Inhaltsverzeichnis
Zeitschriften, mennonitische
Mennoniten sind eine relativ kleine Glaubensgemeinschaft von insgesamt 1.612301 Mitgliedern weltweit. Da diese Zahl nur getaufte Mitglieder umfasst, könnte sich die Gesamtzahl aller Mennoniten, einschließlich der ungetauften Kinder und Jugendlichen, auf das Doppelte oder Dreifache erhöhen. Die meisten Mennoniten leben in Afrika, etwa 593506; in Nordamerika leben 520149 Mennoniten, in Asien und im pazifischen Raum 265425, in Lateinamerika und in der Karibik 168481 und in Europa, wo die Täufer-Mennoniten vor etwa fünfhundert Jahren ihren Anfang nahmen, leben heute etwa 64740. (Mennonite World Conference (Hg.), Membership of Mennonite, Brethren in Christ and Related Churches, 2009). Im Vergleich zu den andern protestantischen und katholischen Kirchen, die alle mehrere Millionen Mitglieder zählen, ist die Glaubensgemeinschaft der Mennoniten relativ klein.
Erstaunlich ist jedoch, wie viele Bücher und Zeitschriften unter den Mennoniten veröffentlicht worden sind. Es gibt eine Unmenge mennonitischer Zeitschriften aller Art, die entweder eine kurze oder längere Lebensdauer hatten. Im Sinne einer Glaubensgemeinschaft behandeln die meisten Zeitschriften religiöse Themen, doch gibt es unter ihnen auch bedeutende wissenschaftliche Publikationen, besonders in Europa, Nord- und Südamerika, die sich mit Geschichte, Soziologie, Theologie, Literatur und andern wissenschaftlichen Themen befassen.
Hier kann nur auf einige der wichtigen populären und wissenschaftlichen Zeitschriften hingewiesen werden, und meistens nur auf diejenigen, die schon auf eine längere Lebensdauer zurückblicken und einen repräsentativen oder exemplarischen Charakter tragen. Anstatt die Zeitschriften nach den einzelnen Ländern aufzuführen, sollen sie hier nach Erdteilen vorgestellt werden.
1. Europa
Gemeindezeitschriften
Die Brücke ist eine „Täuferisch-Mennonitische Gemeindezeitschrift“, die 1986 in Deutschland gegründet wurde. Von 1974 bis 1985 existierte sie als Mennonitische Blätter und Gemeinde Unterwegs, und vor 1973 hieß sie Der Mennonit. In der Nachkriegszeit hatte Der Mennonit eine wichtige Funktion für die Reintegration der deutschen Mennoniten in das Weltmennonitentum übernommen, in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat er für den Anschluss der mennonitischen Leser an die Probleme der modernen Gesellschaft gesorgt (Schriftleiter waren: Gerhard →Hein, Hans-Jürgen Goertz und Anni Dyck). Die Brücke, seit 2009 von Benji Wiebe redigiert, erscheint sechsmal im Jahr mit jeweils 48 Seiten. Sie will dazu beitragen, dass die Botschaft von Jesus Christus verkündigt und gelebt wird und die Gemeinden angespornt werden, ihren Missionsauftrag zu erfüllen. Die Junge Gemeinde wurde 2003 eingestellt, sie war eine Zeitschrift, die sich bemühte, jüngere Menschen mit den Grundlagen des christlichen Glaubens wie Taufe, Abendmahl und christlicher Lebensführung vertraut zu machen. Das Mennonitische Jahrbuch, eine Publikation von nahezu 200 Seiten, die zahlreiche Aufsätze, Berichte und Informationen über die einzelnen Gemeinden enthält, wird von der →Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG) herausgegeben. Das Jahrbuch ist eines der ältesten Publikationen der Mennoniten in Deutschland. Seine Vorgänger waren Christlicher Gemeinde-Kalender (bis 1941) und Mennonitischer Gemeinde-Kalender (bis 1970). Das Jahrbuch enthält auch einen Adressteil mit mennonitischen Organisationen und Gemeinden, der für den internen Gebrauch gedacht ist. Algemen Doopsgezind Weekblad (jetzt Doopsgezind NL) wurde 1946 von der Algemene Doopsgezinde Societeit in den Niederlanden gegründet. Der Vorgänger des Blattes war De Zontagsbode, der 1942 von den Nationalsozialisten eingestellt wurde. Ebenso erscheint in den Niederlanden jährlich das Doopsgezind Jaarboekje, das ebenfalls von der →Algemene Doopsgezinde Societeit herausgegeben wird. Christ Seul (Christus allein) ist die Zeitschrift der Mennoniten in Frankreich, die von Pierre Sommer zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet wurde und deren Schriftleiter er für viele Jahre war. 1930 bis 1933 veröffentlichte Sommer Berichte über alle Gemeinden in Frankreich. Der Prediger und Älteste Pierre →Widmer und der Historiker und Soziologe Jean Séguy waren eng mit dem Blatt verbunden, Widmer als Schriftleiter 38 Jahre lang und Séguy als Mitarbeiter. Die Pressekommission der →Konferenz der Mennoniten der Schweiz gab bis Ende 2018 monatlich die zweisprachige, 24-seitige Zeitschrift Perspektive/Perspective heraus.
Mennonitische Aussiedler, die seit den 1970er Jahren nach Deutschland kamen, haben auch ihre eigenen Gemeindeblätter herausgegeben. Besonders hervorzuheben ist die interessante Zeitschrift Plautdietsch Frind. Sie wird vom Verband „→Plautdietsch Freunde“ herausgegeben, einem Verein zur Pflege, Dokumentation und Förderung der plattdeutschen Sprache, Sitte, Literatur und Kultur mit dem Sitz in Detmold. Ihr Vorsitzender ist z. Z. Heinrich Siemens (Bonn). Der Verein und die Zeitschrift sind politisch und religiös unabhängig. Zahlreiche Gemeindeblätter und andere Publikationen zeugen von einem regen Leben der mennonitischen Aussiedler.
Wissenschaftliche Zeitschriften
Doopsgezinde Bijtragen war eine jährliche Publikation der Mennoniten in den Niederlanden von 1861 bis 1919. 1975 begann sie als eine neue Publikation unter dem gleichen Namen zu erscheinen und wird vom →Doopsgezinde Historische Kring in Amsterdam herausgegeben. Der →Schweizerische Verein für Täufergeschichte mit Sitz auf dem →Bienenberg bei Basel macht es sich zur Aufgabe, historische Dokumente, Bücher und Zeitschriften zu sammeln und die Zeitschrift Mennonitica Helvetica herauszugeben. Die Mennonitischen Geschichtsblätter, z. Z. im 76. Jahrgang (seit 1936), werden vom →Mennonitischen Geschichtsverein einmal im Jahr herausgegeben (etwa 200 bis 300 Seiten) und seit vielen Jahren von Hans-Jürgen Goertz, Marion →Kobelt-Groch, Christoph Wiebe und Ulrike Arnold redaktionell betreut. Wissenschaftliche Aufsätze zur Täufer- und Mennonitengeschichte und zum Leben der Mennonitengemeinden werden auf dem neusten Stand der Forschung behandelt.
2. Nordamerika
Konferenzpublikationen
Bis vor kurzem waren Die Mennonitische Rundschau und Der Bote die zwei langjährigen und einflussreichen deutschen Zeitschriften in Nordamerika. Sie wurden in Winnipeg, Manitoba, gedruckt. Aus finanziellen Gründen und wegen abnehmender Abonnentenzahlen wurden die beiden Organe 2007 und 2008 eingestellt. Historiker und andere Interessierte können diese Zeitschriften auch weiterhin in den Archiven in Winnipeg benutzen. Die Mennonitische Post, gegründet 1993 in Steinbach, Manitoba, versuchte nach dem Ende der beiden deutschsprachigen Zeitschriften die deutschen Leser zu gewinnen – noch mit unbekanntem Erfolg. Die meisten Zeitschriften, die von den Konferenzen getragen oder unterstützt werden, erscheinen in englischer Sprache. Canadian Mennonite wird alle vierzehn Tage in Waterloo, Ontario, herausgegeben und dient hauptsächlich den Gemeinden der Kanadischen Mennonitenkonferenz. Mennonite Brethren Herald erscheint monatlich in Winnipeg, Manitoba, und dient der Kanadischen Konferenz der Mennoniten-Brüdergemeinden. Beide Zeitschriften spiegeln das soziale und kulturelle Leben der kanadischen Mennoniten wider und sind bemüht, das geistliche Leben der Gemeinden zu fördern. The Mennonite ist die Publikation der Mennoniten in den Vereinigten Staaten und erscheint zweimal im Monat. Ihr Ziel ist es, ihren Lesern und Leserinnen zu helfen, „Gott zu verherrlichen, im Glauben zu wachsen, und zum Heil und zur Hoffnung in der Welt beizutragen.“ Mennonite World Review (bis 2012 Mennonite Weekly Review) ist eine inter-mennonitische Zeitschrift, die in Newton, Kansas, seit 1923 erscheint und versucht, ihre Leser und Leserinnen über allgemein-kulturelle und weltweit interessierende Themen zu informieren.
Zeitschriften für spezielle Zwecke
Direction erscheint halbjährlich und wird von den Mennoniten-Brüdergemeinden in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada unterstützt. Diese Zeitschrift behandelt biblische, theologische, historische und ethische Themen. Prediger, Lehrer und sonstige Gemeindearbeiter finden in dieser Zeitschrift Anregungen für den Gemeindedienst. Mennonite Life erscheint am Bethel College in North Newton, Kansas. Der bekannte, inzwischen verstorbene Dr. Cornelius →Krahn war für viele Jahre ihr Schriftleiter. In den letzten Jahren erscheint diese reich bebilderte Zeitschrift zu allen Lebensbereichen in den Mennonitengemeinden online. Festival Quarterly, eine zum Teil literarisch-kulturelle Zeitschrift, wird von Good Enterprises Ltd. in Intercourse, Pensylvania, seit 1974 und Rhubarb. A Magazine of New Mennonite Art and Writing wird von der Mennonite Literary Society in Winnipeg, Manitoba, herausgegeben. Sie versucht zu zeigen, was es heißt, „ein moderner Mennonit zu sein.“ Vision. A Journal of Church and Theology erscheint halbjährlich am Anabaptist Mennonite Biblical Seminary, Goshen, Indiana, und an der Canadian Mennonite University, Winnipeg, Manitoba. Diese Zeitschrift versucht, die leitenden Personen in den Konferenzen theologisch-wissenschaftlich im Sinne der Täufer-Mennoniten anzuregen. Connection erscheint viermal im Jahr am Tabor College in Hillsboro, Kansas. Leader: Equipping the Missional Congregation, herausgegeben von Mennonite Publishing Network, erscheint viermal im Jahr und bemüht sich, Leser und Leserinnen für den Missionsdienst zu gewinnen. Courier/Correo/Courrier ist die Zeitschrift der Mennonitischen Welt-Konferenz, die vierteljährlich in drei Sprachen (englisch, spanisch, französisch) erscheint und deren Aufgabe es ist, die weltweite Gemeinschaft über Glaubenssachen und Täufergeschichte zu informieren. The Suggarcreek Budget in Ohio, USA, bedient besonders die Amischen, aber auch andere Mennoniten. The Golden Chain wird von den Old Order River Brethren in Columbia, Pennsylvania, herausgegeben. Die Zeitschrift Preservings wurde 1993 von Delbert →Plett (inzwischen verstorben) in Steinbach, Manitoba, gegründet. Sie befasst sich mit der Geschichte der noch in Russland entstandenen „→Kleinen Gemeinde“ und anderer „konservativer“ Mennoniten in Nord- und Zentralamerika.
Wissenschaftliche Zeitschriften
Die älteste wissenschaftliche mennonitische Zeitschrift in Nordamerika ist The Mennonite Quarterly Review (MQR), die in Goshen, Indiana, seit 1927 zunächst von Harold S. →Bender redigiert wurde. MQR befasst sich mit zahlreichen historischen und theologischen Aspekten der Täufer und Mennoniten. Kein seriöser Täufer- und Mennonitenforscher wird an dieser Zeitschrift vorbeigehen. Sie ist zu einer der wichtigsten Zeitschriften für die Erforschung der Geschichte der Täufer und Mennoniten geworden. Auf Bender folgten John S. →Oyer und John D. Roth als Schriftleiter. Weitere jüngere wissenschaftliche Zeitschriften sind Conrad Grebel Review (CGR) in Waterloo, Ontario, und Journal of Mennonite Studies (JMS) in Winnipeg, Manitoba, die 1983 ins Leben gerufen wurden. Walter Klaassen war der erste Schriftleiter von CGR und Harry →Loewen von JMS. CGR ist mehr theologisch und kulturell orientiert, während JMS sich stärker mit der Geschichte und Kultur des Russland-Mennonitentums befasst.
3. Süd- und Mittelamerika
Bibel und Pflug, Zeitschrift für Gemeinde und Haus, wird seit 1950 zweimal im Monat von der Assoc. des Igrejas Menonitas do Brasil (AIMB), Curitiba, Brasilien, herausgegeben (Redaktion: Hildegard Neufeld). Das Mennoblatt, gegründet 1930, erscheint monatlich in Fernheim, Paraguay. Der erste Herausgeber und Schriftleiter bis 1955 war Nikolai Siemens. Ab 1956 war Peter Klassen der langjährige Schriftleiter dieses einflussreichen Blattes. Das Informationsblatt wird von der Cooperativa Colonizadora Multiactiva und der Asociation Civil Mennonita Fernheim (Paraguay), seit 1986 herausgegeben. Seit 2004 ist die Zeitschrift als InfoBlatt bekannt und erscheint in deutscher Sprache. Menno Aktuell, eine freie Zeitschrift aus der Kolonie Menno im paraguayischen Chaco, wurde von Lehrern des „Colegio Secundario Loma Plata“ gegründet und erscheint monatlich. Der Chefredakteur ist David P. Reimer, Cornelius C. F. Wiebe und Uwe Friesen gehören zum Redaktionsteam. Die Mennoniten in Argentinien geben die Zeitschrift Perspectiva heraus. Seit 2000 erscheint das Jahrbuch für Geschichte und Kultur der Mennoniten in Paraguay in Asunción (Paraguay). Der 2012 plötzlich verstorbene Jakob →Warkentin hat viel dazu beigetragen, dass das Jahrbuch zu einer wissenschaftlich-kulturellen Publikation werden konnte. Die Ausgabe vom Oktober 2011 hat 282 Seiten und ist dem 200-jährigen Jubiläum „Unabhängiges Paraguay“ gewidmet. Ein weiterer Höhepunkt in der Geschichte der Mennoniten Südamerikas ist die erstmalige Herausgabe eines 473 Seiten starken Lexikons der Mennoniten in Paraguay (Asunción 2009) in deutscher Sprache. Eine spanische Ausgabe des Lexikons ist in Planung.
4. Afrika, Asien, Australien
In Afrika und Asien, wo die meisten Mennoniten leben, gibt es zur Zeit nur wenige eigene Zeitschriften. Die mennonitischen Missionsbestrebungen, vor allem diejenigen, die von Nordamerika ausgehen, tragen jedoch dazu bei, dass über das Gemeindeleben in diesen Ländern weltweit informiert wird. Unter den wenigen Zeitschriften ist zu nennen: Africa Journal. Africa Inter-Mennonite Mission: International Central Council (ICC) mit Sitz in Goshen, Indiana, und Steinbach, Manitoba (Website: aimmintl.org). Die Mitglieder des ICC sind Afrikaner und Nordamerikaner. Die Vorgänger dieser Zeitschrift waren Congo Missionary Messenger und AIMM Messenger. In Tokyo (Japan) geben Mennoniten mehrere Gemeindeblätter heraus, und die Mennoniten in Taiwan veröffentlichen jährlich einen Konferenzbericht. Die Mennonitengemeinde in Jamaika gibt die Zeitschrift The Quest heraus und die Konferenz der Evangelischen Mennoniten (Church of Hope) in Australien De Mennist. Die Mennoniten Brüdergemeinden in Indien haben schon seit über hundert Jahren ein Gemeindeblatt mit dem Namen Suvarthemani, begründet vom ersten Missionar Abraham J. Friesen (1859–1919).
5. Förderung der Verbundenheit weltweit
Durch jahrelange Verfolgungen, Auswanderung und missionarische Tätigkeit sind die Mennoniten zu einer weltweiten Glaubensgemeinschaft geworden, die von der →Mennonitischen Weltkonferenz (MWK) zwar nicht organisatorisch, wohl aber symbolisch zusammengehalten wird. Da die meisten Mennonitengemeinden unabhängig voneinander sind und in zahlreichen Sprach- und Kulturräumen leben, tragen die Zeitschriften dazu bei, die Verbundenheit untereinander weltweit zu pflegen. Während die Gemeindezeitschriften vielfach das geistliche Leben der Mennoniten fördern, bemühen sich die wissenschaftlichen Publikationen besonders um die Geschichte und Kultur des Täufer- und Mennonitentums. Diese Zeitschriften wirken weit über ihre eigene Glaubensgemeinschaft hinaus und prägen das Bild vom religiösen und kulturellen Leben der Mennoniten in aller Welt.
Literatur (Auswahl)
Africa Journal https://www.aimmint.org//. - Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online (GAMEO) für die verschiedenen Zeitschriften. - Lexikon der Mennoniten in Paraguay, Asunción 2009. - Mennonite World Conference (Hg.), Membership of Mennonite, Brethren in Christ and Related Churches, Mennonite World Conference, Straßburg 2009. - Menno Aktuell & press-guide.com. - Mennonite Encyclopedia 5, 734–737. - Menno Link – Mennonite Information Source online. - Mennonite Heritage Centre Periodicals List online. - Mennonitisches Jahrbuch, Lahr 2005, 201–202. - Mennonitisches Lexikon 1, 465. - Gesamtregister der Mennonitischen Geschichtsblätter, Jg. 1–73 (1936–1940 und 1949–2016): https://www.mennonitischer-geschichtsverein.de/geschichte/geschichtsblatter/gesamtregister/
Harry Loewen