Köhler, Walther

geb. am 27. Dezember 1870 in Elberfeld (heute Wuppertal), gest. am 18. Februar 1946 in Heidelberg, Deutschland, Kirchenhistoriker und Theologe.

Nach dem Abitur in seiner Heimatstadt studierte Walther Köhler ab 1889 Theologie in Halle an der Saale und Geschichte in Heidelberg, promovierte 1895 zum Dr. phil. und nach weiteren Studien in Tübingen 1898 zum Lic. theol. 1900 wurde er Privatdozent in Gießen und 1909 als Nachfolger von Emil Egli ordentlicher Professor für Kirchengeschichte an der Universität Zürich. Von 1929 an wirkte er an der Universität Heidelberg, wurde 1935 emeritiert, vertrat aber weiterhin sich selbst.

Walther Köhler gilt als einer der bedeutendsten Reformationshistoriker des 20. Jahrhunderts. Schon zu Lebzeiten erfuhr er viele Ehrungen, und vor allem auch sein gedruckter Nachlass belegt die Leistungskraft dieser Forscherpersönlichkeit. Werke wie Zwingli und Luther (2 Bde., 1924/1953), Zürcher Ehegericht und Genfer Konsistorium (2 Bde., 1932/1942), drei Zwinglibiographien (1919, 1923 und 1943), seine Dogmengeschichte als Geschichte des christlichen Selbstbewusstseins (2 Bde., 1938/1951), zahlreiche Aufsätze und eine Fülle von Rezensionen markieren eine beeindruckende Laufbahn.

Die Schweizer Zeit war für Köhler anregend und wegweisend zugleich. In Zürich trat Zwingli in sein Blickfeld, und diesem Reformator widmete er sich mit Hingabe. Er schrieb zahlreiche Einleitungen zu dessen Schriften und bearbeitete die Korrespondenz. Zudem redigierte er über Jahre die Fachzeitschrift Zwingliana. Allerdings verlor er – der ökumenisch gesinnte Gelehrte – nie die Vielfalt der Christentumsgeschichte aus den Augen.

Hatte er bereits 1908 in Gießen die Schleitheimer Artikel ediert, so waren in Zürich die Anreize zur intensiveren Beschäftigung mit dem Täufertum fast unausweichlich. In Aufsätzen und Lexikonbeiträgen beschrieb er manche Facetten der Täuferbewegung und deren Protagonisten. So behandelte er etwa den Katholizismus in Beziehung zum Täufertum, die Stellung Luthers zu den Täufern und ergründete das Täufertum im Calvins Institutio. Er verfasste Kurzbiographien von Personen wie Konrad →Grebel, Felix →Mantz, Michael →Sattler, Balthasar →Hubmaier, aber auch von Apokalyptikern wie Melchior→ Hoffman oder spiritualistischen Täufern wie David →Joris. Das Zürcher Täufertum wertete er 1925 als Eigengewächs der Reformation, als eine Bewegung, die ihr Kirchenkonzept, ihr Verhältnis zur Obrigkeit, ihr Tauf- und Abendmahlsverständnis usw. aus einem strengen Biblizismus heraus begründet hatte, als Bewegung schließlich, die weit über Zürich hinaus wachsen sollte. Eine enorme Belesenheit auf dem Gebiet der Täuferforschung spricht aus den Literaturberichten von 1940 bis 1948, in denen er Entwicklung und Stand der Geschichtsschreibung – von der häretisierenden Schau des 19. Jahrhunderts bis zu den relativ objektiven Würdigungen seiner Tage – in all ihren Verästelungen (Schweizer Brüder, niederländische Doopsgezinden, böhmische Brüder usw.) aufarbeitete. Schließlich ist zu erwähnen, dass Köhler in Heidelberg die Dissertationen von Harold S. →Bender zu Konrad Grebel und Cornelius →Krahn zu Menno Simons angeregt und betreut hat. Auch der mennonitische Theologe Horst →Quiring wurde von ihm mit einer Dissertation über Luther und die Mystik promoviert.

Köhlers Täuferhistoriographie, zwar noch immer streng dogmen- und geistesgeschichtlich orientiert, war im Vergleich zu jener seines Vorgängers Emil Egli, der die Täufer noch aus der Optik Ulrich →Zwinglis dargestellt hatte, ein erheblicher Fortschritt. Sein unvoreingenommener wissenschaftlicher Ansatz – seine Mitgliedschaft (Beirat) im Mennonitischen Geschichtsverein und seine Bereitschaft, Artikel für das Mennonitische Lexikon zu schreiben, zeugen geradezu von Sympathie – wurde von Fritz →Blanke, seinem Nachfolger in Zürich, weiter verfolgt und vertieft.

Werke (Auswahl)

Brüderliche Vereinigung etzlicher Kinder Gottes sieben Artikel betreffend […], hg. u. eingel. v. Walter Köhler, Leipzig 1908 (Flugschriften aus den ersten Jahren der Reformation, Bd. 2, Teil 3). - Die Zürcher Täufer, in: Gedenkschrift zum 400jährigen Jubiläum der Mennoniten oder Taufgesinnten, Ludwigshafen 1925, 48–64.- Die Verantwortung im Täufertum des 16. Jahrhunderts, in: Mennonitische Geschichtsblätter 5, 1940, 10–19. - Das Täufertum in der neueren kirchenhistorischen Forschung I, in: Archiv für Reformationsgeschichte 37, 1940, 93–107; II, in: 38, 1941, 349–364; III, in: 40, 1943,. 246–270; IV, in: 41, 1948, 164–186.- Weitere Werke, Aufsätze, Lexikonartikel und Rezensionen sind verzeichnet in: Festgabe Walther Köhler zum 70. Geburtstage am 27. Dezember 1940, dargebracht vom Zwingli-Verein, Zürich 1940 (Beiheft zu: Zwingliana 1940), 1–178; Anschlussbibliografie in: Theologische Realenzyklopädie 19, 1990, 289.

Literatur

Gerhard Ritter, Heinrich Bornkamm und Otto Scheel, Walther Köhler zum 70. Geburtstag, Archiv für Reformationsgeschichte 37, 1940, 113–116. - Ernst Roth, Walther Köhler, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 63, 1950, 222–238. - Ernst Crous, Walther Koehler, in: Mennonitische Geschichtsblätter 6, 1949, 31–33.

Lexikonartikel: J. F. Gerhard Goeters, Walther Köhler, in: Theologische Realenzyklopädie 19, 1990, 287–289. - Hans Ulrich Bächtold, Walther Köhler, Historisches Lexikon der Schweiz, Bd. 7, 2008, 326.

Hans Ulrich Bächtold

 
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