Forschungen. 2. Aufl., Göttingen 1976, 259–289. - Diether Götz Lichdi, Mennoniten in Dritten Reich. Dokumentation und Deutung. Weierhof 1977. - James Peter Regier, Mennonitische Vergangenheitsbewältigung: Prussian Mennonites, the Third Reich, and Coming Terms with a Different Past, in: Mennonite Life, Bethel College 2004. - Diether Götz Lichdi, Vergangenheitsbewältigung und Schuldbekenntnisse der Mennoniten nach 1945, in: Mennonitische Geschichtsblätter 2007, 39–54.

Corinna Schmidt

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